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Joshua Rifkin Dirigent, Pianist und Musikwissenschaftler

Joshua Rifkins Forschungsergebnisse haben anfangs bei vielen für Schnappatmung gesorgt, heute gilt es als gesichert, dass Johann Sebastian Bach seine Chöre solistisch besetzt aufgeführt hat (und keineswegs mit 50 – 80 Sängern).

Bildquelle: colourbox.com

"Solange wir den Begriff Chor im konventionellen, modernen Sinn definieren, hat es einen Chor bei Bach schlichtweg nicht gegeben."

Mit diesem Satz hat Joshua Rifkin 1981 ein Erdbeben in der Fachwelt ausgelöst. Seine These: Bach besetzte seine Chöre in Kantaten und Passionen mit einem Sänger pro Stimme. Der Tenor etwa sang sowohl die Tenor-Arien einer Kantate als auch die Tenorstimme in den Chorsätzen und Chorälen – und zwar allein. Einen vierstimmigen Chorsatz führten also vier Sänger aus.

WIE KLEIN IST "KLEIN BESETZT"?

Über diese These ist ein heftiger Streit entbrannt, der bis heute andauert. Denn vor allem die Gralshüter des Bachschen Erbes, die Forscher des Leipziger Bach-Archivs, halten daran fest, dass dem Thomas-Kantor zwölf bis sechzehn Sänger zur Verfügung standen und dass er diese auch allesamt regelmäßig in den sonntäglichen Aufführungen einsetzte. Das erhaltene Stimmenmaterial und eine unvoreingenommene Deutung der Quellen sprechen eher für Rifkin – ein Großteil der Fachwelt folgt ihm inzwischen in seiner Einschätzung.

BACH IN BACHS HEIMAT

Bachs Musik spielt nicht nur in den Forschungen von Joshua Rifkin eine große Rolle, sondern auch in seiner Tätigkeit als ausübender Musiker: Ab 2011 war er künstlerischer Leiter des jungen Festivals "Bach:Sommer" in Arnstadt und Wandersleben. Und bereits 1978 gründete er das "Bach Ensemble". Dabei haben sich die Akzente in der Arbeit mit seinem Ensemble verschoben, wie Rifkin sagt:

"Interessanterweise nicht mehr wie einst diese Besetzungsgeschichte – es musizieren verschiedene Ensembles Bach-Kantaten in einer mehr oder weniger entsprechenden Besetzung – und das bringt die Frage eigentlich eher auf das Musikalische, worin wir uns musikalisch unterscheiden."

MUSIK JENSEITS VON BACH

Rifkins Leidenschaft für Bach und die Alte Musik ist aber nur eine Facette seiner Künstlerpersönlichkeit: In den 60er Jahren etwa arbeitete er mit Karlheinz Stockhausen bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik zusammen. Und in den 70ern sorgte er nicht nur für eine frische Sicht auf die Barockmusik, sondern auch auf eine bedeutende musikalische Keimzelle des Jazz: den Ragtime.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 13. Juli 2014, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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