Mit zwei Opern-Neuproduktionen geht Bayreuth Baroque dieses Jahr aufs Ganze: eine künstlerische und logistische Herausforderung im UNESCO Welterbe Markgräfliches Opernhaus. BR-KLASSIK ist dabei – im Hörfunk und Videostream.
Bildquelle: picture-alliance/dpa
Auf der Bühne des Markgräflichen Opernhauses, begleitet von Cembalo und Barockgeigen, würde man ihn eher nicht erwarten – denn er ist der Inbegriff des Belcanto-Tenors, ein Showman, der auch außerhalb der Opernbühne die Menschen mit seinem Charme und seiner Leidenschaft bezaubert: Rolando Villazón. Berühmt wurde er mit Donizetti, Verdi und den großen Opernpartien des 19. Jahrhunderts. Aber schon auf dem Höhepunkt seiner internationalen Karriere, 2006, brachte er ein Album mit Musik von Monteverdi heraus. Und nun beim Bayreuth Baroque Opera Festival singt er die Hauptrolle der ersten bedeutenden italienischen Oper, Monteverdis Meisterwerk "L‘Orfeo".
Nicht nur wegen des prominenten Solisten lässt diese Neuproduktion aufhorchen. Denn der griechische Musiker und Soundkünstler Panos Iliopoulos hat Monteverdis ausdrucksstarke Musik um neue Klänge, Bearbeitungen und Live-Elektronik sensibel bereichert, ohne an der Meisterschaft der Originalpartitur zu rühren.
Freitag, 8. September 2023, 19:30 Uhr: Valer Sabadus singt Arien von Carl Heinrich Graun, live im Hörfunk und Videostream (danach on demand abrufbar).
Samstag, 16. September 2023, 19:05 Uhr: Claudio Monteverdi, "L'Orfeo", mit Rolando Villazon, Opernabend im Hörfunk und Videostream.
Sonntag, 17. September 2023, 12:05 Uhr: Das "Tafel-Confect to go" live aus Bayreuth mit aktuellen Aufnahmen sowie Stimmen und Eindrücken vom Festival.
Sonntag, 17. September 2023, 19:30 Uhr: Georg Friedrich Händel, "Flavio", mit Max Emanuel Cencic, live im Hörfunk und Videostream (danach on demand abrufbar).
Dienstag, 19. September 2023, 20:05 Uhr: "Kings of Bravura" mit Daniel Behle und Concerto Köln, im Hörfunk und Videostream.
Das ist dem Künstlerischen Leiter Max Emanuel Cencic äußerst wichtig: ein Nebeneinander von Barockoper in historischem Ambiente und Look, in diesem Jahr etwa Händels "Flavio", und behutsamen Experimenten, die die "Alte" Musik ins Heute holen, ohne die Aura der Werke anzutasten. "Flavio", eine der unbekannteren Opern von Händel, inszeniert Max Emanuel Cencic selbst. Bei der Oper handele es sich um eine Satire auf das höfische Leben, erzählt der Regisseur und Countertenor, der an der Seite von Julia Lezhneva eine der Hauptrollen übernehmen wird.
Max Emanuel Cencic, Künstlerischer Leiter des Bayreuth Baroque Festivals | Bildquelle: Lukasz Rajchert Seit Ludwig XIV. mussten alle Minister und der gesamte Hofstaat mit dem Monarchen unter einem Dach leben, in Versailles etwa wohnten und arbeiteten über 1.000 Personen. "Das ist wie Big Brother", findet Cencic, ein Leben unter ständiger Beobachtung deiner Feinde und Rivalen. Daher möchte er in seiner Produktion, mit der am 7. September das Bayreuth Baroque Opera Festival vor ausverkauftem Haus startet, durchaus subtile Parallelen zum Reality TV unserer Tage, zu Dschungelcamp und Konsorten ziehen. "Das faszinierende ist", so der Countertenor, "dass genauso wie im 18. Jahrhundert, und auch heute noch, Satire und die Lust am Beobachten unterschiedlicher Charaktere ähnlich wie beim Dschungelcamp oder Big Brother die Leute anzieht. Dieser Exhibitionismus menschlicher Schwäche wird plötzlich zum Theater selbst."
Dieser Exhibitionismus menschlicher Schwäche wird plötzlich zum Theater selbst.
Szenenbild aus der Inszenierung von "Alexander von Indien" bei Bayreuth Baroque 2022 | Bildquelle: Falk von Trauenberg/ Bayreuth Baroque Festival Im vierten Jahr des Festivals, das sich während Corona unter schwierigsten Bedingungen dennoch schnell etablieren konnte, werden nun zum ersten Mal zwei szenische Neuproduktionen innerhalb von zehn Tagen auf die Bühne gebracht. Warum das gar nicht so einfach ist, erläutert Cencic: "Das Markgräfliche Opernhaus Bayreuth ist ja ein Museum. Das heißt, wenn wir dort einmal im Jahr eine Oper aufführen wollen, haben wir nur fünf Tage für den Aufbau, das Licht und die Generalprobe. Das ist extrem wenig. Und wir müssen alles herbringen, bis hin zur Schminke und der Garderobe." Viel Aufwand, weshalb im vergangenen Jahr die zweite Oper konzertant aufgeführt worden ist. Heuer will Max Emanuel Cencic das Wagnis eingehen: "Das wird eine Herausforderung: Wir müssen in kurzer Zeit aufbauen, dann schnell abbauen, für die zweite Oper in noch kürzerer Zeit wieder aufbauen, wieder abbauen und so weiter. Wir sind alle sehr gespannt, wie das wird."
Neben den beiden szenischen Produktionen ganzer Opern gibt es auch zahlreiche Arienabende mit prominenten Namen. So interpretiert Countertenor Valer Sabadus zusammen mit dem polnischen {oh!} Orkiestra Arien von Carl Heinrich Graun, Tenor Daniel Behle und das diesjährige Residenzorchester Concerto Köln erweisen den "Kings of Bravura" musikalisch die Ehre – beides übertragen von BR-KLASSIK. Weitere Highlights sind etwa die Auftritte von Veronique Gens und Bruno de Sá, dazu gibt es ein Gala-Dinner an der Tafel der Markgräfin oder ein Dinner-Konzert im Kerzenlicht.
BR-KLASSIK sendet außerdem am Sonntag, den 17. September, das "Tafel-Confect" live aus Bayreuth mit aktuellen Aufnahmen, Stimmen und Stimmungen von Künstler:innen und Publikum sowie einem umfassenden "Festival-Check".
Sendung: "Allegro" am 06. September 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (0)