München, 26. August 1923. Wolfgang Sawallisch wird geboren. Er war einer der großen Dirigenten und machte kaum Aufhebens um sich. Ein aufrichtiger Mensch und ehrlicher Vermittler von Musik. Wolfgang Sawallisch, ausgebildet bei Hans Rosbaud und Igor Markevitch, entwickelte sich schnell zu einem vollkommenen Kapellmeister der alten Schule. In aller Welt wurde er geschätzt, ganz besonders in Japan. In seiner Heimatstadt stand Sawallisch 1.220 Mal am Pult der Bayerischen Staatsoper. In Oper und Konzert begleitete er junge Sänger bei Liederabenden oder saß bei Kammermusikabenden selbst am Flügel.
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"Ich wollte ja ursprünglich Konzertpianist werden", erinnerte sich Wolfgang Sawallisch. "Bis ich dann in der Staatsoper die ersten Opernaufführungen erlebt hab als junger Bub, und da hat mich dann die Arbeit des Dirigenten so fasziniert, dass ich mir gesagt hab: Da bist doch eigentlich ein armer Kerl, wenn's immer nur Klavier spielst, Klavier und Klavier, das eintönige Klavier! Als Dirigent hast Du einen Apparat vor Dir mit Sängern, mit einem Chor, den verschiedensten Instrumentenklangfarben, Ausdrucksmöglichkeiten. Ich möcht Dirigent werden!" Sawallisch wurde es! Mit Passion und kühlem Kopf, Kompetenz und Professionalität. In Salzburg und München, Berlin, Wien, Mailand und London, in Japan und den USA stand er am Pult.
Dem Klavier blieb Sawallisch zeitlebens treu. Nach seiner Rückkehr aus britischer Gefangenschaft beeindruckte er kurz nach dem Krieg als junger Student und spielte in München eine völlig unbekannte Strawinsky-Partitur mühelos vom Blatt. Trotz seiner Hochbegabung aber blieb Sawallisch bescheiden: "Ich glaube, dass ein Dirigent grundsätzlich kein unmittelbar schöpferischer Beruf ist, sondern ein nachschöpfender, um dem Werk zu dienen, um dem Komponisten zu dienen."
1971 wurde Sawallisch Generalmusikdirektor in seiner Heimatstadt an der Bayerischen Staatsoper. Die Hausgötter Mozart, Wagner und Strauss machte er zu tragenden Säulen an Deutschlands größtem Opernhaus. Erstmals in der Operngeschichte führte er kontinuierlich das gesamte Opernschaffen von Wagner und Strauss in geschlossenen Zyklen auf. Und band ein hochkarätiges Sängerensemble an sich. Mit Hermann Prey, Dietrich Fischer-Dieskau und Kurt Moll, Lucia Popp, Julia Varady und Margaret Price.
Federnd und temperamentvoll war sein Dirigierstil, prägnant und diszipliniert. Seine Autobiographie erschien 1988 und trägt den bezeichnenden Titel "Im Interesse der Deutlichkeit". Traditionsverbunden war Sawallisch bei seinem Repertoire, doch auch offen für Orff, Hindemith und Henze. Privat liebte der "bayerische Preuße" die Kammermusik. Das Höchste für den brillanten Pianisten war dabei die Liedbegleitung seiner Sängerinnen und Sänger.
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Maestro
Sawallisch war ein Operndirigent von Weltrang und fremdelte dennoch mit dem modernen Regie-Theater. Da kam nach 21 Jahren Opern-Ära in München das Angebot vom Philadelphia Orchestra im Jahr 1990 gerade recht. Als Chefdirigent dort brachte der Münchner die deutsche Orchestertradition mit Schumann, Bruckner und Strauss in den USA noch einmal zum Blühen.
Und Wolfgang Sawallisch heute? Mit Edda Moser als Mozarts "Königin der Nacht" und dem Orchester der Bayerischen Staatsoper kreist Sawallisch im Weltall – seine "Zauberflöten"-Aufnahme von 1972 wurde der Raumsonde Voyager mitgegeben. Unsterblichkeit im All! In seinem Heimatort im bayerischen Grassau aber, wo er im Februar 2013 starb, steht Sawallisch höchst irdisch in Dirigentenpose gegossen auf dem nach ihm benannten Dorfplatz.
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Sendung: "Allegro" am 26. August 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK