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Sopranistin Asmik Grigorian Überzeugendes Debüt bei den Münchner Philharmonikern

Das ist doch mal eine Einspringerin: Am 26. April gab Asmik Grigorian, seit ihrer Salzburger Salome 2018 ein Weltstar, ihr Debüt bei den Münchner Philharmonikerin – für Anja Harteros, die aus persönlichen Gründen abgesagt hatte. Thomas Guggeis am Pult allerdings war geplant: Der 29-jährige Shootingstar aus Niederbayern ist Staatskapellmeister an der Berliner Staatsoper, wo er erst kürzlich wieder für seinen Mentor Daniel Barenboim einsprang und neben Christian Thielemann den kompletten "Ring" dirigierte. In München debütierte er mit Musik von Wagner, Strauss und Bartók.

Asmik Grigorian bei den Münchner Philharmonikern am 26. April 2023 | Bildquelle: Sebastian Widmann

Bildquelle: Sebastian Widmann

Schon zum "Tristan"-Vorspiel kommt die Sopranistin Asmik Grigorian mit dem Dirigenten Thomas Guggeis auf die Bühne der Münchner Isarphilharmonie im Gasteig HP8 und nimmt vor den Münchner Philharmonikern Platz. Kaum ist das Stück verklungen, versteht man auch warum: Ohne Zwischenapplaus fügt Guggeis die "Vier letzten Lieder" von Richard Strauss nahtlos an den ersterbenden Schluss von Wagners berühmtem Vorspiel. Und nach dem letzten Lied "Im Abendrot" bleibt Grigorian stehen und stürzt sich direkt in den finalen "Liebestod" der Isolde. Ein spannendes Konzept, das die letzten musikalischen Gedanken von Richard Strauss mit der Essenz von Richard Wagners todesverhaftetem Liebesdrama verschränkt. Und es geht auf, weil auch die musikalischen Anschlüsse verblüffend stimmig passen.

Stimme von makelloser Schönheit

Asmik Grigorians runde, volle, dramatische Sopranstimme ist in ihrer makellosen Schönheit, ihrem kostbaren Timbre, in ihrer perfekten Intonation, strahlenden Höhe  und flutenden Fülle ein Ereignis. Da flackert nichts, da franst nichts aus, Grigorians Stimme ist sauber geführt und jederzeit klar fokussiert. Die weitausgespannten Gesangslinien und großen Intervallsprünge bewältigt sie fabelhaft – und man versteht sofort, warum Strauss die Sopranistinnen besonders liebte; er war ja selbst mit einer verheiratet. Das Fragile, Kristalline dieser späten Lieder liegt Asmik Grigorian weniger, da wären noch mehr Facetten, mehr Zwischentöne denkbar. Und mit dem Deutschen fremdelt sie hörbar, die Konsonanten in Hesses und Eichendorffs Versen unterschlägt sie fast völlig, oft hört man nur vage angesteuerte Vokale.

Asmik Grigorian – eine neue Isolde?

Zu großer Form läuft die Grigorian dann im "Liebestod" auf – und man spürt sofort das Bühnentalent dieser charismatischen Sängerdarstellerin. Mühelos überstrahlt sie mit ihrer schweren Stimme Wagners Orchesterfluten, mit großer Ausdruckskraft gestaltet sie diesen atemberaubenden Schwanengesang. Kündigt sich da eine neue Isolde an? In einem Interview hat Asmik Grigorian dies als Möglichkeit angedeutet. Die bald 42-Jährige wäre dann eine vergleichsweise jugendliche, unverbrauchte Isolde. Es bleibt spannend.

Wackeliger Einstand von Thomas Guggeis

Weniger spannend war, was der 29-jährige, jungenhafte Thomas Guggeis zu den Instrumentationskünsten von Wagner und Strauss am Pult der Münchner Philharmoniker beizutragen hatte. Vor allem im "Tristan"-Vorspiel gab es einige verwackelte, unklare Einsätze – was auch an der weich fließenden Schlagtechnik von Guggeis liegt, bei der die letzte Präzision oft auf der Strecke bleibt. Dabei hat er doch gerade erst mit Wagner, und dann gleich noch mit dem kompletten "Ring", an der Berliner Staatsoper Furore gemacht! Die "Vier letzten Lieder" gerieten ihm jedenfalls seltsam geheimnislos.

Béla Bartóks Vermächtnis

Dass allerdings auch die Münchner Philharmoniker, vor allem was das Blech angeht, nicht ihren besten Tag hatten, zeigte sich dann in Béla Bartóks Vermächtnis, dem virtuosen "Konzert für Orchester", in dem der Komponist die gesamte Orchesterpalette raffiniert ausschöpft. Zehn Monate vor seinem Tod konnte der bereits schwerkranke Bartók die triumphale Uraufführung 1944 durch die Auftraggeber, den Dirigenten Serge Koussevitzky und sein Boston Symphony Orchestra, noch erleben. Von Reminiszenzen an den magischen Tränensee in Bartóks Oper "Herzog Blaubarts Burg" bis zu geräuschhaften Klangeffekten reicht das Spektrum in diesem finalen Meisterstück.

Noch Luftnach oben

Doch Thomas Guggeis war zu sehr mit der Organisation der Stimmverläufe, Takt- und Tempowechsel beschäftigt, um tiefer in den Klangkosmos von Bartók vorzustoßen. Es fehlte an belebenden Kontrasten, an expressiver Dringlichkeit, schlicht an orchestraler Brillanz. Warum musste es für ein Debüt ausgerechnet dieses Paradestück für Spitzenorchester sein, an dem sich schon ganz andere Dirigenten die Zähne ausgebissen haben? Da ist bei Guggeis noch viel Luft nach oben. Das Publikum in der Münchner Isarphilharmonie im Gasteig HP8 applaudierte dem Jungstar jedenfalls ausgesprochen freundlich.

Sendung: "Allegro" am 27. April 2023, um 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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