Spätestens seit dem "Tölzer Preisträger Gipfel" gehört das Kurhaus Bad Tölz zu den wichtigen Streichquartett-Bühnen Deutschlands. Dort sind in den nächsten Tagen Spitzen-Ensembles zu Gast. Zu verdanken ist das dem Engagement des Ehepaars Susanne und Christoph Kessler.
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BR-KLASSIK: Christoph und Susanne Kessler, mit dem Verein "Klangerlebnis" buchen Sie bekannte Streichquartette nach Bad Tölz. So ein hochkarätiges Programm entsteht aber nicht im luftleeren Raum. Nehmen Sie uns doch mal ein paar Jahre zurück mit. Wie kam denn die Kammermusik nach Tölz?
Christoph Kessler: Da muss ich zunächst sagen, dass die Stadt Bad Tölz durch viele kulturelle Veranstaltungen glänzt, die weit über die Stadtgrenzen hinaus gehen. Wir haben uns sehr gefreut haben, dass es gelungen ist eine Vielzahl von klassischen Konzerten aus unterschiedlichen Bereichen nach Bad Tölz zu bringen. Da war zunächst die überaus erfolgreiche Konzertreihe "Quartettissimo", dann im letzten April der "Internationale Streichquartett Wettbewerb" mit 34 Bewerbungen aus aller Welt und nun auch noch das Internationale Festival mit ersten Preisträgern großer Wettbewerbe aus aller Welt.
BR-KLASSIK: Also eine stetige Entwicklung, ein aufeinander aufbauen. Aber wie kommen Sie denn zur Kammermusik? Woher kommt das Feuer? Sie sind beide keine professionellen Musiker, oder?
Susanne Kessler: Nein. Aber uns wurde beiden die Musik schon in die Wiege gelegt. Meine Eltern haben Streichquartett gespielt, und wir Kinder haben dann immer im Nebenzimmer zugehört. Mein Mann ist Sohn eines Kirchenmusikers und wurde schon in der Wiege mit in die Kirche genommen, weil die Mutter im Chor singen musste. Und so sind wir von Anfang an ganz früh zur Musik gekommen.
Christoph Kessler: Und ich kann ja auch ergänzen, dass ich meine Frau über die Streichquartettmusik kennen und lieben gelernt habe vor 47 Jahren.
Jedes Quartett, das wir einladen, kennen wir und haben es auch schon gehört.
BR-KLASSIK: In Tölz veranstalten Sie nun die erste Riege der Kammermusik wie das "Barbican Quartet" oder das "Chaos String Quartet", beide Preisträger im ARD-Musikwettbewerb 2022. Wie funktioniert der erste Kontakt mit diesen Ensembles weltweit? Und wie kriegt man die nach Tölz?
Christoph Kessler: Das sind immer langfristige Prozesse. Und das geht nur, wenn man Rückhalt durch die Stadt hat. Man muss drei, vier oder fünf Jahre vorher anfangen. Man muss die Quartette kennenlernen. Es gehört zu unseren Markenzeichen, dass wir jedes Quartett, das wir einladen, kennen und auch schon gehört haben, so dass wir sicher sind, dass die gute Musik machen. Das ist auch wichtig, damit sich unsere Besucher darauf verlassen können, dass sie, selbst wenn sie die Ensembles nicht kennen, wissen, das sind tolle Ensembles.
BR-KLASSIK: Ja, da stehen Sie mit Ihrem Namen dafür. Aber wo lernen Sie die Musikerinnen und Musiker kennen? Wo hören Sie sie?
Susanne Kessler: Wir fahren ziemlich viel rum. Vor allem das Streichquartett-Festival in Heidelberg ist so eine Quelle. Und da lernt man ganz junge Musikerinnen und Musiker kennen. Außerdem kann man neuerdings online alle Wettbewerbe, zu denen man nicht selbst hinfahren kann, verfolgen. Und da sitzen wir dann manchmal tagelang und hören. Und ja - hier der ARD-Wettbewerb natürlich auch! Da haben wir uns schon mal bei einem Quartett nach dem ersten Takt gesagt: 'Die müssen wir einladen.'
BR-KLASSIK: Aber bei all diesen Quartetten, die ja weltweit auftreten: Was ist es, was Bad Tölz für die Ensembles so reizvoll macht? Das Kurhaus ist natürlich sehr schön, keine Frage. Aber es ist jetzt nicht die Carnegie Hall...
Susanne Kessler: Ein besonderer Reiz ist natürlich das Kurhaus mit seiner fantastischen Akustik. Also ich glaube, in München muss man suchen… Es gibt keinen schöneren Raum als das Kurhaus in Bad Tölz für die Kammermusik. Das haben uns schon die ersten Quartette, die dort gespielt haben, gesagt.
Christoph Kessler kündigt ein Quartett auf der Bühne an. | Bildquelle: picture alliance / SZ Photo | Manfred Neubauer Christoph Kessler: Ein wichtiger Beitrag ist auch das Publikum, das sehr intensiv und konzentriert zuhört. Es ist mucksmäuschenstill, da hustet keiner, und die Verbindung zu den Quartetten ist auch sehr nah, weil der Abstand zur Bühne sehr nah ist. Das heißt die, die Interaktion zwischen Besucher und den Quartetten ist sehr intensiv. Und das merken die Quartette natürlich. Das animiert auch zu tollem Spiel. Und die vielen Bravo-Rufe, die am Schluss kommen bis hin zu den Pfeifkonzerten der Schüler aus dem Gymnasium und aus der Musikschule. Das ist nicht gestellt, sondern das ist echt und wirklich. Und schafft eine wunderbare Atmosphäre.
BR-KLASSIK: Herr und Frau Kessler, Sie sind auch begeisterte Camping-Fans und oft mit Ihrem Wohnmobil unterwegs. Gibt es schon ein Ziel für heuer? Und verbinden Sie das vielleicht auch mit Ihrer Liebe zur Kammermusik?
Susanne Kessler: Ja. Bei uns ist eigentlich immer der Norden dran und wir haben schon wieder geplant, uns drei Monate in der Nordkap-Region aufzuhalten. Und da wird viel gearbeitet. Unser Wohnmobil ist bürotauglich ausgerichtet, jeder hat seinen Laptop dabei. Ich schreibe die Programmhefttexte und mein Mann macht die Grafiken, die Planung und die Verträge…
BR-KLASSIK: Und Ihre beiden Instrumente, dass Sie selbst auch noch ein bisschen zum Spielen kommen?
Susanne Kessler: Das ist im Wohnmobil ganz schwierig. Erstens der Platz und zweitens die Akustik… also die bleiben daheim.
Sendung: "Allegro" am 15. Januar 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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