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Daniela Köhler bei den Bayreuther Festspielen "Ein bisschen wie eine Pilgerreise"

Das hat sich eigentlich eher so ergeben! Sagt Sopranistin Daniela Köhler über ihren Weg zur Wagner-Sängerin. Schritt für Schritt habe sich das entwickelt, erzählt sie im BR-KLASSIK-Interview. Nun singt sie in Bayreuth zum zweiten Mal die Rolle der Brünnhilde.

Andreas Schager als Siegfried, Igor Schwab als Grane und Daniela Köhler als Brünnhilde | Bildquelle: © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Bildquelle: © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

BR-KLASSIK: Frau Köhler, Sie haben schon ein paarmal jetzt in Bayreuth gesungen, in der Kinderoper, im Kinderring, Sie waren eine der Walküren und jetzt zum zweiten Mal die Brünnhilde. Ist das jetzt schon ein Gefühl von Vertrautheit, wenn Sie nach Bayreuth kommen, oder ist der Grüne Hügel immer noch so ein bisschen ein Mysterium für Sie?

Daniela Köhler: Ich glaube, es ist beides. Also, es ist immer ein bisschen wie nach Hause kommen, weil natürlich die Kollegen da sind, die man jedes Jahr wiedersieht. Es ist der vertraute Ort inzwischen, und ich fühle mich hier auch sehr wohl. Trotzdem ist es also für mich immer noch der wichtigste Ort, was mein Fach angeht, was natürlich Richard Wagner angeht, und daher denke ich, man kann es nie ganz erfassen, was die ganze Bedeutung ist -  über die Jahrhunderte ja inzwischen eigentlich schon. Und es bleibt immer ein ganz besonderer und auch mystischer Ort für mich.

Faszination Bayreuth: Alle kommen für Wagners Musik

BR-KLASSIK: Was würden Sie sagen - macht für Sie die Faszination Bayreuther Festspiele aus? In diesem von Wagner ja selbst geplanten und gebauten Theater, für Sie als Sängerin auch auf der Bühne?

Daniela Köhler: Es ist dieser besondere Gedanke, dass Wagner eben diesen Ort geschaffen hat, damit hier seine Musik stattfinden kann. Und ich habe das Empfinden, das bei jedem Mitwirkenden, der hier am Hügel ist, also nicht nur die Sänger und die Orchestermusiker, sondern auch die Leute in der Verwaltung, in der Requisite - alle, die da sind kommen auch aus diesem Gedanken heraus. Für die Musik kommen wir hierher. Das ist das Spezielle. Für mich ist es auch immer ein bisschen wie diese Pilgerreise, die eigentlich in den Gedanken von Wagner auch war, dass man hier herkommt für seine Musik.

BR-KLASSIK: Also nicht nur die Besucher, sondern eben auch die Ausführenden auf der Bühne…

Daniel Köhler: Wir suchen uns das ja auch aus, hierher zu kommen. Das ist ja nicht so, wie wenn man fest engagiert ist an irgendeinem Opernhaus. Hier im Sommer zu sein und unter Umständen noch gar keinen Urlaub zu machen und den Sommer hier zu verbringen, platt gesagt in der fränkischen Provinz - und dann kommt man hierher, und der Ort ist so erfüllt mit dieser Musik, und man kann da ganz drin' aufgehen. Das ist wirklich sehr besonders.

Der legendäre Wagnerklang

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BR-KLASSIK: Singt man auf der Bühne von Bayreuth eigentlich anders? Ist es ein anderes Miteinander mit dem Orchester als auf anderen Bühnen durch den verdeckten Orchestergraben?

Daniela Köhler: Also ich finde, es ändert sich für die Sänger auf der Bühne nicht so extrem viel. Natürlich kommt der Klang aus dem Graben direkt auf die Bühne. An manchen Opernhäusern hat man oft das Problem, dass der Klang so ein bisschen weggeht, dass man auf der Bühne nicht so gut. Das ist für mein Empfinden hier nicht der Fall, aber es ist nicht extrem anders. Es wird ja oft gesprochen davon, dass es Zeitverzögerungen gibt und so. Aber das ist für mich als Sängerin nicht so ausschlaggebend, das ist mehr was, wo sich der Dirigent Gedanken machen muss.

Eine naürliche Entwicklung - Der Weg zur Wagner-Sängerin

BR-KLASSIK: Sie haben sich schon sehr früh in ihrer Karriere auf den Wagner-Gesang konzentriert, wenn ich das richtig gelesen habe, das ist ja nicht so häufig. Viele Sängerinnen und Sänger nehmen da einen etwas längeren Anlauf. War das also ein gezielter Wunsch von ihnen, Wagner zu singen und das auch möglichst früh?

Daniela Köhler: Es hat sich eigentlich eher ergeben. Die Stimme war natürlich früh schon klar, jugendlich dramatisch, also fiel einiges an Fächern schon weg. Also es war klar, ich werde nie eine Susanna im Figaro sein oder so. Und dann bin ich eben auch optisch eine Mitteleuropäerin, ich bin eine Deutsche. Und dann, wenn Sie jemanden haben, der eine Besetzung vornimmt, dann ist das auch ein Gedanke: "Die lassen wir deutsches Fach singen". Und so ist das erstmal gekommen, dass das so angefangen hat, erst einmal auch mit kleineren Sachen, mit den Walküren zum Beispiel, ich hab mich dann auch gleich sehr wohl gefühlt. Aber das war nicht mein erster Gedanke, als ich studiert habe. Ich war noch keine 20, als ich angefangen habe zu studieren, da dachte ich natürlich auch daran, auch italienisches Fach zu singen. Aber die Nachfrage bestimmt am Ende dann doch auch, was man macht. Und so hat sich das relativ schnell rauskristallisiert, dass es in Richtung des deutschen Fachs gehen würde.

BR-KLASSIK: Also Sie haben nicht als Wagnerianerin begonnen, Gesang zu studieren. So war es nicht.

Daniela Köhler: Nein, so war es nicht. Also, ich mag die Musik von Wagners sehr gerne, ich fühle mich sehr wohl damit, ich singe das sehr gern, es fühlt sich körperlich auch unglaublich gut an. Aber man denkt ja mit 20 Jahren noch nicht daran, dass man Wagner-Sänger sein wird. Das ist ja was, wo die Stimme auch erst mal ein bisschen wachsen muss und sich entwickeln muss. Das macht man normalerweise nicht mit 20. Das ist auch ein bisschen gefährlich, das zu früh zu machen. Es kann einfach sein, dass man sich zu sehr strapaziert. Und deshalb ist es natürlich nicht der erste Gedanke "ich werde Wagner-Sängerin", sondern man schaut erst mal, wie sich alles so entwickelt und ob das dann im Rahmen des Möglichen ist.

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Die Brünnhilde im "Ring" von Valentin Schwarz: Ganz nah dran an Wagners Idee

BR-KLASSIK: Die Brünnhilde ist ja, wenn man so will, die stärkste Figur, die stärkste Persönlichkeit im gesamten Ring, wenn man mal vom Bösewicht Alberich absieht. Sie steht für selbstbestimmtes Handeln, sie lehnt sich auf gegen überkommene Regeln. gegen Vorschriften und Autoritäten. Wie sehen Sie die Brünnhilde?

Daniela Köhler: Ja, sie lehnt sich auf, aber immer mit so einer Art moralischem Kompass in sich. Das finde ich sehr schön. Und auch gerade in der Walküre, wie man ja dann im dritten Aufzug auch hört, geht es nicht nur darum, ihre eigenen Regeln zu machen und nur zu tun, was sie für gut hält, sondern sie tut eigentlich das, was sie denkt, was ihr Vater gerne möchte, aber nicht so entscheiden darf. Und das finde ich ganz schön. Sie ist nicht einfach so nur mit Ellenbogen und kämpft für sich, sondern sie hat immer diese ganz menschliche Seite, kann Mitleid empfinden und fühlt einfach mit den Figuren, egal, ob es Menschen sind oder Götter, die um sie herum sind, und hat diese große Empathie. Und ich finde, das ist eigentlich ihre größte Stärke.

BR-KLASSIK : Und sie verkörpert ja auch die Utopie am Ende, die von Wagner eine positive sein soll, obwohl alles sozusagen den Bach runtergeht.

Daniela Köhler: Ja, sie verliert nie die Hoffnung, das finde ich so schön. Sie sieht auch, dass alles zerstört werden muss, aber man hat auch immer das Gefühl, sie schaut noch durch das Chaos und die Zerstörung auf das, was werden kann. Also, sie lässt immer den Blick in die Zukunft offen.

BR-KLASSIK : Wie wird die Brünnhilde in dieser Inszenierung von Valentin Schwarz dargestellt? Welche Art Brünnhilde verkörpern Sie da in dieser Produktion?

Daniela Köhler: Ich finde, dass die Brünnhilde in dieser Produktion eine recht klare Figur ist. Sie kommt mir nicht weit weg vor von dem, was da bei Wagner geschrieben ist. Es gibt ja sehr moderne Elemente, in dieser Inszenierung ist man manchmal erst einmal irritiert. Aber ihr Wesen empfinde ich eigentlich nicht als entfremdet. Ich habe oft das Gefühl, dass es sehr pur das ist, was da steht, auch in den Noten und dem Text.

Sendung: "Festspielzeit", 29. Juli 2023, ab 18.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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