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Kim Kashkashian wird 70 Eine Bratschistin fürs Heute

Kim Kashkashian ist eine der großen Bratschistinnen unserer Zeit. Wie kaum eine andere hat sie sich für ihr Instrument eingesetzt, es aus seinem Schattendasein geholt und dafür gekämpft, dass die Bratsche auch in der zeitgenössischen Musik einen festen Platz bekommt – mit Erfolg. Als Musikerin wie auch als Lehrerin hat Kim Kashkashian die junge Generation der Bratschistinnen und Bratschisten geprägt. Heute feiert sie ihren 70. Geburtstag.

Violist Kim Kashkashian during a rehearsal in Malboro, Vermont 2008. | Bildquelle: Wiki Commons

Bildquelle: Wiki Commons

Ihr Blick ist konzentriert. Die Finger kraftvoll und elastisch zugleich. Kontrolliert führt Kim Kashkashian den Bogen über die Saiten. Ganz frei schwingt der Ton ihrer Bratsche. Man kann sagen: Da haben sich zwei gefunden! Kashkashian reizt der Kontrast zwischen hell und dunkel, die Möglichkeit, die Extreme beider Seiten ausdrücken zu können. "Wir haben eine starke Verbindung mit der Schattenwelt, mit der Dunkelheit, aber auch mit dem, was ganz, ganz hell ist", erklärt sie. Diese Polarisierung sei fast schon eine Parallele zu ihrem Charakter.

Kung Fu, Tai Chi und Neue Musik

Kim Kashkashian  | Bildquelle: Caterina di Perri/ ECM Records Kim Kashkashian spielt mit Leib und Seele Bratsche. In ihrer Freizeit widmet sie sich außerdem Kampfsportarten wie Kung Fu und Tai Chi. | Bildquelle: Caterina di Perri/ ECM Records Das Bemerkenswerte an ihrem Spiel: Kim Kashkashian verfügt über ein riesiges Spektrum an Klangfarben. Und das, obwohl die Bratsche in Sachen Tonansprache ein heikler Fall ist. Sie sei vergleichbar mit der menschlichen Stimme, mit ihrer Verletzlichkeit, Unzuverlässigkeit, aber auch damit, wie viel Seele sie habe, so Kashkashian. Wenn Kim Kashkashian spielt, tut sie das mit dem ganzen Körper – aber genau dosiert. Wer die drahtige Musikerin beim Spielen beobachtet, wundert sich nicht, dass sie sich in ihrer Freizeit Kampfsportarten wie Kung Fu und Tai Chi widmet.

Als Tochter armenischer Eltern wuchs Kim Kashkashian in Amerika auf. Nach wenigen Jahren Geigenunterricht wechselte sie damals zur Bratsche. 1980 gewann sie einen Preis beim ARD-Musikwettbewerb – der Startschuss zu einer internationalen Karriere. Seitdem begeistert sie als Solistin wie auch als leidenschaftliche Kammermusikerin. Und sie unterrichtet: zunächst in Bloomington, später dann in Freiburg und Berlin, ehe sie um die Jahrtausendwende wieder in ihre Heimat Amerika zurückkehrte.

Besonders ausgeprägt ist und bleibt ihre Liebe zur zeitgenössischen Musik. György Kurtág, Krzysztof Penderecki, Sofia Gubaidulina oder Lera Auerbach – die Reihe der Komponistinnen und Komponisten, mit denen Kim Kashkashian im Laufe ihres Lebens zusammengearbeitet hat, ist lang. Der Bratsche hat sie so ein ganz neues Repertoire erschlossen. Und sie mit der Gegenwart in Berührung gebracht.

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"Ich glaube, es gibt einige Musik, die stark von dem, was man heute auf der Straße sieht, gefärbt ist: Neonlicht, Beton – ein Mangel an Schönheit", so Kashkashian. Doch gerade das sei unsere heutige Welt und es sei nötig und wichtig, das ausdrücken zu können. Kim Kashkashian ist fest davon überzeugt, dass die neue Musik dem heutigen Publikum letztlich näher ist als Mozart. "Die klassische Musik ist bekannt, vertraut, aber nicht verstanden. Die neue Musik ist nicht vertraut, aber vielleicht besser verstanden." Denn sie sei eine Auseinandersetzung mit dem Leben, das wir jetzt führen.

Ausflüge in Folklore, Jazz und Weltmusik

Neben zeitgenössischer Musik unternimmt Kim Kashkashian auch gerne Ausflüge in Bereiche wie Folklore, Jazz und Weltmusik – und musizierte zum Beispiel mit Keith Jarrett und Jan Garbarek. Sie ist offen für Bearbeitungen und Transkriptionen, aber auch hierbei bleibt für sie das Spiel mit den Klangfarben entscheidend. "Eine Transkription ist wie wenn man durch ein Kaleidoskop schaut. Man dreht es einmal und ein paar Töne bleiben gleich, aber die ganze Färbung hat sich geändert."

Sendung: "Allegro" am 31. August 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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