Profisport als Thema einer Oper – das gibt es nicht alle Tage. Genau das aber wählte der junge Komponist Johannes Obermeier als Stoff für seine erste Oper. In "Five" geht es um Biathlon. Nächste Woche feiert sie in München ihre Uraufführung. Bislang ist Johannes Obermeier in der Musikszene eher als Pianist in Erscheinung getreten – unter anderem als Preisträger beim ARD-Musikwettbewerb.
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BR-KLASSIK: Johannes Obermeier, normalerweise handeln Opern von Liebe und enden meist tödlich. Gelegentlich gibt es darin auch mal Wettbewerbe – ohne Mord und Totschlag, wie etwa den Sängerwettstreit auf der Wartburg. Aber dass Profisport in einer Oper zum Thema gemacht wird, ist wirklich neu. In Ihrer ersten Oper "Five" geht es um Biathlon. Warum gerade Biathlon?
Johannes Obermeier: Biathlon fesselt mich sehr seit den Olympischen Spielen 2018. Ich bin damals eher durch Zufall darauf gestoßen, als ich im Fernsehen geschaut habe, was so kommt. Und ich habe seit dem ersten Rennen, das ich gesehen habe, tatsächlich jedes Rennen mit viel Spannung verfolgt. Es ist für mich eine Sportart, die sich irgendwie jedes Mal neu erfindet, jedes Mal neue Sieger und Gewinner hat und einfach unberechenbar ist in ihren Komponenten mit Schießen und Laufen.
Biathlon ist für mich eine Sportart, die einfach unberechenbar ist.
BR-KLASSIK: Worum geht es denn in Ihrer Oper, die den schönen Titel "Five" trägt?
Autogramm der Biathletin Kati Wilhelm, das BR-KLASSIK-Redakteur Falk Häfner für Johannes Obermeier anlässlich des Interviews organisierte. | Bildquelle: Kati Wilhelm Johannes Obermeier: Es gibt zwei Welten in dieser Oper. Natürlich ist die Hauptwelt die des Biathlons. Es gibt zwei Athletinnen, die sich in einem Team befinden und die miteinander konkurrieren. Vordergründig sind sie eigentlich miteinander befreundet, aber die eine ist hintergründig – sagen wir mal – sehr böse. Sie dopt und will die andere aus dem Team und überhaupt aus ihrem Leben haben, weil sie einfach auch schlechter ist im Wettkampf als die, die am besten performt. Das ist die eine Welt des Profisports. Und auf der anderen Seite gibt es die Welt der Musik und des Komponisten. Und das passt jetzt auf den ersten Blick nicht zusammen: Leistungssport und Musik. Aber im Zentrum steht die Frage des Komponisten: Was soll ich heute noch schreiben? Was kann die Kunst heute überhaupt noch leisten? Wo ist überhaupt mein Platz als Musiker oder Künstler generell in dieser Welt? Und diese beiden Welten treffen dann zusammen und der Musiker liebt Biathlon und die Biathletin liebt Musik. Und so lernen sie sich in der Oper kennen und verlieben sich ineinander. Und das gefällt natürlich der bösen Intrigantin überhaupt nicht. Und dann werden eben die Fäden gesponnen und zu einer gewissen Tragikomödie weiterverarbeitet.
BR-KLASSIK: Was kann man als Komponist heute überhaupt noch schreiben? Anders gefragt: Was haben Sie denn geschrieben? Was hatten Sie denn als Musik im Ohr, als sie Ihre Oper aufs Papier gebracht haben?
