Hamburg, 14.November 1805. Eine Pianistin, eine Komponistin, Dirigentin und Impressaria wird geboren. Und eine Tochter und Schwester. Und da liegt der Hund begraben. Fanny Hensel, geborene Mendelssohn ist alles und darf doch nur ein Teil davon sein. Fanny Hensel wird in eine wohlhabende und sehr künstlerische Familie geboren und sie hat das Glück, dass ihre musikalische Begabung nicht nur rechtzeitig erkannt, sondern auch in vollem Maße gefördert wird.
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Klavierspiel, Musiktheorie, Kompositionstechnik … alles wird geschult, von Anfang an, bei den besten Lehrern. Was kommt raus? Eine großartige Pianistin und Komponistin. Schon im Teenageralter. Der Bruder ist auch musikalisch. Felix Mendelssohn Bartholdy. Er ist vier Jahre jünger, aber er hat den einen entscheidenden Vorteil: Er ist ein Junge. Und als Fanny 14 Jahre alt ist, räumt der Vater schon mal mit allen Missverständnissen auf und macht ihr klar: Talent bei einer Frau ist schön, aber eben nur im häuslichen Bereich. Ihre primäre Lebensaufgabe dagegen sei das Dasein einer Ehefrau und Mutter. Was das für Fanny bedeutet haben mag, kann man nur erahnen. Zumal der Bruder natürlich seiner Bestimmung als Künstler folgt. Der Vater rät Fanny noch, Felix neidlos zu applaudieren, so wie es sich nun mal ziemt für das aus heutiger Sicht „diskriminierte“ Geschlecht.
Sie sind Multitalente, Freigeister und Vorkämpferinnen. BR-KLASSIK stellt elf bedeutende Musikfrauen vor. Von Barbara Strozzi über Sofia Gubaidulina bis hin zu Khatia Buniatishvili.
Fanny Mendelssohn liebt ihren Bruder Felix, keine Frage. Ihr Talent kann sie trotzdem nicht unterdrücken. Soweit es eben geht, komponiert sie und konzertiert. Öffentlich kaum, aus bekannten Gründen, aber sie hat ihren Freiraum in den so genannten Sonntagsmusiken. Das sind halb-offizielle Konzertveranstaltungen, die seit dem Umzug der Familie nach Berlin regelmäßig stattfinden. Hier treten die Geschwister auf, bringen Werke zeitgenössischer Komponisten zur Aufführung, aber auch Fannys Werke. Hier spielt sie, hier dirigiert sie, hier lebt sie. Es kommen zwar nur Freunde und Bekannte, aber dafür so um die 300 Freunde und Bekannte. Dazu Persönlichkeiten aus der Kunstszene.
In dieser zehnteiligen Hörbiografie von BR-KLASSIK über das Leben von Fanny & Felix Mendelssohn sorgen herausragende Schauspieler wie Udo Wachtveitl und Martina Gedeck für die ebenso wirklichkeitsnahe wie unterhaltsame Darstellung vom Leben der beiden Künstler.
Fanny hat nämlich insofern Glück im Unglück, als sie mit dem Maler Wilhelm Hensel einen Mann heiratet, der sie sein lässt, was sie ist. Er verteidigt und unterstützt ihre kompositorische Tätigkeit. Allerdings darf sie ihn erst 1829 heiraten, nachdem ihr Vater zwischen den beiden Liebenden eine fünfjährige Kontaktsperre durchgesetzt hat, weil: … nicht standesgemäß, der Wilhelm Hensel. Und noch dazu Katholik, während die Mendelssohns vom jüdischen zum protestantischen Glauben gewechselt sind. Trotzdem, die Ehe kommt zustande, funktioniert auf Augenhöhe und ermöglicht Fanny ein glückliches Familienleben zusammen mit Sohn Sebastian. Nach und nach emanzipiert sie sich sogar gegen Vater und Bruder und veröffentlicht tatsächlich ihre eigenen Kompositionen unter ihrem eigenen, nicht mehr unter dem Namen ihres Bruders. Fanny Hensel steht dort jetzt. Komponistin Fanny Hensel.
Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.
Sendung: "Allegro" am 14. November 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK