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Der Komponist Gaspare Spontini Im Dunstkreis der Mächtigen

Er kam aus Italien, feierte seine größten Triumphe in Paris und wurde als Generalmusikdirektor nach Berlin berufen. Gaspare Spontini, ein europäischer Komponist zwischen Klassizismus und Romantik wurde vor 250 Jahren geboren.

Der Komponist Gaspare Spontini | Bildquelle: picture alliance/akg-images

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Geburt, Ausbildung und erste Erfolge in Italien. Aufstieg zu einer wichtigen und einflussreichen Persönlichkeit des Theaterlebens in Paris. Musikalisches Aushängeschild als gesamteuropäischer Starkomponist in Berlin. Gaspare Spontini hat in ganz Europa die Entwicklung der Oper zu Beginn des 19. Jahrhunderts geprägt wie kaum ein zweiter und wurde dabei von den Mächtigen seiner Zeit protegiert.

Italien – Erste Erfolge unter den Bourbonen

Gaspare Spontini wird am 14. November 1774 in dem kleinen Dorf Maiolati in den Marken in der Nähe von Jesi geboren. Die Eltern wollen eigentlich, dass er Priester wird, auch seine drei Brüder und seine Schwester treten in den Dienst der Kirche ein. Der Unterricht am Seminar von Jesi und die Hilfstätigkeiten in der Kirche Santa Maria del Piano mit ihrem weithin berühmten melodischen Glockenklang und ihrer Orgel wecken jedoch weniger sein religiöses Empfinden, als vielmehr seine Begeisterung für Musik.

Radio-Tipp

"Im Dunstkreis der Mächtigen. Gaspare Spontini, ein europäischer Komponist zwischen Klassizismus und Romantik" - im KlassikPlus-Musikfeature von Florian Heurich auf BR-KLASSIK.

Daraufhin geht er zum Studium nach Neapel, in das damals wichtigste Musikzentrum Italiens. Dort erhält er eine Ausbildung ganz im Geiste der neapolitanischen Schule. "Später in Frankreich nannte er sich gerne 'Schüler von Cimarosa', denn das war wie ein Patent für eine gute Ausbildung", so Federico Agostinelli, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fondazione Pergolesi Spontini in Jesi und Herausgeber mehrerer Spontini-Opern.

Mit der Opera Buffa "Li puntigli delle donne", die zum Karneval 1796 im ansonsten eher religiös strengen und wenig theaterfreudigen Rom uraufgeführt wird, hat Spontini seinen ersten Erfolg, der weitere Aufträge nach sich zieht, wie etwa die Opera Seria "Teseo riconosciuto", uraufgeführt 1798 in Florenz, das wichtigste Werk aus Spontinis Zeit in Italien.

Spontini führte immer ein Leben im Schatten der Mächtigen, aber als ein wichtiger Musiker.
Federico Agostinelli, Musikwissenschaftler und Spontini-Forscher

Immer wieder kommt Spontini nach Neapel zurück, wo seinerzeit die Bourbonen regieren, und dabei zeichnet sich schon etwas ab, das sich wie ein roter Faden durch sein Leben zieht: Er sucht stets den Kontakt zu den gekrönten Häuptern, wobei durchaus ein gewisser Opportunismus mit im Spiel ist. So schließt er sich dem König Ferdinando von Bourbon an, nachdem dieser in Neapel gestürzt worden war, und geht mit ihm als Hofkomponist nach Palermo, bevor er Italien in Richtung Frankreich verlässt.

Paris – Napoleons Lieblingskomponist

Bonaparte überquert die Alpen am St. Bernhard, Gemälde von Jacques-Louis David, 1801 | Bildquelle: Belvedere, Wien Bildquelle: Belvedere, Wien Über Marseille, wo er bereits wichtige Kontakte knüpft, reist Spontini 1803 nach Paris, in die lockende Theatermetropole Europas. Die Krönung Napoleons zum Kaiser der Franzosen sowie die Gründung des Ersten Kaiserreichs stehen unmittelbar bevor, und in Paris öffnen sich dem jungen Komponisten schnell die Türen zu höchsten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Kreisen.

Es ist naheliegend, dass Spontini zunächst versucht, einen Fuß ins Théâtre Italien zu bekommen. Dies gelingt ihm mit seiner schon in Neapel erfolgreichen Opera Buffa "La Finta Filosofa". Die Premiere am 11. Februar 1804 wird begeistert aufgenommen und mehr noch: Sie bestimmt Spontinis weiteres Schicksal, denn im Publikum sitzt keine Geringere als Joséphine, die Frau Napoleons. Sie fängt an, den so gut wie unbekannten Komponisten zu unterstützen, macht ihn zu ihrem Musiklehrer und schließlich zum Kammerkomponisten. Der Weg für Spontini ist geebnet – und der pompöse musikalisch-theatralische Rahmen für das napoleonischen Kaiserreich nicht mehr weit.

Wenn man wollte, dass an der Pariser Opéra ein Stück von einem gespielt wird, musste man ein Sujet zeigen, das auf irgendeine Weise den Kaiser repräsentiert.
Alexandre Dratwicki, Musikwissenschaftler und künstlerischer Leiter der Stiftung Palazzetto Bru Zane

Es vergehen noch einige Jahre bis zu Spontinis größtem Triumph und bis zu dem Werk, das die französische Oper verändern wird: "La Vestale". Damit hat er es nun auch an die Opéra geschafft. Die Uraufführung am 15. Dezember 1807 wird zu einem gesellschaftlichen und kulturellen Ereignis, von dem Paris noch lange sprechen wird. In den nächsten Jahren gibt es allein in der Hauptstadt mehr als 200 Aufführungen. "Wir sind hier eindeutig auf dem Weg zur Grand Opéra", so der Dirigent Christophe Rousset, "das ist keine richtige Tragédie Lyrique im alten Stil mehr".

Man kann auf jeden Fall sagen, dass das schon den Beginn der Romantik ist. Das ist kein Klassizismus mehr.
Christophe Rousset, Dirigent

Die Oper über die Liebe der Vestalin Julia zu dem Feldherren Licinius, der mit großem Pomp in Rom einzieht, und das Ambiente der Römischen Kaiser sind wie geschaffen, um den Glanz der napoleonischen Ära monumental auf der Bühne in Szene zu setzen.

Napoleon gibt ein Werk bei Spontini in Auftrag

Portrait Gaspare Spontini (1774-1851) von Franz Krüger  | Bildquelle: wikimedia Bildquelle: wikimedia Noch übertroffen wird der szenische und musikalische Aufwand von "La Vestale" in Spontinis nächster Oper: "Fernand Cortez". Sie erzählt die Geschichte eines spanischen Eroberers, der sich das Mexiko der Azteken unterwirft. Napoleon höchst persönlich gibt dieses Werk in Auftrag, in dem es um imperialistisches Gedankengut, Kolonisierung und Machtdemonstration geht. Das Kaiserreich befindet sich zu dieser Zeit auf seinem politischen und wirtschaftlichen Höhepunkt, und das Selbstverständnis Napoleons als Herrscher und Eroberer soll sich auf der Bühne widerspiegeln. "Da es jedoch viele Konflikte und Kriege zwischen Frankreich und anderen europäischen Ländern gab, mussten einige Opern mit zu deutlicher Botschaft aus dem Spielplan genommen werden, um diplomatische Probleme zu vermeiden", so der Musikwissenschaftler Alexandre Dratwicki. Deshalb sieht sich Spontini gezwungen, eine zweite, weniger politische Fassung von "Fernand Cortez" zu erstellen.

Zum Artikel

14. November 174: Gaspare Spontini wird geboren

Der Gönner dankt ab – Abschied von Frankreich

Als sein Gönner Napoleon 1814 abdanken muss und ins Exil geht, versucht Spontini zwar, sich dem neuen König Ludwig XIII. anzudienen, schreibt aber erst zehn Jahre nach Fernand Cortez mit Olimpie seine nächste Oper. "Das ist zum einen eine Apotheose der Tragédie Lyrique, aber zugleich ein Blick in die Zukunft", sagt der Dirigent Jérémie Rhorer.

Die Ankunft Rossinis in Paris bedeutete Spontinis Ende.
Alexandre Dratwicki, Musikwissenschaftler

Da die mit großen Vorschusslorbeeren bedachte Premiere von "Olimpie" am 22. Dezember 1819 die Erwartungen jedoch nicht erfüllen kann, und weil das klassizistische Sujet nicht mehr dem Geschmack der Zeit entspricht, sieht Spontini seine Zeit in Paris zu Ende gehen und liebäugelt bereits mit einer Berufung nach Berlin.

Berlin – Generalmusikdirektor an der Königlichen Oper

Der preußische König Friedrich Wilhelm III. war bei Reisen nach Paris auf Spontini aufmerksam geworden. Die Idee der Glorifizierung eines Herrschers in der Musik findet er reizvoll und ernennt den Komponisten sofort zum Berliner Ehrenkapellmeister. "Man wollte den führenden französischen Komponisten, der eng mit dem politischen Widersacher Napoleon verbunden war, gleichsam als Kriegstrophäe nach Berlin holen", so Klaus Pietschmann, Musikwissenschaftler und Leiter eines Spontini-Forschungsprojekts an der Universität Mainz.

Mit Spontini sollte der Pariser Glanz nach Berlin gebracht werden.
Klaus Pietschmann, Musikwissenschaftler

Ab 1820 lassen sich Spontini und seine Frau Céleste Érard aus der berühmten Pariser Klavier- und Harfenbauer-Familie Érard schließlich in Berlin nieder. Dort wird für den Komponisten an der Königlichen Oper der Titel des Generalmusikdirektors neu geschaffen, und er wird mit einer ungewöhnlich großen Machtfülle ausgestattet, was durchaus zu Konflikten im Berliner Musikleben führt. Von Zeitgenossen wird er als schwierig, hochnäsig und herrschsüchtig beschrieben und macht sich nicht nur Freunde.

Das Hauptwerk seiner Berliner Zeit ist die große romantische Oper "Agnes von Hohenstaufen". "Sogar Wagner hat diese Oper geliebt", sagt der Tenor Michael Spyres, der eine Arie aus diesem Werk auf CD aufgenommen und La Vestale mehrfach auf der Bühne gesungen hat.

Spontini hat Wagners Idee vom Gesamtkunstwerk bereits vorweggenommen.
Michael Spyres, Tenor

Spontini wirkt mehr als 20 Jahre in Berlin, verlässt die Stadt dann jedoch im Streit nach öffentlich ausgetragenen Konflikten mit dem Theaterintendanten, einer von Publikum und Presse geschürten Hetze und einem Prozess wegen angeblicher Majestätsbeleidigung.

Rückkehr nach Italien – Karitative Werke

Am Ende seines Lebens kehrt Spontini, der weitgereiste Komponist, nach Italien zurück, in seinen Heimatort Maiolati in den Marken. Die Welt um ihr herum hat sich verändert, die alten Monarchien beginnen zu bröckeln, und als Anhänger der Restauration kann er mit den neuen demokratischen Ideen nichts anfangen. Seine Sicht der Welt und der Politik, die sich in seinen Werken niedergeschlagen hat, passt nicht mehr in die Zeit. Während seiner letzten Lebensjahre pflegt er jedoch noch einmal Kontakte mit einem anderen "gekrönten Haupt", dem Papst. Dieser schlägt ihn, dem Ehrentitel so wichtig waren, sogar zum Ritter.

Spontini tat viel dafür, dass das Dorf Maiolati sich entwickelte.
Federico Agostinelli, Mitarbeiter der Fondazione Pergolesi Spontini

Spontini gibt viel Geld für wohltätige Zwecke aus, lässt ein Altenheim und ein Haus für junge Frauen bauen, die ihre Ehemänner verloren haben, und vermacht sein gesamtes Vermögen der Gemeinde Maiolati, die seit 1939 offiziell Maiolati Spontini heißt.

Am 24. Januar 1851 stirbt Spontini, der sein Leben lang mit den gekrönten Häuptern der Welt verkehrt hat, in der ländlichen Abgeschiedenheit seines Geburtsortes.

Sendung: "KlassikPlus - Musikfeature" am 15. November 2024 um 19:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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