Tradition mit Zukunft: Johanna Soller wird neue künstlerische Leiterin des Münchener Bach-Chors und des Münchener Bach-Orchesters. Mit der 33-jährigen Musikerin steht dem Ensemble erstmals eine Frau vor. Doch wie wichtig ist die Vergangenheit und welche Wege gibt es für den Bach-Chor im 21. Jahrhundert?
Bildquelle: Simon Pauly
Der Münchener Bach-Chor hat eine neue Leitung. Johanna Soller löst Hansjörg Albrecht nach 17 Jahren an dieser Position ab. 33 Jahre ist sie jung und übernimmt als erste Frau das Traditionsensemble, mit dem Karl Richter von den Fünfzigerjahren an Referenzaufnahmen der Werke Johann Sebastian Bachs schuf.
Wie bei jedem Ensemble geht’s auch hier um den Blick nach vorne.
Auch eine der ersten Bach-Erinnerungen von Johanna Soller geht auf Richter zurück: Das Weihnachtsoratorium, aufgenommen mit dem Münchener Bach-Chor habe bei ihren Eltern im Schrank gestanden, erzählt sie im Interview mit BR-KLASSIK. Doch jetzt heißt es: Auf in die Zukunft, auch mit Alter Musik. Denn Karl Richter ist 1981 gestorben, Johanna Soller erst acht Jahre später geboren. Und: "Wie bei jedem Ensemble geht’s auch hier um den Blick nach vorne", sagt sie.
Johanna Soller am Spieltisch der Orgel im Alten Peter. | Bildquelle: BR/ STATIONEN Soller hat dabei längst reiche Erfahrung als Dirigentin. Sie ist seit 2019 musikalische Leiterin der Kammeroper München. Außerdem hat sie an verschiedenen Positionen mit dem Freiburger Barockorchester, der Nederlandse Bachvereniging, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, der Zürcher Singakademie, dem MDR-Rundfunkchor Leipzig, den Münchner Symphonikern, La Banda oder dem Bach Collegium München gearbeitet. Zudem ist sie Organistin in Münchens ältester Stadtpfarrkirche, dem Alten Peter. Und arbeitet als Dozentin an der Münchner Musikhochschule.
Doch ohne die Geschichte geht’s trotzdem nicht. Johanna Soller studierte Cembalo. In der historischen Aufführungspraxis habe sie ihre Wurzeln: "Da kann ich mich auch gar nicht verstellen", sagt sie. Deshalb gehöre für sie auch das Studium und die Recherche der Literatur rund um die Epoche, deren Musik sie musiziert, dazu. Als Dirigentin sowieso. Die Zukunft und die Gegenwart sucht Soller dann auch eher in der zeitgenössischen Musik. "Was will der Bach-Chor im 21. Jahrhundert sein" – diese Frage müsse man sich schon stellen, räumt Soller ein. Doch der Bach-Chor sei ein moderner Konzertchor mit vielen Möglichkeiten. Soller wolle da die "Brücke schlagen zwischen Alter und zeitgenössischer Musik", vielleicht auch mal einen Kompositionsauftrag vergeben. Ab der Saison 2023/24 geht es los, dann beginnt Sollers erste Spielzeit als Leiterin des Bach-Chors und des Bach-Orchesters.
Sendung: "Leporello" am 27. September 2022, um 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (1)
Freitag, 30.September, 15:28 Uhr
Martin Brunnemann
J. Soller
Phantastisch. Eine Frau und was für eine Musikerin. Wer mehr wissen möchte, höre auf YouTube "Solleria".