Ein Denkmal? Fehlanzeige. Die Komponistin Dora Pejačević verbrachte ihre letzten Lebensjahre in München, ihre künstlerischen Spuren sind hier weitgehend unsichtbar. Dabei war sie zu Lebzeiten bekannt wie ein bunter Hund.
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"Also, die war damals wirklich Superstar, würde man sagen", sagt Musikwissenschaftlerin Susanne Wosnitzka über Dora Pejačević. Zumindest in Kroatien, im ehemaligen Jugoslawien, auch bis in die Donaumonarchie hinein. 1885 ist Dora Pejačević in eine kroatische Adelsfamilie hineingeboren worden. Führte ein privilegiertes Leben, brach aber mit den Ansprüchen, die man damals an eine junge Gräfin hatte. Sie las Nietzsche und Schopenhauer, sie komponierte, unterhielt Kontakte in die schillernde europäische Kunstszene des Fin de Siècle und "war bekannt wie ein bunter Hund", wie Wosnitzka es ausdrückt. Nur für München trifft das nicht zu. Obwohl das immerhin der Ort ist, an dem die kroatische Komponistin ihre letzten Lebensjahre verbrachte. Hier findet man kaum etwas über sie, über ihre Musik, über ihr Wirken, ihre Aufführungen oder ihren Freundeskreis.
Was Max Reger, Johann Pachelbel, Richard Strauss, Dora Pejačević oder Gustav Mahler gemeinsam? Sie alle haben Spuren in Bayern hinterlassen. Wir stellen sie vor und reisen von Garmisch zum Starnberger See, von München nach Ingolstadt, von Bayreuth nach Weiden.
Ab 1921 lebte Dora Pejačević mit ihrem frisch angetrauten Ehemann Ottomar von Lumbe in München. Kurz zuvor hatte das Paar in Kroatien geheiratet. Überraschenderweise - denn Dora Pejačević war zu diesem Zeitpunkt schon 36 Jahre alt und hatte zuvor ein so freies wie unkonventionelles Leben geführt. Als absehbar wurde, dass sie ein Kind bekommen würden, zogen sie in die Kaulbachstraße.
Warum? Darüber gibt es nur Vermutungen. München war damals ein Ort der Kunst und der Musik. Und Dora Pejačević war während ihrer Studienzeit schon einmal hier gewesen. Vielleicht zog das Paar aber auch nach München, weil die Frauenklinik an der Maistraße als damals moderner Ort für eine Entbindung galt. Das vermutet zumindest Susanne Wosnitzka.
Trotzdem starb Dora Pejačević im März 1923 wenige Wochen nach der Geburt ihres Sohnes Theo am Kindbettfieber. Dieses Risikos war sie sich bewusst: Wenige Monate zuvor hatte sie an ihren Mann geschriben, bat ihn, im Falle ihres Todes, dem Kind eine liberale Erziehung zu ermöglichen. Der Brief ist eines der wenigen bekannten Zeugnisse aus ihrer Münchner Zeit. Ihre künstlerischen Spuren in München sind verwischt. "Wo sie genau gewirkt hat, ob Konzerte von ihr aufgeführt worden sind, oder Werke von ihr, das ist alles noch komplett im Dunklen", erklärt Susanne Wosnitzka.
Komponieren war für Dora Pejačević viel mehr las nur ein Hobby. Die breit gebildete, kritische und intelligente Frau verbrachte fast ihr ganzes Leben mit der Musik. Sie studierte in Dresden und München, unterhielt Kontakt in die europäische Künstlerszene. Teile ihrer ersten Symphonie wurden vom Wiener Musikverein aufgeführt. Sie war selbstbewusst als eigenständige und kreative Frau. "Da schlackert man mit den Ohren wie weit die kam. Vor allem, dass sie Symphonien schreiben konnte. Und wenn man sich die anhört, da denkt man, das wäre eine Musik zu 'Herr der Ringe' oder so", erklärt Susanne Wosnitzka. Die Symphonie in f-Moll, die Dora Pejačević 1918 fertig stellte und die in Teilen vom Wiener Musikverein aufgeführt wurde, war "nichts Kleines, Feines, oder so. Das war wirklich ein Riesending. Und auch ihre anderen Sachen, die haben eine dermaßen hohe Qualität", führt Wosnitzka aus.
Sehen hier einen Mitschnitt von Dora Pejačevićs Symphonie in f-Moll, gespielt vom hr-Symphonieorchester.
Schon längst sollten diese Werke ins Repertoire der großen Orchester gehören, findet Susanne Wosnitzka. Längst sollte geforscht werden, auch um mehr über die Münchner Zeit von Pejačević zu erfahren und die Spuren dieser großen Komponistin an ihrem letzten Lebensort sichtbar zu machen.
Sendung: "Allegro" am 8. Oktober ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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