Mit ihren zarten Glissandi klingt die Harfe wie das Instrument der Engel. Wie vielseitig das wohl älteste Zupfinstrument der Welt aber sein kann, stellen aktuell junge Musikerinnen und Musiker beim ARD-Musikwettbewerb unter Beweis.
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Märchenhaft oder himmlisch: So würden viele wahrscheinlich antworten, wenn es darum geht, den Klang der Harfe zu beschreiben. Womit wir gleich mittendrin sind, in den Klischees, die mit diesem Instrument verbunden sind. Es gilt nicht nur als Instrument der Engel, sondern auch als Fraueninstrument. Und tatsächlich ist die Verteilung beim 72. Internationalen Musikwettbewerb der ARD in diesem Jahr sehr eindeutig: nur fünf Harfenisten treten an. Dem gegenüber stehen 36 Frauen.
Das letzte Mal war das Fach Harfe 2016 im Wettbewerb vertreten. In der Geschichte des ARD-Musikwettbewerbs ist das Instrument überhaupt erst zum fünften Mal an der Reihe. Die Spannung bei den Teilnehmenden ist deshalb besonders groß. Eine von ihnen ist die aus Schongau stammende Johanna Schellenberger. "Es war immer ein großer Traum von mir den ARD-Wettbewerb zu machen. Ich wollte nie so kleinere Wettbewerbe, die haben mich nie begeistert. Den ARD-Musikwettbewerb habe ich aber immer verfolgt", sagt sie. Derzeit steht Johanna Schellenberger als Soloharfenistin bei der Staatskapelle Dresden unter Vertrag. Die Teilnahme ist für sie dennoch sehr wichtig. "Ich habe immer gesagt, wenn ich irgendwann mal noch einen Wettbewerb mache, dann den der ARD."
Das Publikum ist eingeladen, den Wettbewerb sowohl live vor Ort als auch im Stream zu verfolgen. Hier finden Sie die Zeitpläne der verschiedenen Runden in den Kategorien Viola, Klaviertrio, Kontrabass und Harfe.
Das Image des klassischen Fraueninstruments, das der Harfe anhaftet, ist auch Johanna Schellenberger durchaus bewusst. Die Entscheidung für die Harfe fiel ihr aber dennoch leicht. "Ich bin familiär absolut vorbelastet. Meine Mutter ist auch Harfenistin und Professorin in Graz. Dadurch bin ich schon sehr früh mit der Harfe in Berührung gekommen. Zuerst mit der Volksharfe und dann mit der Konzertharfe", sagt die Musikerin. "Der eigentliche Grund, warum ich später die Harfe dem Klavier vorgezogen habe, ist der, dass ich immer ins Orchester wollte."
Im Konzert ist die meist reich verzierte und vergoldete Harfe immer ein Hingucker. Auch, weil ihren Soli gern eine herausgehobene Stellung zukommt. Das weiß auch Instrumentenbauer Klaus Horngacher. Von Mailand bis nach New York, Peking und Sydney gibt es kaum ein Spitzenorchester, das auf die klingenden Schmuckstücke des Starnbergers verzichten könnte. Die Instrumente gelten in Musikerkreisen als "Mercedes" unter den Harfen. Rund 900 Stunden Arbeit investieren Horngacher und sein sechsköpfiges Team pro Harfe. Für das komplizierte Innenleben samt Pedalen und Dämpfungselementen werden knapp fünfzehnhundert Einzelteile verbaut und im Tausendstel-Millimeterbereich justiert. Die Preisspanne der fertigen Instrumente bewegt sich dabei zwischen 29.000 und über 100.000 Euro – nähert sich damit also tatsächlich dem Wert einer Nobelkarosse an.
Die auch nach rund fünf Jahrzehnten nicht nachlassende Begeisterung für "sein" Instrument erklärt Klaus Horngacher vor allem durch die wortwörtliche Vielseitigkeit der Harfe. "Das Verständnis der Allgemeinheit ist, dass man die Harfe immer noch sehr mit Klassik verbindet. Sie können auf der Harfe aber alles spielen, das geht von Volksmusik, über Jazz und Blues, bis in die Rockmusik rein", sagt der Instrumentenbauer. "Es fehlt noch ein bisschen das Verständnis, dass die Harfe eigentlich einen Tonumfang wie ein Flügel hat." Außerdem sei das vermutlich älteste Zupfinstrument der Welt nicht nur klanglich, sondern auch optisch sehr ansprechend.
Der erste Durchgang im Fach Harfe startet am 28. August im großen Konzertsaal der Hochschule für Musik und Theater München. Das Finale findet am 6. September im Herkulessaal statt. Die ersten zwei Wettbewerbsrunden sind für das Publikum kostenlos zugänglich.
Sendung: "Leporello" am 28. August 2023 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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