Ingolstadt, 4. Februar 1863. Die Hauptmannstochter Pauline de Ahna wird geboren. Von klein auf gibt sie gerne den Ton an, ganz wie Papa. Zunächst mal – wortwörtlich genommen – beim Singen. Dank ihrer musikalischen Begabung trifft sie nicht nur die Dominante astrein, sondern hat auch ein dominantes "Rampensau-Gen".
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Pauline de Ahna wird geboren
Papa erkennt ihr Talent, lässt sie Gesang an der Hochschule studieren, wo ihm jedoch der Umgangston nicht passt und sucht für sein Töchterchen einen Privatlehrer. Der adrette, dritte Kapellmeister an der Münchner Hofoper namens Richard Strauss ist die Idealbesetzung, weil ehrgeizig, begabt und fleißig! Und damit perfekt geeignet als Lehrer und auch – Mentor für Pauline, kalkuliert der Hauptmann.
Richard Strauss und Pauline de Ahna | Bildquelle: picture alliance / Photo12 / Ann Ronan Picture Library In der Tat läuft es auch wie am Schnürchen: Richard Strauss studiert mit Pauline de Ahna die angesagten Frauenrollen: die Agathe, Elsa, Gretchen, bald auch Elisabeth, Pamina, Hänsel, er bringt sie für ein Gastspiel nach Bayreuth zu den Festspielen, überall wird die Sängerin gefeiert. Strauss spornt Pauline an, fordert sie. Alles auf professioneller und rein beruflicher Ebene – denn Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Irgendwann kommt dann doch mehr der Schnaps ins Spiel, sprich: Richard Strauss verliebt sich in die selbstbewusste Sopranistin Pauline. Macht ihr einen Antrag. Und sie: "Mein lieber Herr Strauss! Das kommt ja alles wie ein Sturzbach. Nun soll ich plötzlich ein wahres Muster von Hausfrau werden, damit Sie sich nicht enttäuscht fühlen. Ich fürchte, das wird scheitern!"
Die Widerspenstige gibt schlußendlich das Ja-Wort und fortan auch harsch, aber herzlich den Ton im Hause Strauss an. Pauline Strauss' Hauptrolle heißt erst mal nicht mehr Elisabeth, sondern "Hausfrau". Pauline organisiert Heim, Herd und die Arbeitszeiten von Richard, seinen Schokoladenkonsum, die Zigaretten, die Spaziergänge. Die Umzüge, Familienwanderungen, die Bediensteten. Jegliche Kritik an ihr schmettert sie ab mit den Worten: "Ich bin halt eine Generalstochter!"
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Christiane Karg; "Heimliche Aufforderung"; Richard Strauss
Das Singen im großen Stil und auf den großen Bühnen hängt Pauline de Ahna bald nach der Geburt von Sohn "Bubi" an den Nagel. Sie gibt gelegentlich noch Liederabende und singt zuhause, begleitet von Richard am Klavier. 62 Jahre lang ist Pauline ihrem Richard Stütze, Muse, Kratzbürste, Uhr, Schatz, Hausdrache und treue Gefährtin.
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Sendung: "Allegro" am 4. Februar 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK