19. September 1835. Der Komponist und Pianist Frédéric Chopin kommt nach Dresden und trifft dort auf Maria Wodzińska, eine begabte Komponistin und Zeichnerin. Die beiden verlieben sich und – verloben sich auch heimlich. Zur Hochzeit kommt es dann allerdings doch nicht ...
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(Bild: Frédéric Chopin: Valse, op. 69, Nr. 1; Manuskript – mit Widmung an Marias Wodzińska)
Und warum wird nicht geheiratet? Zuerst einmal wegen Chopins Lungenleiden. Marias Eltern erlauben eine Hochzeit nur bei absehbarer Genesung und einem sofortigen Ende des unsteten Lebenswandels von Chopin. Sie fordern ein Probejahr: Bleibt Chopin gesund und treu, wird die Verlobung offiziell gefeiert. Frédéric Chopin und Maria Wodzińska hätten das Liebespaar des Jahrhunderts werden können. Zwei zartfühlende, polnische Künstlerseelen. Aber: Es steht leider ein Paar Pantoffeln zwischen ihnen. Ja, Pantoffeln.
Und das kam so: Als Chopin Paris erreicht, liegt dort bereits ein Brief. Nicht von der heimlichen Verlobten, sondern von der Schwiegermutter in spe. "Denke nicht, dass ich mein Wort zurücknehme. Aber ich bitte dich, zu schweigen. Bleib gesund, denn davon hängt alles ab!" Und im Nachsatz folgt dann die Nummer mit den Pantoffeln. Die schenkt ihm Maria. Für die Gesundheit. "Sie sind etwas groß, aber du solltest dazu Wollstrümpfe tragen."
Hätte es nicht ein Seidentuch sein können oder wenigstens ein Schnupftuch? Ein Hut oder ein Mantel? Aber statt Zuneigung gibt es spießige Schlappen in Übergröße. Für den 26-jährigen Chopin sind sie sowas wie Liebestöter im Doppelpack. Und so ganz bekräftigt fühlt er sich nicht darin, für die polnische Pantoffelspenderin seinen Lebenswandel zu ändern. Das Zeug zum Pantoffelhelden hat Chopin zwar sowieso nicht, aber warum nicht ein wenig mit Marie d‘Agoult flirten, solange es Franz Liszt nicht bemerkt? Oder dieser aufmüpfigen Kreatur in Hosen und mit Zigarre sachte auf den Zahn fühlen.
Wie abstoßend. Ist sie wirklich eine Frau? Ich neige dazu, daran zu zweifeln!
Kurze Zeit später überzeugt sich Chopin davon, dass es sich bei der qualmenden Schriftstellerin George Sand tatsächlich um eine Frau handelt.
Aber, eins nach dem anderen: Als das Datum der offiziellen Verlobung mit Maria näher rückt, wird der Wodzińska-Ton spröde, als ob sie Spione in Paris hätte. Eine Einladung nach Dresden folgt schon gar nicht mehr. Maria schreibt Chopin: "Leben sie wohl, behalten Sie uns in Erinnerung!" Das ist das Ende der fluffigen Romanze. Chopin schnürt die Wodzińska- Briefe zu einem Bündel und packt sie… nicht zu den Pantoffeln, sondern in eine Schublade. Versehen mit der Aufschrift: "Moja biéda - mein Elend".
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Chopin Waltz, op 69 no 1 - Maria João Pires live at Jardin Musical
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Sendung: "Allegro" am 19. September 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK