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Das Lied der Räume ChatGPT-Komposition in Virtual Reality

Kann ChatGPT komponieren? Vier Münchner Institutionen haben das in ihrem Kunstprojekt "Das Lied der Räume" ausprobiert. Das Ergebnis kann sich wortwörtlich "sehen lassen".

ChatGPT-Komposition "Das Lied der Räume" | Bildquelle: Zurab Gvantseladze

Bildquelle: Zurab Gvantseladze

Dass ChatGPT brauchbare Texte schreiben kann und sogar das bayerische Abitur schafft, ist inzwischen hinreichend bekannt. Ebenso, dass es schon länger Tools gibt, die Musikstücke "im Stile von ..." schreiben, welchen Niveaus auch immer. Eigenschöpferische Werke hingegen sind erst noch im Kommen. Insbesondere das Tool ChatGPT sieht auf den ersten Blick nicht nach einer "Komponiermaschine" aus, kann es doch nur Text produzieren, nicht aber Noten. Doch genau das wollten der Komponist Adrian Sieber und Jakob Haas, Cellist bei den Münchner Symphonikern, ausprobieren. Gemeinsam mit dem KUNSTLABOR 2 in München, der Klassik-Filmproduktion Pegasus51 und den MSM Musikstudios haben sie ein audio-visuelles Kunstprojekt entwickelt, das nicht nur ein Werk ChatGPTs zur Uraufführung bringt, sondern es zugleich in Virtual Reality sichtbar macht.

Komponieren mit ChatGPT

Doch wie bringt man ChatGPT überhaupt dazu, zu komponieren? "Die Frage 'Komponiere ein Stück' ist eine sehr komplexe Aufgabe", erklärt Sieber. Zu komplex jedenfalls für ChatGPT. Also haben sich die beiden Musiker Stück für Stück herangetastet. "Wir haben uns mit ChatGPT darauf geeinigt, nach Melodien zu fragen." Zum Beispiel: 'Komponiere mir eine atonale Melodie'. Herausgekommen ist dabei etwa:

Ich werde eine Vielzahl von Intervallen und Rhythmen verwenden, um die Melodie abwechslungsreich zu gestalten. Hier ist eine möglicherweise interessante Melodie, die aus 32 Noten besteht:
G – Eb – A – B – F# - D – G – C – G# - A# - D# - F – A# - G – C# - Bb – Ab – D – F# - E – G – B – C – E – F – A – C# - Eb – Bb – F – G# - D#
Ich hoffe, dass Ihnen diese Melodie gefällt und Ihnen als Inspiration dient.

Modern und unerwartet

Durch immer tiefergehende Fragen ist schließlich eine rhythmisierte, atonale Melodie entstanden, die Adrian Sieber und Jakob Haas anschließend für ein Kammerensemble mit Klarinette, Horn, Geige, Bratsche und Cello arrangiert haben. "Sehr modern und unerwartet", so beschreibt Haas das Ergebnis. Denn ChatGPT habe durchaus Töne vorgeschlagen, die aus kompositorischer Sicht eher unüblich seien. "Aber wir haben absichtlich genau diese Sachen drin gelassen, denn es ist ja ein Stück von ChatGPT und nicht von uns", erklärt Sieber.

Wie interpretiert man ChatGPT?

Doch nicht nur das Stück selbst, auch das Interpretieren war für die Musiker:innen unerwartet, "weil man ja nicht genau weiß, wie spielt man eigentlich ChatGPT?", so Haas. "Das ist bei moderner Musik natürlich üblich, dass der Interpretationsspielraum sehr groß ist, aber bei ChatGPT gibt es keine Traditionspraxis wie zum Beispiel bei Beethoven oder bei Mozart." Als Drehort und auch Inspirationsquelle für die Melodie dienten sieben Räume der Ausstellung des KUNSTLABOR 2 in München. Über Fotos und Links, die in den Fragen eingebaut waren, sollte die KI ihre Melodie nach diesen Räumen ausrichten.

Das Lied der Räume in München

Das Gesamtkunstwerk "Das Lied der Räume" ist ab dem 24. Juni bis zum Ende des Jahres im KUNSTLABOR 2 in München zu erleben.

Inspirationsgewinn, kein Zeitgewinn

Doch so stimmig das Ganze am Ende sein mag, ganz so einfach sei das Experiment jedoch nicht immer gewesen, so Haas. "Vieles war Quatsch, wir mussten sehr, sehr oft nachhaken. Wir mussten rausfinden, wie wir die Frage formulieren müssen, damit etwas rauskommt, mit dem wir arbeiten können." Letztendlich war es für die beiden zwar kein Zeitgewinn, sehr wohl aber ein Erkenntnis- und Inspirationsgewinn.

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