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Paganini kämpft gegen Gerüchte Der "Teufelsgeiger" – ein Sohn des Teufels?

Paganini? Das war doch dieser Teufelsgeiger… Soviel weiß jeder – auch ohne sich näher mit Paganinis Leben oder Werk beschäftigt zu haben. Zu seinen Lebzeiten glaubten die Menschen wirklich, er habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, ihm seine Seele verkauft oder sei sogar selbst ein Spross des Satans. Das ging so weit, dass sich der italienische Geiger gezwungen sah, seine menschliche Abstammung zu beweisen. Am 21. Juli 1828 unternahm Paganini einen entsprechenden Versuch. Dabei bediente er sich allerdings nicht ganz legaler Mittel.

Geiger Niccolò Paganini gezeichnet von Sir Edwin Henry Landseer | Bildquelle: dpa/Heritage Images

Bildquelle: dpa/Heritage Images

Wien ist in Aufruhr. Unruhig hetzen Menschen hin und her, stecken die Köpfe zusammen. Es wird getuschelt. Gruselige Gerüchte gehen um: Von einem geigenden Dämon – mit Pferdefuß. Er sei ein Sohn des Teufels, komme direkt aus der Hölle. Mit seinem Geigenspiel verhexe er unschuldige Seelen… Dann ist es soweit: Im März 1828 kommt Paganinis schwarze Kutsche in die Stadt gerollt. Da ist er: bleich wie der Tod, schwarz gekleidet, spindeldürr – ein geigendes Gerippe. Kein Wunder, dass sich die Leute komische Dinge über ihn erzählen.

Marketingmasche wird zum Verhängnis

Paganini selbst hat ein zwiespältiges Verhältnis zu den Teufelsgerüchten. Einerseits wirken sie wie ein Publikumsmagnet und bringen ihm so eine Menge Geld ein. Paganini weiß sich zu vermarkten. Und die Masche "Teufelsgeiger" zieht einfach. Auf der anderen Seite aber leidet der Mensch Paganini unter den Gerüchten. Außerdem hat er hier in Wien ein Problem: Die Geheimpolizei hat ihn nämlich im Visier. Metternichs Spitzel beobachten ihn genau. Der kleinste Fehler, und Paganini könnte sofort des Landes verwiesen werden. Dann wäre seine Europatournee zu Ende, bevor sie begonnen hat. Paganini muss diese Teufelsgerüchte also abwürgen. Muss beweisen, dass er ein normaler Mensch aus Fleisch und Blut ist. Nur wie?

Seine Mutter soll Paganinis Abstammung bezeugen

Paganini besitzt nicht einmal eine Geburtsurkunde. Seine Mutter weilt im fernen Genua. Aber vielleicht wäre ein Brief von ihr hilfreich? Gute Idee. Kurz darauf erscheint das Beweisstück auch schon in den Wiener Zeitungen abgedruckt.

Der Brief, der ein Beweis sein soll

"Teuerster Sohn! Endlich sieben Monate, nachdem ich meinen letzten Brief an Dich nach Mailand abgesandt, wird mir die Beruhigung, von Dir Nachricht zu erhalten. Zu meiner größten Freude ersehe ich daraus, dass es mit Deiner Gesundheit gut geht; noch freudiger überrascht hat mich die Mitteilung, dass Du nach Deiner Londoner und Pariser Reise wieder nach Genua zurückkehren willst, um mich zu umarmen. Ich verspreche Dir, alltäglich zu Gott bitten zu wollen, dass er uns beide gesund erhalten möge, damit unser Wunsch sich erfüllen kann… Denke stets daran, dass Du eine Mutter hast, die Dich von Herzen liebt… Liebe mich, so wie Dich herzlich liebt Deine Dir unabänderlich treu zugetanen Mutter.
Genua, 21. Juli 1828, Teresa Paganini."

Gefälschte Beweise

Da spricht ein liebendes Mutterherz – könnte man meinen. Von wegen! Der Brief ist eine glatte Fälschung. Verfasst von niemand anderem als Niccolò Paganini persönlich. Warum? Ganz einfach: Seine Mutter ist Analphabetin. Kann ihm also gar nicht schreiben. Aber was soll's? Der Zweck heiligt die Mittel, denkt sich Paganini und setzt noch eins oben drauf: Er erklärt seine Begabung als ein Geschenk des Himmels. Nix Teufel oder so…

James Ehnes spielt Paganini

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Niccolò Paganini:  Caprice No. 9 In E Major "The Hunt" by James Ehnes, Violin | Bildquelle: CBC Music (via YouTube)

Niccolò Paganini:  Caprice No. 9 In E Major "The Hunt" by James Ehnes, Violin

Paganini beschwört den Beistand des Himmels

Ein Engel soll einst seiner Mutter im Traum erschienen sein, um ihr einen Wunsch zu erfüllen. Was liegt da näher, als sich zu wünschen, Gott möge ihren Sohn zum berühmtesten Geiger aller Zeiten machen?

So heißt es im Brief:


"Der Traum ist Wahrheit geworden und was der Himmel mir vorausgesagt hat, ist eingetroffen. Dein Name fliegt von Mund zu Mund, und die Kunst hat Dir mit Gottes Beistand ein sorgenfreies Leben ermöglicht…. Tue alles, was in Deinen Kräften steht, um Deinem Namen Unsterblichkeit zu erringen."

Na bitte, da hat Paganini alles, was er braucht: die Legitimation seiner menschlichen Abstammung, seine Virtuosität als Segensgeschenk des Himmels und die Aussicht auf ein ewiges Leben als unsterbliche Legende on top dazu. Wenn das mal keine gute PR ist!

Aussichtsloser Kampf

Dumm nur, dass sich niemand für den Brief interessiert. Er wird schlichtweg ignoriert. Die Gerüchte vom Satansspross verfolgen Paganini bis über den Tod hinaus. Nur unsterblich geworden ist er wirklich – wenn auch eben als "Teufelsgeiger".

Paganinis größter Hit – gespielt von Maxim Vengerov

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Maxim Vengerov - Caprice N° 24 - Paganini | Bildquelle: Musique Live (via YouTube)

Maxim Vengerov - Caprice N° 24 - Paganini

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Sendung: "Allegro" am 21. Juli 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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