Klarinettist, Komponist, Dirigent – Jörg Widmann ist ein musikalisches Multitalent. Zu seinem 50. Geburtstag im Juni erschien der Dokumentarfilm "Im Labyrinth – Der Musiker Jörg Widmann", eine mit dem Deutschen Kamerapreis ausgezeichnete Koproduktion von BR/arte.
Bildquelle: Sven Jakob-Engelmann / sounding images
Die Musik bekommt ein Eigenleben in dem Moment des Schreibens, so Jörg Widmann. Sie schlüpft gleichsam in einen eigenen Körper und wird zu einem Lebewesen, das seiner eigenen Wege geht. So bleibt es Fragment, denn es ist nicht das, was er beabsichtigt hatte.
Das Labyrinth ist für Jörg Widmann ein Bild, das diesen Zustand beschreibt. Es ist zu seinem Lebensthema geworden, das er mittlerweile auch in sechs Stücken musikalisch verarbeitet hat. Im Labyrinth verliert man sich, stößt an, es sind Momente, "wo es nicht weitergeht. Und das ist etwas, was ich im Komponieren oft als problematisch und sehr schmerzhaft erfahre. So glückhaft das Komponieren auch ist." Aus dem Labyrinth des Komponierens führt ihn der Klarinettist, der er ebenso ist – seit vielen Jahren einer der besten der Welt – und mehr und mehr der Dirigent.
Zu Widmanns 50. Geburtstag erscheint der Dokumentarfilm "Im Labyrinth – Der Musiker Jörg Widmann", eine Kooperation von BR und arte. Im Mai wurde der Film mit dem Deutschen Kamerapreis ausgezeichnet. Hier ist er in der ARD Mediathek zu sehen.
Der Film folgt Jörg Widmann in sein Labyrinth, greift dabei nach dem roten Faden, der sein Leben durchzieht. Man erlebt mit ihm das Auf und Ab, die euphorischen wie auch die krisenhaften Momente des Schreibens, und entdeckt ihn hinter und auf der Bühne. Dabei stellt man fest, dass es ein ganzes Bündel von Fäden ist, die sich bei ihm zu einem Knäuel verstricken, wobei der Komponist ohne den Klarinettisten, der Dirigent ohne den Komponisten, Jörg Widmann ohne den Menschen nicht zu denken ist.
Der Film begleitet Jörg Widmann bei der Komposition seines Trompetenkonzertes "Towards Paradise" (Labyrinth VI), das im Auftrag des Gewandhausorchesters Leipzig und des Boston Symphony Orchestra entsteht – von den ersten Entwürfen bis zur Uraufführung. Als Klarinettist und Dirigent sieht man ihn im Boulez Saal und Konzerthaus Berlin, erleben den Universalmusiker gemeinsam mit Daniel Barenboim, mit Anne-Sophie Mutter, für die er sein sechstes Streichquartett komponiert hat, und auf einer Taiwan-Tournee mit seiner Schwester, der Geigerin Carolin Widmann.
Jörg Widmann war anfangs eher skeptisch, ob der Prozess des Komponierens der geeignete Stoff für eine Filmdoku ist. | Bildquelle: Marco Borggreve Wie kam es überhaupt zu dem Dokumentarfilm? Jörg Widmann selbst war bezüglich des Konzepts anfangs eher skeptisch, hat er BR-KLASSIK im Interview verraten: "Ich habe den mittlerweile von mir hochverehrten Filmemacher Holger Preuße das erste Mal in Berlin zu einem Abendessen getroffen. Und er sagte mir, ihn interessiert vor allem, einem Komponisten über die Schulter zu schauen und zu sehen, wie der so arbeitet. Und ich habe versucht, ihm klarzumachen, dass das komplett sinnlos ist."
Ich habe versucht, dem Autor die Idee auszureden – erfolglos.
"Wenn ich komponiere, in einem so intimen Moment, da will ich kein Kamerateam dabei haben. Und selbst wenn... Wir Komponisten werfen doch nur Punkte und Striche auf's Papier. Das ist nicht so interessant. Also, ich habe wirklich versucht, ihm das auszureden – aber erfolglos." Inzwischen ist Jörg Widmann ganz angetan davon, wie der Film ihm auf seinen verschiedenen Spuren folgt, erzählt er: "Ich finde es am schönsten, wenn die Musik erklingt. Und das ist in dem Film ganz zauberhaft umgesetzt: Erst sitze ich am Klavier in Haidhausen und probiere was aus. Dann kommt ein Schnitt, und man hört dann genau die Stelle mit dem Gewandhausorchester in der Probe. Das finde ich magisch."
Manche Stellen im Film finde ich magisch.
"Es gab einen Moment im Film, wo ich von mir selbst etwas befremdet war und wo ich dann doch lachen musste", erzählt Jörg Widmann. "Das ist kurz vor der Uraufführung, wo ich sage: 'Ja, da muss man jetzt nochmal ganz zurückgehen. Da muss man jetzt alles nochmal überprüfen.' Und das war ein Moment, wo ich schon eine gewisse Obsession bei mir bemerkt hab, dir mir fast ein bisschen peinlich war. Aber es ist so sensibel in den Film eingebettet, dass ich ihn eigentlich einen sehr wahren Moment fand. Denn mir geht es, bis das Konzert losgeht, um alles. Und das merkt man auch an diesem, für mich nicht wahnsinnig schmeichelhaften Moment."
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