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Pianistin Annerose Schmidt gestorben Ihre Musik war wie ihr Charakter

Sie war die erfolgreichste Pianistin in der DDR, Professorin für Klavier und einige Jahre Rektorin der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin: Annerose Schmidt. Am 10. März 2022 ist die Pianistin, die sich selbst nie besonders wichtig nahm, gestorben.

Die Pianistin Annerose Schmidt | Bildquelle: Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin

Bildquelle: Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin

Groß geworden ist Annerose Schmidt in einer Musikerfamilie. Ihr Vater war Direktor einer Musikschule. Musik war für sie von klein auf Alltag. Dass sie einmal Musikerin werden würde, stand früh fest: "Ich glaube, aus der Rückschau sagen zu können: Wahrscheinlich hätte es für mich keinen anderen Weg gegeben."

Es habe Zeiten gegeben, erinnert sich Annerose Schmidt, in denen sie überlegt habe, ob sie Kinderärztin werden oder Germanistik studieren könne. "Aber das meinem Vater gegenüber zu äußern, wäre absolut unmöglich gewesen."

Annerose Schmidt – Vorzeigepianistin der DDR

Annerose Schmidt war erfolgreich, nicht nur in der DDR, sondern auch auf Gastspielreisen. Das hat ihr schnell den Ruf einer Vorzeigepianistin der DDR eingetragen – eine Attributierung, die sie selbst nie besonders gern gehört hat. Dass der Staat auch von ihr profitierte, war ihr dagegen klar: "Ich habe wahrscheinlich auf der einen Seite den Vorzug gehabt, dass ich reisen durfte und etwas wie ein Exportprodukt war. Exportprodukt insofern, als ich die Grenzen des Landes verlassen durfte und in England, Amerika, Japan, in Skandinavien und Italien konzertieren durfte." Finanziell profitiert habe da der Staat, so die Pianistin, die für ihre Auftritte keine Gagen sah. Unabhängig davon seien ihre Auslandsgastspiele aber eine Möglichkeit gewesen, auf den großen Podien der Welt Erfahrung zu bekommen.

Viele gehen in diesen Beruf hinein, nur aus der Illusion, und das halte ich für sehr gefährlich.
Annerose Schmidt über den Pianisten-Beruf

Ehrliche Pädagogin

Die Pianistin Annerose Schmidt | Bildquelle: Marion Klemp Wurde 1990 erste Rektorin an einer deutschen Musikhochschule: Annerose Schmidt. | Bildquelle: Marion Klemp Ihr Spiel war immer von einer Deutlichkeit, Klarheit und Überlegtheit gekennzeichnet. Technische Ungenauigkeiten hasste sie genauso wie willkürliche Interpretationen. Sie hat sich Freiheiten genommen, die mussten dann aber begründet sein. Ihre Musik war wie ihr Charakter: geradlinig, offen und direkt.

Verhältnismäßig spät ist Annerose Schmidt zum Unterrichten gekommen. Dabei hat sie sehr wenig vorgespielt. Sie wollte nie, dass ihre Studierenden sie imitierten, sondern legte Wert auf individuelle Künstlerpersönlichkeiten, deren Entwicklung sie förderte. Dass alle in ihrer Klasse anders spielten, darauf war sie stolz. Und sie hat allen reinen Wein eingeschenkt über die hohen Anforderungen des Berufes: "Ich halte es mit den Studenten so, dass ich ihnen überhaupt nichts vormache, wenn sie die Illusion haben, Konzertpianist zu werden. Denn das ist ein sehr harter Beruf, der sehr viel Selbstaufgabe verlangt."

Von der Musikerausbildung hatte Annerose Schmidt immer sehr konkrete Vorstellungen, und sie nahm kein Blatt vor den Mund, wenn es darum ging, Mängel oder Fehlentwicklungen anzusprechen. So kam es nicht überraschend, dass sie gefragt wurde, Rektorin der Hochschule für Musik Hanns Eisler zu werden: "Jetzt kam die Wende, und da trat man an mich heran mit dieser Frage und gleichzeitigen Bitte, ob ich dieses Amt übernehmen würde." Sie habe sehr lange darüber nachgedacht und sagte letztlich zu.

Geschont hat sich Annerose Schmidt nie

Sich selbst hat Annerose Schmidt nie geschont. 2006 musste sie nach einem Schlaganfall ihre Karriere beenden und sich ganz aus der Öffentlichkeit zurückziehen. In Erinnerung bleibt eine Fülle Maßstäbe setzende Aufnahmen und eine Persönlichkeit, die die Musik in allen ihren Facetten auf beeindruckende Weise zum Lebensinhalt gemacht hat.

Sendung: "Leporello" am 15. März 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Freitag, 01.April, 09:33 Uhr

berlinzerberus

TOD ARS

Eine von mir sehr verehrte Pianistin ist gegangen.
Danke Annerose Schmidt für alles!
RIP
berlinzerberus

Mittwoch, 16.März, 09:30 Uhr

Eva Zacharias

Annerose Schmidt

Die hochverehrte Annerose Schmidt war meines Wissens nicht die erste Hochschulrektorin einer Musikhochschule, denn an der Musikhochschule Karlsruhe übte Prof. Fany Solter dieses Amt von 1984 bis 2001 aus. Beste Grüße, Eva Zacharias

Anm. d. Redaktion: Liebe Frau Zacharias. Vielen Dank für ihre Anmerkung. Da ist uns ein Fehler unterlaufen, den wir sehr bedauern und gleich korrigiert haben. Annerose Schmidt war nicht die erste Musikhochschul-Rektorin in Deutschland, sie war die erste Frau, die das Amt an der Musikhochschule Hanns Eisler in Berlin inne hatte.

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