Sie kann, was ihre Geschwister in der Blechblasinstrumenten-Familie nicht können: ein Glissando und Chromatik spielen. Mit ihrem weichen Klang wurde sie oft unisono mit Gesang eingesetzt.
Bildquelle: Metropolitan Museum of Art
Stichwort | 30.12.2012
Posaune
Eine Spezialität des deutschen Jazz-Posaunisten Albert Mangelsdorff waren die sogenannten Multiphonics, deren Erzeugung er 2003 in einem Interview beschreibt:
"Das Grundprinzip besteht darin, gleichzeitig einen Ton zu singen und einen anderen zu spielen. Man singt während des Spielens in das Instrument hinein. Dadurch bilden sich Obertöne, die so komplex sein können, dass Akkorde hörbar werden."
Ob man es sich im 15. Jahrhundert wohl hätte träumen lassen, dass sich dereinst solche Töne mit der gerade frisch erfundenen Posaune hervorbringen lassen würden?
Um 1450 erblickte das Instrument mit dem charakteristischen Zug wahrscheinlich im Burgund das Licht der Welt. Das Wort Posaune leitet sich aus der altfranzösischen Bezeichnung "buisine" für Trompete ab, und tatsächlich wurde das untere Kniestück der gewundenen tiefen Trompete in einen beweglichen Zug umgewandelt. Damit gehörte die Posaune damals, neben der Violine, zu den wenigen durchgehend chromatisch spielbaren Instrumenten. Obwohl heute vor allem die Tenor- und Bassposaune verbreitet sind, gab es in der Renaissance, wie bei anderen Instrumenten auch, eine ganze Familie von der Piccolo- bis zur Kontrabassposaune.
Zwar war die Renaissanceposaune auch für laute Töne geeignet, sie konnte aber ganz hervorragend leise gespielt werden. Dieser bewegliche und formbare, vergleichsweise liebliche und dennoch klare Ton wurde in der Kunstmusik von Renaissance und Barock bevorzugt. Mit ihrer genauen Intonierbarkeit war die Posaune sehr gut dazu geeignet, die menschliche Stimme zu begleiten – tatsächlich war eine ihrer Hauptaufgaben das Doppeln der Chorstimmen von ansonsten unbegleiteten Chorwerken.
Im Barock, dem Generalbasszeitalter, stand Chormusik nicht mehr so stark im Mittelpunkt. Die höfische Gesellschaft interessierte sich eher für Saiteninstrumente, die Posaune kam aus der Mode. Ende des 18. Jahrhunderts führten Neuerungen im Instrumentenbau dann zur modernen Posaune. Bis heute gehalten hat sich eine häufige Verbindung des Posaunensatzes zum Düsteren und Bedrohlichen, gerne wird sie z. B. in der Filmmusik für Endzeit-Szenarien eingesetzt. Vielleicht kommen diese Assoziationen von den unheilverkündenden sieben biblischen Posaunen – auch wenn diese eigentlich Naturtrompeten waren.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 30. Dezember 2012, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK