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Carolin Widmann im Interview "Ich bin ein Herbsttyp"

Die Geigerin Carolin Widmann liebt die bayerische Landschaft. Jetzt gibt sie ihr Debüt beim Musikfest am Tegernsee. Im Interview spricht sie über ihre starke Bindung zur Natur und weshalb sie selbst ein Herbsttyp ist. Außerdem verrät sie, welches selten gespielte Kammermusikstück von Schubert sie durch den Veranstalter am Tegernsee kennen und lieben gelernt hat.

Carolin Widmann | Bildquelle: Carolin Widmann

Bildquelle: Carolin Widmann

BR-KLASSIK: "Endlich ist es soweit: Carolin Widmann gibt ihr Debüt beim Musikfest am Tegernsee!" – so steht es im Programmheft. Frau Widmann, das klingt, als würden Sie die Veranstalter mit Ihrer Teilnahme sehr glücklich machen.

Carolin Widmann: Das freut mich. Ich wusste gar nicht, dass ich so angekündigt werde. Aber ich freue mich natürlich auch sehr, nach Tegernsee zu kommen.

Malerische Landschaft inspiriert Geigerin

BR-KLASSIK: Gut Kaltenbrunn liegt am Nordufer des Tegernsees und hat neben einer Tenne, in der die Konzerte stattfinden, auch ein Gutshof-Restaurant mit Biergarten. Wenn man auf die Website schaut, entdeckt man: Das kulinarische Angebot ist so vielseitig wie das musikalische. Dazu gibt es noch viel Natur drumherum. Kann Sie so eine Umgebung inspirieren?

Carolin Widmann: Ja, absolut. Ich freue mich auch wahnsinnig, wieder in meine alte Heimat zu kommen. Ich bin in Unterhaching bei München aufgewachsen, und wir haben oft Ausflüge ins bayerische Land gemacht. Das erinnert mich einfach an meine Kindheit. Ich war schon sehr lange nicht mehr dort. Aber jetzt spielen wir tatsächlich die Konzerte am Tegernsee und auch auf Schloss Elmau.

Ich versuche immer zu sehen, wie schön die Orte sind, an denen ich gerade verweile.
Carolin Widmann, Geigerin

BR-KLASSIK: Muss man eventuell aufpassen, wenn man als Musikerin unterwegs ist, dass man in dieser schönen Umgebung auch noch die Musik ernst nimmt?

Porträt der Geigerin Carolin Widmann | Bildquelle: Lennard Ruehle Die Geigerin Carolin Widmann versucht die Orte, an denen sie ist, bewusst wahrzunehmen. | Bildquelle: Lennard Ruehle Carolin Widmann: Ich hoffe, dass ich mich gut genug vorbereitet habe, um dort den Moment genießen zu können. Ich hoffe wirklich, das zu verbinden. Die Musik findet oft an wunderschönen Orten statt, in wunderschönen Städten, teilweise riesigen Städten, teilweise kleinen Dörfern, und ich versuche das zu genießen und auch noch zu wissen, wo ich überhaupt bin, weil man bei den vielen Reisen oft nur vom einen zum anderen Ort hetzt. Da versuche ich immer auch zu sehen, wie schön die Orte sind, an denen ich gerade verweile. Das gelingt mir eigentlich ganz gut – und jetzt freue ich mich eben sehr auf den Tegernsee.

Carolin Widmann ist ein Herbst-Typ

BR-KLASSIK: Es soll ja Menschen geben, die sich jetzt schon wieder auf den Winter freuen. Zu welchem Jahreszeiten-Typ gehören Sie denn?

Carolin Widmann: Ich bin ein Herbsttyp. Ich liebe den Herbst. Wenn der Sommer zur Neige geht und der September kommt, der Oktober – das ist für mich die schönste Jahreszeit. Auch die Jahreszeit des Nachdenkens und die Jahreszeit meines Geburtstages.

BR-KLASSIK: Und eine leichte Melancholie kommt dann vielleicht auch dazu?

