New York, 8. Dezember 1980. John Lennon wird erschossen. Er habe das Herz in der Hand gehalten und versucht, das Blut durch den Muskel zu pumpen. Das erzählt der Arzt des Rosevelt Hospital, New York, der an diesem Abend einen weltbekannten Patienten in der Notaufnahme operiert. Keine Chance: Vier Schüsse aus einem 38er Revolver hatten die Blutgefäße um das Herz irreparabel zerstört.
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(Bild: John Lennon und sein Mörder Mark David Chapman, kurz vor Lennons Tod)
Es ist 23.07 Uhr Ortszeit, der 8. Dezember 1980, John Lennon ist das 701. Mordopfer in New York in diesem Jahr. Er hatte gerade seinen Frieden gemacht mit seinem Leben als Ex-Beatle und weltberühmter Rockstar. Hatte Drogenprobleme in den Griff gekriegt, war US-Bürger geworden, hatte eine neue Platte auf dem Markt: "Double Fantasy". In der einzigartigen Anonymität von New York fühlt sich das Paar John Lennon und Yoko Ono wohl. Wenn doch mal ein Fan ein Autogramm will, dann ist Lennon zugewandt und freundlich, oft bereit für einen Plausch.
So auch am 8. Dezember 1980, gegen 17 Uhr abends, als sich Lennon und Ono auf den Weg zu einer Aufnahme-Session ins Studio machen. Auf dem Weg zu ihrer Limousine spricht ein Fan Lennon an, bittet ihn um ein Autogramm auf dem Cover des aktuellen Albums. Der Fan heißt Mark David Chapman. Ein Zeuge erlebt die Szene so: "Chapman hielt ganz schüchtern das Plattenalbum, sagte kein Wort; John fragte ihn, ob er es unterschreiben solle; Chapman nickte nur; dann unterschrieb John und fragte beim Zurückgeben: 'Ist es gut so?' Chapman nickte wieder nur und ging einfach weg."
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WOMAN. (Ultimate Mix, 2020) - John Lennon (official music video HD)
Mark David Chapman, der unbekannte Fan, war eigentlich mit nur einem Ziel aufgebrochen: John Lennon zu töten. Er ist von Lennon besessen. Hört die Musik der Beatles, seitdem er acht Jahre alt ist. Lennon wird zu seinem Vorbild. Chapman wird Hippie wie Lennon, nimmt Drogen wie Lennon, findet dann aber Halt in der christlichen "Erweckungsbewegung". Gegen Lennon bringt ihn unter anderem dessen berühmte Aussage auf, die Beatles seien bekannter als Jesus.
Gedenken an John Lennon in New York | Bildquelle: picture-alliance/dpa Chapman wird durch Lennons Freundlichkeit zunächst von seinem Ziel abgebracht: Er ist zu perplex, um den Revolver zu zücken und auf Lennon zu zielen. Aber er bleibt in der Nähe des Dakota-Buildings, Lennons Wohnhaus. Als Lennon später am Abend aus dem Aufnahme-Studio zurückkehrt, setzt Chapman seinen Plan doch noch um. Er feuert fünf Schüsse in den Rücken des Rockstars. Chapman bleibt am Tatort, liest in J.D. Salingers berühmtem Roman "Der Fänger im Roggen" und lässt sich widerstandslos verhaften. Bei den Polizisten entschuldigt er sich für die Unannehmlichkeiten.
Mark David Chapman ist bis heute den Experten ein Rätsel: ein enttäuschter Fan mit einer Persönlichkeitsstörung, der in Salingers "Fänger im Roggen" liest wie in einer Offenbarung. Er sitzt seit 1980 im Gefängnis, seine zahlreichen Bewährungsgesuche wurden alle abgelehnt. Er bereut seine Tat: "Ich sehe John Lennon heute ganz anders, nicht nur als Beatle, nicht nur als Berühmtheit, ich sehe ihn als Menschen. Es ist schrecklich, dass er tot ist."
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Sendung: "Allegro" am 8. Dezember 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK