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Ludwig van Beethoven Die "Sturmsonate" – Klaviersonate op. 31 Nr. 2

Auf die Frage nach dem Schlüssel zu seiner Klaviersonate Opus 31 Nr. 2 antwortete Beethoven seinem Sekretär Schindler seinerzeit maulfaul, er solle doch mal in Shakespeares "Sturm" hineinschauen. Seitdem heißt das Stück "Sturmsonate". Stefan Siegert stellt das Starke Stück zusammen mit dem Pianisten Ronald Brautigam vor.

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Die Sendung zum Anhören

Wie frei Beethoven im Opus 31 Nr. 2 mit dem zu seiner Zeit geltenden Regelwerk eines Sonatenhauptsatzes umging, ist schon daran erkennbar, dass Expert*innen sich bis heute nicht einigen können, ob die ersten zwanzig Takte die Einleitung sind oder schon das erste Thema. Der Pianist Ronald Brautigam sagt dazu: "Anfänglich hat Beethoven eigentlich im 21. Takt angefangen. Und dann hat er gedacht, da fehlt etwas. Er hat dann – nachträglich –diese Introduktion komponiert."

Dialog zweiter Sphären

Es handelt sich auf jeden Fall um einen Dialog, der den ganzen Satz hindurch geführt wird. Da ist jemand, der ist schüchtern, träumerisch und zögerlich. Der wird bestürmt von jemand anders, der ausgesprochen unternehmungslustig und mitreißend wirkt. Das Ganze wiederholt sich einen Ton tiefer. Dann übernimmt im Hauptteil des ersten Themas der "Kraftmeier" die Führung, und der "Zaghafte" antwortet. Im zweiten Thema tritt der Dialog kurz zurück, das Ganze klingt eher beschwingt.

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Die Reprise wird zum Höhepunkt

So viel Veränderung und Bewegung und Abwechslung gab es vor Beethoven immer erst im Mittelteil eines Sonatenhauptsatzes, in der Durchführung. Dort aber bringt Beethoven nach drei träumerischen Anfangsakkorden nur das zweite Thema. Und im abschließenden dritten Sonatenteil, der Reprise, macht er es so komplett anders als üblich, dass die Reprise zum Höhepunkt der Sonate wird. Statt alles zu wiederholen, bringt er zwei Rezitative, nur kurz unterbrochen von der Umkehrung des Anfangsdialogs. Der einsame Träumer hat seinen großen Auftritt, die Musik wandert aus in die Sprache.

Man hört da eigentlich ein ganzes Orchester.
Ronald Brautigam über Beethovens Sturm-Sonate

Ein fernes Grummeln erzeugt Spannung

Der PianistRonald Brautigam | Bildquelle: Marco Borggreve Ronald Brautigam | Bildquelle: Marco Borggreve Der Beginn des zweiten Satzes erinnert stark an den Anfang des ersten. Freilich ist der Dialog jetzt kein Drama mehr. Die Musik wäre indessen ziemlich unspannend, wenn da nicht ein fernes Grummeln wäre, wie von einer Trommel. Ronald Brautigam: "Dadurch ändert sich der ganze Kontext dieses Themas, nur durch dieses 'Dadada-damm'. Beethoven war natürlich ein großer Orchestrator. Er macht das auch in seiner Klaviermusik: Man hört da eigentlich ein ganzes Orchester." Das zweite Thema, eine anmutige Arietta, wird in ihrer Wirkung verstärkt durch das Ausbleiben des untergründigen Grummelns.

Eine launige Gruppe aus drei Tönen – plus einem vierten

"Und nach diesem Satz hat man dann dieses wunderschöne Allegretto, das ein bisschen wie ein rennendes Pferd wirkt. Bis zum bitteren Ende geht es durch. Es ist wirklich ein Moto perpetuo. Beethoven hat immer versucht, eins zu schreiben, und hier in diesem Stück ist es ihm endlich gelungen." Ronald Brautigam fühlt sich in diesem Satz, wo sich hauptsächlich eine launige Gruppe aus drei Tönen plus einem vierten immer wiederholt, die eine Dominante bilden, an das Final-Rondo von Beethovens Opus 31 Nr. 1 erinnert – dem Vorgängerwerk. Er ist fasziniert von der scheinbaren Einfachheit dieses in Wirklichkeit abermals keineswegs unkomplizierten Beethoven-Finales.

Musik-Info

Ludwig van Beethoven:
Klaviersonate d-Moll, op. 31 Nr. 2, "Sturm"


Ronald Brautigam (Hammerflügel)

Label: BIS Records

Sendung: "Das starke Stück" am 27. September 2022, 19:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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