Carolin Widmann: Absolut. Das liebe ich auch sehr. Durch die Veränderung der Natur und dadurch, dass man sich wieder etwas mehr nach innen kehrt. Während man im Sommer draußen und eher extrovertiert ist, geht man dann wieder nach Hause.

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Schubert: Rondo A-Dur für Violine und Orchester ∙ Carolin Widmann ∙ Andrés Orozco-Estrada | Bildquelle: hr-Sinfonieorchester – Frankfurt Radio Symphony (via YouTube)

Schubert: Rondo A-Dur für Violine und Orchester ∙ Carolin Widmann ∙ Andrés Orozco-Estrada

Konzert mit Schubert-Entdeckung

BR-KLASSIK: Ihre musikalischen Partner am Tegernsee sind Nils Mönkemeyer, Julian Steckel und William Youn. Haben Sie sch das Programm für Ihren Abend zusammen ausgedacht? Oder gibt es da einen, der das vorschlägt?

Porträt Franz Schubert | Bildquelle: picture-alliance/dpa Franz Schubert hat viele berühmte Kammermusikwerke geschrieben. Eines ist für Carolin Widmann eine ganz neue Entdeckung. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Carolin Widmann: Wir haben einen sehr langen Chatverlauf auf WhatsApp, wo es wild hin und herging. Jeder hatte Ideen eingebracht, und dann haben wir es herunterreduziert auf den Lekeu und das Brahms-Klavierquartett in g-Moll. Wenn ich mich recht erinnere, dann war das Stück von Schubert eine Addition des Veranstalters am Tegernsee. Ich bin ihm von Herzen dankbar, weil das so eine großartige Entdeckung für mich ist, dieses "Adagio e Rondo Concertante". Das ist so wunderschön, und ich spiele es jetzt eben zum ersten Mal.

Guillaume Lekeu – früh verstorbenes Kompositionstalent

BR-KLASSIK: Man könnte sagen, wir hören in Gmund ein eher unbekanntes Werk des sehr bekannten Franz Schubert. Das wäre dieses Adagio. Dann ein sehr bekanntes Werk des sehr bekannten Brahms. Und dann eine Überraschung: Unbekanntes eines Unbekannten. Ein Klavierquartett des Belgiers Guillaume Lekeu. Was ist das für eine Musik?

Carolin Widmann: Das ist wirklich schwierig zu beschreiben, weil da so viel drin ist. Guillaume Lekeu ist ein belgischer Komponist, der so genial begabt war, aber ganz unglücklicherweise einen Tag nach seinem 24. Geburtstag schon starb. Ich glaube, er wäre wesentlich berühmter geworden, wenn er einfach länger gelebt und mehr geschrieben hätte. Dieses sehr frühe Klavierquartett ist aufgewühlt und höchst romantisch, höchst emotional. Er hat auch selber an seine Mutter geschrieben, dass das Leben und der Tod selbst in diesem Stück vereint sind und alle Emotionen gebündelt ausgedrückt werden – vor allen Dingen in diesem ersten sehr wilden und sehr romantischen Satz. Der zweite ist dann sehr lyrisch, nachdenklich und kontemplativ. Es ist seiner Zeit auch weit voraus und passt in gar kein Raster hinein, lässt sich nicht einordnen. Es ist einfach ein Zeugnis genialer Begabung.

Konzert beim Musikfest am Tegernsee

Mittwoch, 10. Juli 2024 ab 19.00 Uhr
Tenne, Gut Kaltenbrunn, Gmund

Carolin Widmann, Violine
Nils Mönkemeyer, Viola
Julian Steckel, Violoncello
William Youn, Klavier

Werke von Franz Schubert, Guillaume Lekeu und Johannes Brahms

BR-KLASSIK schneidet das Konzert mit und sendet es am 20. Juli um 18.05 Uhr in der "Festspielzeit".

Sendung: "Allegro" am 10. Juli 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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