Zwei große Bs sind es, die mit dem Namen Ton Koopman untrennbar verbunden sind: Johann Sebastian Bach, dessen Rezeption ohne ihn nicht denkbar ist; und Dieterich Buxtehude, den Koopman miterforscht und wiederentdeckt hat.
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"Ich war Alt in einem Knabenchor in einer katholischen Kirche in Zwolle, und da wurden viele Bachchoräle, da wurde Händel und Palestrina gesungen, und ich habe von Anfang an Bach fantastisch gefunden. Und so: Bach hat gewonnen!" erinnert sich der 1944 geborene Ton Koopman, wie es ihn in die Barockmusik verschlagen hat. Bald lernte der kleine Ton dann Orgel, trat mit elf Jahren seine erste Organistenstelle an - und begann, die holländische Orgellandschaft zu erforschen:
"Als ich im Gymnasium war - ich war vielleicht 13, da bin ich auf mein Rad gestiegen und habe die Kirchen in der Nähe angeschaut, habe versucht, auf den Orgeln zu spielen, die Dispositionen aufzuschreiben von den Orgeln, weil ich damals schon sehr begeistert war von historischen Instrumenten."
Nach dem Abitur studierte er in Amsterdam Orgel, Cembalo und Musikwissenschaft - unter anderem bei Gustav Leonhardt - und galt bald als einer der virtuosesten und stilsichersten Spezialisten für historische Tasteninstrumente.
1979 gründete Koopman das Amsterdam Baroque Orchestra, 1992 kam der gleichnamige Chor dazu. Mit diesen Ensembles, aber auch als Solist, war Koopman inzwischen auf so ziemlich allen bedeutenden Konzertpodien der Welt zu Gast, mit Musik von Monteverdi über Frescobaldi, bis zu Mozart oder auch mal Schubert. Dazu nahm er unter anderem sämtliche Bach-Kantaten und das Gesamtwerk von Buxtehude auf CD auf - was Koopman neben seinen vielen anderen Auszeichnungen die Leipziger Bachmedaille und den Buxtehudepreis der Stadt Lübeck einbrachte.
Auffallend bei seinem Musizieren ist dabei immer die enorme Energie und Vitalität, die auch den müdesten Hörer munter macht und mitreißt. Der Niederländer erklärt sie so:
"Ich denke, bei mir ist wichtig, dass ich immer versuche, irgendwohin zu gehen mit Musik. Dass man nicht statisch sagt: Das ist piano und das bleibt piano. Nein: das beginnt piano, aber sofort geht es irgendwohin. Es gibt messa di voce, es gibt Dynamik, es gibt große Unterschiede im Tempo. Und ich liebe diese Abwechslung, ich glaube auch, dass Barockmusik alles ist, was Abwechslung ist. Man soll große Kontraste haben, und mit diesen Kontrasten soll man die Musik richtig schön spielen oder singen."
Immer häufiger wird Koopman auch von modernen Symphonieorchestern als Gastdirigent geladen. Daneben hat er mit seiner Frau, der Cembalistin und Fortepianistin Tini Mathot ein eigenes Plattenlabel gegründet, unterrichtet am Conservatorium Den Haag und der Uni Leiden, hält Vorträge, gibt Noten heraus, schreibt Bücher, leitet ein Festival in Frankreich und arbeitet federführend in der Forschung mit.
Ja - der Mann hat Energie. Und was macht er - der von sich behauptet, eigentlich ein fauler Mensch zu sein, der bloß keine Zeit zum Faulsein habe - wenn er all das gerade mal nicht macht?
"Ich sammle alte Bücher und Stiche, zunächst lese ich; gerne Kataloge von Versteigerungen, und wenn ich kann, kaufe und sammle ich. Zur Entspannung habe ich früher immer sehr viel mit unseren Kinder Monopoly gespielt. Und wenn ich mal einen Ruhetag nehmen kann, und am Ende des Tages merke ich: Ich habe nicht geübt. Ja, das gehört auch zu mir. Aber an vielen Tagen kann ich mir das nicht leisten, ich muss üben - und ich tue das auch."
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 19. Mai 2013, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK