"Der Bayreuther Festspielchor wird aufgelöst": Diese Schlagzeile des Online-Stadtportals "inbayreuth.de" sorgte gestern für Aufruhr im Netz. Inzwischen ist klar: Der Chor wird zwar weiterbestehen, alle Mitglieder müssen sich aber für die kommende Saison erneut bewerben und ein Vorsingen absolvieren.
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Profi-Sängerinnen und -Sänger aus aller Welt kommen jedes Jahr auf den Grünen Hügel und bilden den renommierten Bayreuther Festspielchor. Je nach Werk sind es teilweise mehr als 130 Choristinnen und Choristen.
Der neue Direktor des Bayreuther Festspielchors: Thomas Eitler-de Lint | Bildquelle: dpa-Bildfunk
Bislang wurden die Chormitglieder automatisch auch für die nächste Saison eingeladen, einige Sängerinnen und Sänger sind bereits seit Jahrzehnten fester Bestandteil des Chors. Mit dem Antritt des neuen Chorleiters Thomas Eitler-de Lint ändert sich nun dieses Prozedere: Wer 2025 weiterhin im Chor mitsingen will, muss sich neu bewerben und ein Vorsingen absolvieren.
Dass der Bayreuther Festspielchor "aufgelöst" werde, wie "inbayreuth.de" zunächst meldete, stimmt also nicht. Das Bayreuther Online-Stadtportal hat seinen Artikel inzwischen korrigiert.
Ein Vorsingen bei einem Wechsel der Chordirektion sei ein "ganz normaler und auch transparenter Vorgang", so die Bayreuther Festspiele gegenüber BR-KLASSIK. Der neue Chordirektor habe "das Recht und auch die Pflicht, sich ein Bild über die Stimmen und Stimmfarben zu machen, um das für Bayreuth besondere Klangbild zu entwickeln und auch zukünftig zu gewährleisten".
Der neue Chordirektor hat das Recht und auch die Pflicht, sich ein Bild über die Stimmen und Stimmfarben zu machen.
Der neue Chorleiter der Bayreuther Festspiele, der gebürtige Österreicher Thomas Eitler-de Lint, tritt seine Stelle als Nachfolger von Eberhard Friedrich an. Friedrich hatte vor einer Woche offiziell seine Kündigung eingereicht und in dem Zuge dessen die Veränderungen und Einsparungen beim Chor kritisiert. Zur Frage, ob durch das Bewerbungsverfahren künftig Chorstellen eingespart werden sollen, äußerten sich die Bayreuther Festspiele nicht konkret. Zumindest seien alle bisherigen Chormitglieder "herzlich zu den Vorsingen eingeladen". Gleichzeitig sind die Festspiele als öffentlich finanzierte Kultureinrichtung verpflichtet, die Vorsingen auch offiziell auszuschreiben.
Die Stellenausschreibung ist bereits auf der Website der Bayreuther Festspiele veröffentlicht. Das Bewerbungsverfahren endet am 15. Oktober 2024.
Sendung: "Allegro" am 29. August 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (6)
Sonntag, 01.September, 10:48 Uhr
Petronius
Leistungsprinzip
Ginge es um die Leistung, müssten nicht die Chorsänger neu ausgeschrieben werden, sondern die Leitungsfunktionen. Teilweise scheint ja der Name Wagner zu genügen, um das Erbe des Komponisten verwahrlosen zu lassen. Und von einer Ausschreibung der Stelle des neuen Chorleiters war auch nichts zu sehen.
Samstag, 31.August, 12:43 Uhr
Tim Theo Tinn
Veränderungen im Bayreuth - Festspielchor
Erstaunlich auch, dass dieser für Kundige tradierte Begriff nicht in den Berichten des Feuilletons auftaucht, steht sogar in Wikipedia! Soweit ist man im Feuilleton also in die Fachsprache involviert!
Wenn auch mit dem Extrachor jeweilige musikalische Neueinstudierung nötig wäre, käme kein ökonomisch kluges Ergebnis zustande. Üblicherweise nimmt man am Musiktheater bei Engagements für einzelne Aufführungen sogenannte „Gesungene“ also Kräfte, die die Partien andernorts einstudiert und bereits gesungen haben. So spart man gesonderte diffizile musikalische Einstudierungen, kann mit musikalischen Verständigungsproben alle rasch integriert zu den szenischen Proben nehmen und dann mit Tageshonorar für jeweilige Aufführungen zufriedenstellen.
Damit ist mit der Chor- Neustrukturierung eine Leiche im Keller der Bayreuther Festspiele erledigt, indem man Alltag üblicher Musiktheater beherzigt. Immerhin waren da z. T. über 50 fest vergütete Personen oft nur in wenigen Aufführungen beschäftigt.
Samstag, 31.August, 12:42 Uhr
Tim Theo Tinn
Veränderungen im Bayreuth - Festspielchor 1
TTT : Veränderungen im Bayreuth - Festspielchor
Mit der Chor- Neustrukturierung wird eine Leiche im Keller der Bayreuther Festspiele erledigt!
Ich verstehe mal wieder ein gewisses „Presserauschen“ nicht, handelt es sich doch um eine Tugend, die öffentlich – rechtliche Musiktheater seit Ewigkeiten pflegen, eigentlich katastrophal, dass Bayreuth erst nach bald 150 Jahren darauf kommt. So geht man halt mit fremdem Geld um. Das Thema habe ich im aktuellen Bericht „Subventionen halbieren“ vom 25.8.2024 unter „Unkundige“ ausführlich erörtert.
N. m. E. will man sich nun auch auf pragmatische übliche Umstände des Repertoire – Betriebs der Opernhäuser stützen. Man greift neben festen Chorkräften eines Ensembles immer auf „Extrachöre“ zurück, wenn die Besetzungen mit hauseigenen Kräften nicht zu stemmen ist. Diese Sänger werden also nur für einzelne Aufführungen engagiert. Für Bayreuth sollte dies bedeuten, dass dieser Extrachor ständig variiert, mit jeweiligem andernorts einstudiertem Personal
Freitag, 30.August, 02:21 Uhr
Bassetto
Festspielchor
Da der Festspielchor anscheinend stark verkleinert werden soll, ist das ein logischer Schritt. Um in der Öffentlichkeit das böse Wort von „Kündigungen“ zu vermeiden, bleibt nur der Weg, den gesamten Chor Jahr für Jahr neu auszuschreiben und dann so viele Sänger zu engagieren wie eben finanzierbar sind.
Dass dies künstlerische Einbußen bedeuten wird, scheint mir offensichtlich.
Donnerstag, 29.August, 23:12 Uhr
Ernst
Respektlos..
Solche Entscheidungen zeigen nur, wie wenig Verständnis und Respekt die Leitung für die Arbeit und das Engagement der Chormitglieder hat.
Donnerstag, 29.August, 16:57 Uhr
Quotenwagnerianer
Pressestelle erzählt Unsinn
Ich weiß nicht in was für einer Welt die Leirung der Festspiele lebt, aber dass es ein normaler Vorgang wäre, dass es mit dem Wechsel der Chorleitung ein Vorsingen gäbe und das alle sich neu bewerben müssen, ist eine Lüge.
Normalerweise sind Chöre nach NV Bühne angestellt und da verlängern sich die Verträge automatisch.
Und ein Chorleiter hat mir den Stimmen zu arbeiten, die da sind.