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Camille Saint-Saëns zieht wieder zu seiner Mutter Ende eines Missverständnisses

La Bourboule, Frankreich, 28. Juli 1881. Nachdem seine beiden Kinder früh verstorben waren, packt der Komponist Camille Saint-Saëns seine Sachen und kehrt zu seiner Mutter zurück. Seine Frau sieht er nie wieder. Ab nun gibt es für ihn nur noch die Musik.

Bildquelle: Wikimedia Commons

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Als Madame Saint-Saëns an jenem Sommermorgen erwacht, findet sie das Bett ihres Mannes leer. Sie alarmiert sofort das Hotelpersonal. Stundenlang wird das Gelände rund um das Kurhotel durchkämmt, aber die Suche bleibt ohne Erfolg. Alle glauben an einen tragischen Unfall, vielleicht beim Baden in der Dordogne, vielleicht bei einem Spaziergang zu den Wasserfällen. Camille Saint-Saëns hingegen ist quicklebendig und auf dem Weg nach Paris: heim zu seiner Mutter. Seiner Frau Marie-Laure-Emilie teilt er das wenige Tage später in einem Brief mit: "Ich werde nie mehr wiederkommen."

Beide Söhne sterben innerhalb von sechs Wochen

Einen konkreten Anlass für die Flucht aus dem Kurort, und damit von seiner Frau, gibt es nicht. Es kommt nie zu einer gesetzlichen Scheidung des Paares. Zwei Schicksalsschläge haben die Beziehung der beiden vergiftet: Drei Jahre vor Saint-Saëns' Flucht sterben innerhalb von sechs Wochen beide Söhne: Der kleine André stürzt aus dem Fenster, Jean- François erliegt einer Lungenentzündung. Es ist eine Tragödie, nach der sich die Eltern in sich selbst verkriechen. Kommunikation geschweige denn gemeinsame Trauer sind ausgeschlossen. Kinder waren für Saint-Saëns der einzige Grund, überhaupt zu heiraten und die wohlige Wohngemeinschaft mit seiner Mutter und seiner Großtante aufzugeben. Geliebt hat er nicht die Gattin, sondern allein seine Söhne.

Musik als einzige Lebensaufgabe

Als er an jenem Julitag im Morgengrauen das gemeinsame Bett verlässt, entflieht er einer Ödnis, einem Unverständnis, der Erinnerung an gemeinsame unbeschwerte Tage, die sich nie mehr wiederholen lassen. Er kehrt heim in den Schoß der Mutter, die ihn ohne viel Worte seelisch stützt. Und die bedingungslos an seine Genialität als Komponist glaubt, obwohl Saint-Saëns zu jener Zeit zwar Werk an Werk reiht, gleichzeitig aber auch Misserfolg an Misserfolg; sein größter Erfolg, der "Karneval der Tiere", entsteht erst fünf Jahre später. Das Schreiben von Musik ist das Einzige, was ihm als Lebensaufgabe geblieben ist.

Komponiert im Schicksalsjahr 1881: Saint-Saëns' Septett

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Camille Saint-Saëns : Septet in E-flat major for trumpet, strings and piano Op. 65 (1881) | Bildquelle: Rodders (via YouTube)

Camille Saint-Saëns : Septet in E-flat major for trumpet, strings and piano Op. 65 (1881)

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 13:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 28. Juli 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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