BR-KLASSIK

Inhalt

Die Comedian Harmonists werden gegründet Fünf Sänger und ein Pianist

Berlin, 29. Dezember 1927: Es ist eng in der Wohnung von Tenor Harry Frommermann. In seiner Mansarde in der Stubenrauchstraße 47 in Berlin-Friedenau drängen sich mehrere Männer und möglicherweise auch eine Frau, die nur eines wollen: vorsingen. Erst ein paar Tage zuvor hatte Frommermann eine Anzeige im Berliner Lokalanzeiger aufgegeben.

Bildquelle: SZ Photo

Das Kalenderblatt zum Anhören

"Achtung. Selten. Tenor, Bass (Berufssänger, nicht über 25), sehr musikalisch, schönklingende Stimmen, für einzig dastehendes Ensemble unter Angabe der täglich verfügbaren Zeit gesucht." So steht es im Berliner Lokalanzeiger. Das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Denn das einzig dastehende Ensemble gibt es damals noch gar nicht. Es besteht zu diesem Zeitpunkt nur aus Frommermann selbst. Der ist gerade 21 Jahre alt geworden und ein großer Bewunderer der amerikanischen Gesangstruppe "The Revelers", die international großen Erfolg hat. Dieser Erfolg spornt Frommermann an: Ein ähnliches Gesangsensemble will er auf die Beine stellen.

Anzeige löst Bewerberandrang aus

Gesangsgruppen: “Comedian Harmonists” (1927 gegründetes Gesangssextett). Gruppenbild mit Ari Leschnikow (1. Tenor), Erich Collin (2. Tenor), Roman Cykowski (Bariton), Robert Biberti (Bass), Harry Frommermann (Buffo) und Erwin Bootz (“Begleitung”). Foto, um 1928 | Bildquelle: picture alliance/akg-images Comedian Harmonists, 1928 | Bildquelle: picture alliance/akg-images Dass sich an diesem Donnerstag über 70 Kandidaten auf die Zeitungsannonce auf den Weg zum Vorsingen machen und sich in Frommermanns Wohnung einfinden, das liegt auch daran, dass die Weltwirtschaftskrise viele Künstler arbeitslos gemacht hat. Die Aussicht auf schnellen Erfolg, auf ein regelmäßiges Einkommen, wenigstens auf regelmäßige Arbeit lässt viele diese Chance ergreifen. Auch Johannes Heesters singt an diesem Wintertag bei Frommermann vor, selbst Zarah Leander soll sich unter die Männer gemischt haben, so heißt es später. Die beiden gehören zu den begabteren unter den vielen Kandidaten. Doch nur einer bekommt den Zuschlag: der Bass Robert Biberti. Ihn und Frommermann verbindet die Liebe zum Gesangsstil des amerikanischen Vorbilds, und Biberti ist bereits professioneller Sänger. Er bringt zwei Tage nach dem Vorsingen in Frommermanns Mansarde zwei Kollegen aus dem Großen Schauspielhaus mit zu den ersten Proben.

Comedian Harmonists: international erfolgreiches Vokalensemble

Ein paar Monate später ist die Gruppe mit fünf Sängern und einem Pianisten komplett und nennt sich zuerst "Melody Makers". Ein erster Auftritt wird zum Reinfall, doch schnell kommen die ersten größeren Engagements, die Comedian Harmonists – wie sie jetzt heißen – machen erste Plattenaufnahmen und absolvieren Rundfunkauftritte. Dann kommen die Auftritte im noch jungen Tonfilm, große Tourneen, internationaler Ruhm. Der Höhenflug endet mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Weil drei der Comedian Harmonists jüdischer Abstammung sind, darf die Truppe nicht mehr in Deutschland auftreten. 1935 stehen sie das letzte Mal gemeinsam auf der Bühne – in Norwegen. Daraufhin trennen sich die Comedian Harmonists: Die drei Sänger des Sextetts, die von den Nazis Berufsverbot bekommen, gehen ins Ausland, darunter auch der Gründer der Comedian Harmonists, Harry Frommermann.

An den kalten, aber sonnigen Berliner Dezembertag, an dem sich über 70 hoffnungsfrohe Sänger und möglicherweise eine Schauspielerin in Frommermanns Wohnung drängten, erinnert heute eine Gedenktafel. An der Wand des Hauses in der Berliner Stubenrauchstraße, Nummer 47.

YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.

Comedian Harmonists (original ensemble) 1931 rare footage. | Bildquelle: Jozef Sterkens (via YouTube)

Comedian Harmonists (original ensemble) 1931 rare footage.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 29. Dezember 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Mehr zum Thema

Neu bei BR-KLASSIK

    AV-Player