8. April 1955. Alfred Hitchcocks Film "Das Fenster zum Hof" mit Musik von Franz Waxman kommt in Deutschland ins Kino. Die Partnerschaft des Regisseurs mit Waxman beginnt mit "Rebecca": Franz Waxman schreibt die Musik zu Hitchcoks erstem Hollywood-Film. Ein wichtiger Karriereschritt für Waxman, der erst kurz zuvor auf der Flucht vor den Nazis nach Amerika gekommen war. An vier Filmen arbeiten Hitchcock und Waxman gemeinsam: "Rebecca", "Verdacht", "Der Fall Paradin" und schließlich "Das Fenster zum Hof" – ein Klassiker, der am 8. April 1955 in die deutschen Kinos kommt.
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Die Handlung des Films: Ein Mann sitzt mit gebrochenem Bein in seinem Appartment, fängt an die Nachbarn zu beobachten und meint schließlich, er sei Zeuge eines Mordes geworden. Ein paar dissonante Streicher hätten die Szenen unterlegen können, die den Handelsvertreter Thorwald vermeintlich dabei zeigen, wie er die Spuren am Mord seiner Frau beseitigt. Spannung garantiert, das Rezept für unzählige Thriller. Aber Hitchcock hatte anderes im Sinn.
39 Musikabschnitte listet das sogenannte "Cue Sheet", eine Art Musikplan für den Film auf. Populäre Songs sind dabei, Instrumentalmusik von Leonard Bernstein zum Beispiel und sogar von Franz Schubert - und natürlich Waxmans Beiträge. Musik kommt aus Radiogeräten, strömt aus Fenstern, ein Komponist bearbeitet sein Klavier. Melodien überlagern sich, mischen sich mit den Umgebungsgeräuschen. Diese Kakophonie bestimmt das Tempo des Films und prägt maßgeblich seine Ästhetik.
Manchmal kommentiert die Musik ironisch die Bilder: Als wieder einmal der Hund der Nachbarn aus dem Dachgeschoss über den Hof läuft, erklingt die Melodie zu "Ein Mops kam in die Küche". Der Hund wird nicht mehr lange leben. Diese subtilen Gags ergänzen perfekt Hitchocks geniale Mischung aus Thriller und Komödie.
Franz Waxmans wichtigster musikalischer Beitrag ist die Erkennungsmelodie für die weibliche Protagonistin "Lisa", gespielt von Grace Kelly. Immer wieder dringt diese Melodie in die Handlung ein, verwandelt sich dabei, lenkt den Blick nach innen und auf die Gefühle der Figuren, während draußen das Nachbarschaftschaos tobt. Wenn Lisas Melodie am Filmende in aller Pracht und mit praller Orchestrierung erklingt, da hat die Musik auch ein Leben gerettet: Die einsame "Miss Lonely Hearts" in der Parterre-Wohnung wird durch sie von ihren Selbstmordabsichten abgebracht. Hitchcock verbeugt sich vor der Kraft der Musik.
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Das Fenster zum Hof (TV-Tipp vom 23.01.2021)
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Sendung: "Allegro" am 08. April 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK