Berlin, 31. August 1928. Die "Dreigroschenoper" nach einem Theaterstück von Bertolt Brecht und mit Musik von Kurt Weill wird im Theater am Schiffbauerdamm uraufgeführt. Der Welthit "Die Moritat von Mackie Messer" stammt aus diesem Werk – und entstand in letzter Sekunde!
Bildquelle: © Sammlung Megele/Süddeutsche Zeitung Photo
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"Weil diese Oper so prunkvoll gedacht war, wie nur Bettler sie erträumen, und weil sie doch so billig sein sollte, dass Bettler sie bezahlen können, heißt sie die Dreigroschenoper!" Dies schreibt Bertolt Brecht mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre ihm, dem Textdichter, der klingelnde Titel "Dreigroschenoper" eingefallen. Dabei war es Lion Feuchtwanger, der bei einer Probe vorbeischaut und diesen Geistesblitz hat. Aber mit dem geistigen Eigentum nimmt es Brecht ohnehin nicht so genau. Große Teile des Librettos verfasst seine Mitarbeiterin Elisabeth Hauptmann, die auch den Urstoff, "The Beggar's Opera" von John Gay und John Christopher Pepusch aus dem Jahr 1728, an Land gezogen hat – eine Oper über Bettler, Diebe und Huren.
Einige Liedtexte schnappt sich Brecht von François Villon. "Nehm jeder sich heraus, was er grad braucht", lautet sein knapper Kommentar. Wie ein Trüffelschwein erschnüffelt er mit der Auswahl der Texte, seiner Mitarbeiter, der Sänger und vor allem des Komponisten Kurt Weill ein erfolgreiches Team. Bereits in der ersten Saison bringt es die "Dreigroschenoper" auf 4.000 Aufführungen in 200 verschiedenen Inszenierungen – ohne Brecht undenkbar! Drei Jahre später gibt es sogar die erste Verfilmung.
Uraufführung von Berthold Brechts 'Dreigroschenoper' im Berliner Theater am Schiffbauerdamm | Bildquelle: © Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo
Brecht behält die Nerven im Chaos, sogar als der Premieren-Termin steht, aber die Musik nicht. Mit Kurt Weill reist er ans Mittelmeer, wo dieser sich schwimmend, speisend, rauchend so manche Melodie für die siebenköpfige Band unter Leitung von Theo Mackeben einfallen lässt. Brecht übernimmt in den letzten Tagen vor der Premiere die Regie, als der eigentliche Regisseur das Handtuch schmeißt. Brecht singt vorübergehend, als eine Ersatz-Polly gefunden werden muss. Und: Brecht bleibt gelassen, als "Mackie Messer" kurz vor der Premiere einen Extra-Song haben will. In Windeseile zaubert er einen Text aus dem Hut, und Weill vertont ihn über Nacht. Das Ergebnis: der Welthit "Die Ballade von Mackie Messer" mit der Anfangszeile "Und der Haifisch, der hat Zähne"!
Das Faktotum Brecht bekommt darum auch das dickste Stück vom Kuchen ab: 62,5 Prozent des Gewinns gingen an ihn, 25 Prozent erhielt Kurt Weill, und Elisabeth Hauptmann bekam 12,5 Prozent.
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Dreigroschenoper St Pauli Theater Hamburg 2004
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