"Harmony" kommt auf den Broadway und Pop-Legende Barry Manilow schwebt in seinem Smoking über den roten Tepppich im ausverkauften Ethel Barrymore Theatre. Überwältigt ist der Star der 70er-Jahre. Über 25 Jahre habe er auf diesen Moment gewartet, verriet er bereits vorher in einem Fernsehinterview: "Ein Highlight meiner Karriere. Und ich hatte eine Menge Highlights. Aber dieses hier bedeutet mir so viel."
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Die Comedian Harmonists waren im Vorkriegs-Deutschland eine der weltweit erfolgreichsten Varieté-Stars: Ihre Ohrwürmer wie "Mein kleiner grüner Kaktus" und "Ein Freund, ein treuer Freund" waren nach dem Holocaust noch da, drei der sechs Künstler aber mussten ins Exil und sie sind als Gruppe nach dem Nazi-Terror nie wieder zusammengekommen.
So viele Anläufe hat Barry Manilow schon für diese Geschichte genommen, zusammen mit dem renommierten Texter Bruce Sussman. Und der habe keine Sekunde daran gezweifelt, bei diesem Stück zuzugreifen. "Ich wusste sofort, worum es ging: Um die Sehnsucht nach Harmonie – in einem Kapitel, das sich als das unharmonischste der Geschichte erweist. Das hat mich als jüdischen Schreiber sehr berührt."
Doch keiner ahnte, dass das Broadway-Debüt in eine Zeit fallen würde, in der Antisemitismus wieder ein großes Thema ist. "Gerade deshalb fühle es sich besonders wichtig an, dieses Stück genau jetzt aufzuführen", sagt Schauspieler Zac Edwards, der im Musical einen SS-Mann spielt: "Außerhalb von Deutschland hat die Welt die Comedian Harmonists wegen des Antisemitismus überhaupt nicht gekannt. Wir sehen Antisemitismus gerade wieder weltweit so stark werden. Nicht allein wegen dem, was gerade im Nahen Osten geschieht. Eine jüdische Geschichte zu erzählen als einer, der selbst nicht jüdisch ist, das bedeutet mir sehr viel."
Es ist die Story einer der weltweit ersten Boygroups, die in Berlin zusammenfindet, während sich dort zeitgleich der Nazi-Terror zusammenbraut. Inmitten dieser Zeit gibt ein Musiker eine Annonce auf, um fünf weitere Mitglieder für eine Gesangstruppe zu finden. Harry Frommermann: Er bringt die sechs Leichtfüße zusammen, die so gar nicht ins rassenreine Deutschland passen. Drei Juden gehören zum Ensemble. Gleichzeitig marschieren auf Berlins Straßen die Nationalsozialisten auf. Während die a capella-Gruppe zu Weltruhm aufsteigt, haben die Nazis sie schon auf der Abschussliste.
Die Harmonists treten mit Josephine Baker auf. Sie treffen Albert Einstein, der warnt: "Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen." Doch die Sänger bieten dem Bösen die Stirn. Das ist das tragische Ende der Comedian Harmonists, verbunden mit einer wichtigen Botschaft, sagt Darsteller Chip Zien, der die zentrale Rolle eines Rabbis und Erzählers spielt: "Es ist ein bildlicher Ruf nach Harmonie, dass die Menschen miteinander auskommen sollen."
Dieses Stück ist eine Botschaft der Liebe.
Mandy-Sänger Barry Manilow hat daraus alles andere als ein Jukebox-Musical gemacht, und er schafft es dennoch, das Publikum vor allem auch durch seine gefühlvollen Songs zu rühren: "Was die Geschichte besonders tragisch macht, ist die schöne Musik, verknüpft mit der traurigen Story. Eben eine dramatische Geschichte erzählt durch Musik", so eine Besucherin der Premiere am New Yorker Broadway.
Sendung: "Allegro" am 14. November 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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