Johannes Obermeier: Am Anfang hatte ich sehr viele Musical-Elemente im Ohr, und sehr viel Tonales und Melodiöses. Irgendwie lag mir das bei dem Sujet sehr nahe, weil ich auch beim Schreiben des Librettos gemerkt habe, da muss irgendwie was Emotionales rüberkommen und da hat diese Musik gut gepasst. Ich hatte dann einige Ideen. Allerdings habe ich die dann irgendwann auch wieder verworfen, weil es mir doch zu viel Musical, zu tonal war. Und dann ging ein Jahr rum, und dann habe ich den Prolog geschrieben – völlig unabhängig von allem anderen. Und noch ein bisschen Zeit später ist mir einfach so ein Stilmix eingefallen – mit vielen Melodien, mit viel Rhythmus, mit viel Bi- und Polytonalität. Und das hat dann irgendwie gut gepasst.
Johannes Obermeier gewann 2022 einen 3. Preis beim ARD-Musikwettbewerb im Fach Klavier. Außerdem studiert er Komposition an der Hochschule für Musik und Theater München.
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Johannes Obermeier | 3. Preis Klavier | Sergej Rachmaninow | ARD-Musikwettbewerb 2022
BR-KLASSIK: Nun sitzen Sie selbst am Klavier und übernehmen den einen Piano-Part. Wie viele Musiker stehen Ihnen denn insgesamt zur Verfügung? Und wie viele sind auf der Bühne?
Johannes Obermeier: Im Orchester sind wir zu sechst: drei Schlagzeuger, zwei Pianisten und ein Kontrabass. Dann gibt es vier Gesangssolisten, einmal Sopran, Alt, Tenor und Bass. Und dann gibt es einen Chor, der besteht aus 16 Choristen. Da ist einiges los auf der Bühne, weil die auch mit Szene arbeiten und herumlaufen. Und es gibt viele Requisiten. Es ist also einiges geboten.
BR-KLASSIK: Sie haben nicht nur komponiert und spielen mit, Sie haben auch Regie geführt. Und ich glaube, das ist das Einzige, was sie nicht studiert haben. Wie sicher fühlen Sie sich als Regisseur?
Johannes Obermeier: Ich hatte viel Unterstützung von der Hochschule und von meiner Freundin, die dort Dozentin ist. Ich habe viele Proben in den letzten zwei Jahren gemacht – mit Oper, wo ich korrepetiert habe und nebenbei die Szene gebaut wurde. Da habe ich also zumindest schon einen gewissen Teil mitbekommen. Ich habe aber auch super Solisten an der Seite, die eine Idee von mir sofort umsetzen können. Ehrlich gesagt macht das Inszenieren sogar ziemlich viel Spaß. Die eigenen Dialoge, die man sich so ausgedacht hat, werden viel lebendiger, wenn die dann auch wirklich gut gespielt werden. Da bekommt man was angeboten, und dann muss man nur sagen: So oder so habe ich mir das eigentlich vorgestellt, kannst du es noch ein bisschen in die Richtung oder in die Richtung schärfen? Und dann ist es irgendwie auch schon gemacht.
BR-KLASSIK: Sind das alles Kommilitonen von der Hochschule, die da auftreten werden?
Johannes Obermeier: Bis auf drei Choristen sind es tatsächlich alles Studenten von der Hochschule.
BR-KLASSIK: Nun ist das ja Ihre Abschlussarbeit für den Bachelor im Fach Komposition an der Münchner Musikhochschule. Kommt da auch noch so eine Prüfungsnervosität dazu? Oder haben Sie das schon hinter sich gelassen?
Johannes Obermeier: Ich glaube, die habe ich wahrscheinlich schon hinter mir gelassen. Weil die Nervosität sicher in der Vorbereitungszeit am größten ist. Wird alles klappen? Und wahrscheinlich werden bis zum letzten Tag alle gesund sein und da sein. Und dann müssen wir es einfach nur noch über die Bühne bringen. Und ich glaube, dann ist man drin. Und dann läuft es auch.
Montag, 6. November 2023, 19 Uhr
Dienstag, 7. November 2023, 19 Uhr
Hochschule für Musik und Theater München, Reaktorhalle
Sendung: "Leporello" am 2. November 2023 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK