Singen im Neoprenanzug und mit Sonnencreme im Gesicht: So sieht gerade der Probenalltag der Münchner Sopranistin Katharina Ruckgaber aus. Sie bereitet sich auf ihr Debüt bei den Bregenzer Festspielen vor. Ab dem 17. Juli ist sie dort als Ännchen in Carl Maria von Webers Oper "Der Freischütz" zu sehen. BR-KLASSIK-Reporter Gino Thanner durfte mit der Opernsängerin das neue Bühnenbild der Seebühne im Bodensee erkunden.
Bildquelle: Bregenzer Festspiele/ Anja Köhler
Es erinnert fast an eine Szene aus dem Filmklassiker "Titanic": Riesige Wellen klatschen gegen Metalltreppen, die aus der Tiefe des Wassers hervorkommen. Nur dass Opernsängerin Katharina Ruckgaber und ich uns nicht auf einem sinkenden Schiff befinden, sondern hinter den Kulissen der Seebühne der Bregenzer Festspiele. Genauer gesagt in einer windschiefen Hütte, die vom Zuschauerraum aus betrachtet ein Wirtshaus darstellt.
Mit einem Ruck am Türgriff öffnet die Sopranistin die Tür und hinaus geht's auf die Seebühne. Eine steife Brise schlägt uns an diesem Tag ins Gesicht, denn ein Sturm zieht auf. Wir haben somit nicht viel Zeit für unsere gemeinsame Bühnenentdeckungstour. Aber der Blick, der sich mir hier bietet, ist bereits mehr als atemberaubend: Wir stehen inmitten einer weißen Schneelandschaft, die gespickt ist von vielen weiteren kleinen Holzhütten – das Dorf, in dem Carl Maria von Webers Opernhit "Der Freischütz" spielt.
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Bildquelle: Bregenzer Festspiele / Daniel Ammann
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Bildquelle: Bregenzer Festspiele / Daniel Ammann
Etwas weiter links steht eine Hütte mit einem großen Mühlenrad und einem Galgenstrick, der im Wind vor der Haustür hin- und herbaumelt. Über der ganzen Szenerie hängt ein riesiger, grauweißer Vollmond. Ein bisschen unheimlich ist dieses Bühnenbild schon: Knorrige kahle Bäume zwischen den Dorfhäusern geben mir das Gefühl, Teil eines Tim-Burton-Filmklassikers zu sein. "Oder in Hogsmeade!", meint Katharina Ruckgaber zu mir und spielt auf ein kleines winterliches Dorf in den Harry-Potter-Filmen an.
Nicht winterlich, aber trotzdem ziemlich frisch ist es hier draußen. Im Bademantel und mit rutschfesten Schuhen an den Füßen führt mich Katharina Ruckgaber zu einer kleinen Bucht, denn zwischen Tribüne und Seebühne breitet sich nochmal das Wasser des Bodensees aus. Hier singt Katharina Ruckgaber bei den Proben aktuell noch im Neoprenanzug. Ab dem 17. Juli muss sie die Rolle des Ännchen im "Freischütz" aber nur im Kostüm im kalten Wasser singen.
Ein Spiel inmitten der Elemente. Die Bregenzer Festspiele sind bekannt dafür, dass das Wetter plötzlich umschlagen kann, wie an diesem Tag des Bühnenrundgangs. Falls es zu gefährlich für alle Beteiligten wird, zieht die Produktion um ins Festspielhaus und wird dort konzertant zu Ende gebracht. Wenn das Wetter es aber zulässt, verlangt Regisseur Philipp Stölzl, der bereits Verdis "Rigoletto" bei den Bregenzer Festspielen inszeniert hat, einiges von seinen Sängerinnen und Sängern. Katharina zeigt mir einen weiteren ihrer Bühnenwege: ein schmales Holzbrett, über das sie balanciert und vom Schneeufer des Dorfes auf eine künstlich gebaute Eisfläche gelangt, die bis zur Tribüne reicht. "In diesem Jahr wird so nah am Publikum gespielt wie noch nie in Bregenz", meint die Sopranistin.
In diesem Jahr wird so nah am Publikum gespielt wie noch nie in Bregenz.
Katharina Ruckhaber steht erstmals bei den Bregenzer Festspielen auf der Bühne. | Bildquelle: © Christoph Tempes Rechts vom künstlich ewigen Eis ragt ein riesiger Kirchturm aus dem Bodensee, und links von uns setzt sich auf einmal ein Motor in einem der knorrigen Bäume in Gang und lässt ein eisernes Bettgestell ins Wasser hinab. "Auf diesem Bett singt aber nicht wirklich jemand, oder?", frage ich ungläubig. Aber ja: Genau das wird passieren! Auf dem schrägen Dach einer halb im Wasser versunkenen Hütte werden auch einige Arien geschmettert, berichtet mir Katharina Ruckgaber.
In diesem Moment wird der Wind immer stärker, und die grauen Wolken verdichten sich über der Seebühne – Zeit für die Münchner Sängerin und mich, die romantische Wintermärchenlandschaft vom "Freischütz" wieder zu verlassen. Eines dürfte nach diesem Bühnenrundgang aber klar sein: Die Produktion auf der Seebühne der Bregenzer Festspiele wird in diesem Jahr wieder so spektakulär wie eh und je!
Sendung: "Allegro" am 16. Juli 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (4)
Mittwoch, 17.Juli, 18:30 Uhr
Andreas
@Bassetto
Bitte ordentlich recherchieren, wenn etwas behauptet wird: Es sind 125 min Spektakel welches wirklich sehens- und hörenswert ist.
Mittwoch, 17.Juli, 18:23 Uhr
Kunzenbach
Wenn das mit den 90 min stimmt, ist es Aufgabe des ÖRR, daß mit zu kommunizieren. Wenn es nicht stimmt, sollte hier Antwort zum Kommentar folgen.
Mittwoch, 17.Juli, 17:45 Uhr
Barboncino
Freischütz
Ob die Freischützbühne so viel kostet wie die Butterflybühne, nämlich 9 Millionen ? Wie dem auch sei,Bregenz kann es sich leisten. Ist es doch eines der wenigen Festivals,das eine sehr hohe Auslastung zu verzeichnen hat. Natürlich sind bei den Aufführungen viele Showeffekte im Spiel. Dem Publikum scheint es zu gefallen, Bregenz hat zumindest schon lange eine Marktlücke entdeckt, ohne Vater Staat allzusehr auf der Geldtasche zu liegen.
Dienstag, 16.Juli, 08:52 Uhr
Bassetto
Freischütz
Diese Inszenierung scheint stark auf eine Musical- oder Show-Ästhetik abzuzielen. In Interviews hat Regisseur Stölzl verlauten lassen, dass das Stück großzügig gekürzt und umgedichtet wurde. Von der eigentlichen Oper Der Freischütz bleibt da wohl wenig übrig. 90 Minuten Spektakel und das war’s.