Zwei Chefs, ein aktueller und ein künftiger, präsentieren "ihre" Orchester bei "Klassik am Odeonsplatz". Während Sir Simon Rattle seine erste Saison beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit dem Open-Air-Event am Münchner Odeonsplatz ganz klassisch beschließt, bestreitet der designierte Chefdirigent Lahav Shani mit den Münchner Philharmonikern sein Odeonsplatz-Debüt auch mit Hits von Filmmusik-Legende John Williams. Das Staraufgebot kann sich sehen und hören lassen: Beim BRSO treten Anja Kampe und Michael Volle an, bei den Münchner Philharmonikern Anne-Sophie Mutter.
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Das hat schon was: 8.000 Klassik-Fans und solche, die es werden wollen, lauschen einem Spitzenorchester unter freiem Himmel. Für den perfekten Sound sorgt ein erfahrenes Audio-Team von BR-KLASSIK. Langsam senkt sich die Dämmerung über den Münchner Odeonsplatz, der architektonische Dreiklang aus Theatinerkirche, Feldherrnhalle und Residenz leuchtet malerisch im Abendrot. Klar, das Wetter muss mitspielen bei "Klassik am Odeonsplatz", was es in den letzten 25 Jahren auch fast immer getan hat. Zwar sind die beiden Konzerte längst wieder ausverkauft, aber wer Lust hat, kann live oder zeitversetzt auf BR-KLASSIK im Radio und im Ersten, im BR Fernsehen oder auf 3sat dabei sein.
Sir Simon Rattle wird das BRSO bei "Klassik am Odeonsplatz" 2024 dirigieren. Auf dem Programm: Musik von Wagner und Brahms. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Da noch bis zum 14. Juli König Fußball die Welt regiert, startet das traditionelle "Klassik am Odeonsplatz"-Wochenende heuer zwei Tage vor dem EM-Endspiel. Am Freitagabend macht das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks den Auftakt, am Samstagabend folgen die Münchner Philharmoniker. Seit dem Millenniumskonzert 2000 wird das Event vom Bayerischen Rundfunk und von der Landeshauptstadt München gemeinsam veranstaltet – die Bayerische Staatsoper hat schließlich ihr eigenes Open Air auf dem Max-Joseph-Platz, "Oper für alle". Diesmal präsentieren zwei Chefs, ein aktueller und ein künftiger, "ihre" Orchester bei "Klassik am Odeonsplatz". Während Sir Simon Rattle seine erste Saison beim BRSO mit dem Open-Air-Event ganz klassisch beschließt, gibt der designierte Chefdirigent Lahav Shani mit den Münchner Philharmonikern sein Odeonsplatz-Debüt, das auch Kino für die Ohren bietet.
Am ersten Abend wird die Feldherrnhalle bei "Klassik am Odeonsplatz" zur Opernbühne, wenn Simon Rattle mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks seiner Wagner-Leidenschaft frönt. Die akustischen Verhältnisse auf dem Platz kennt er schon, weil er 2022 dort sein Debüt mit dem BRSO und einem Filmmusik-Programm gegeben hat – da war er aber noch nicht im Amt. Jetzt also Richard Wagner, gar nicht so weit weg von Filmmusik. Schon vor seinem Start als neuer Chefdirigent im Herbst 2023 war Rattles "Ring"-Projekt mit dem BRSO bis zum "Siegfried" gediehen.
Im ersten Konzertteil präsentiert Rattle jetzt Highlights aus dem populärsten Teil der Tetralogie, der "Walküre", die einen klassischen Vater-Tochter-Konflikt zum Inhalt hat. Mit dem bekanntesten Wagner-Hit, dem Walkürenritt, sorgt Rattle gleich zu Beginn für ausgelassene Stimmung unter freiem Himmel, um dann direkt anschließend die herzerweichende Schlussszene folgen zu lassen. Da übermannt den Göttervater Wotan Mitleid mit seiner rebellischen Lieblingstochter Brünnhilde: "Leb wohl, du kühnes, herrliches Kind!" Mit dem Ergebnis, dass Wotan die von ihm verhängte Strafe der Menschwerdung Brünnhildes durch einen Feuerwall abmildert – nur ein furchtloser Held wird sie erobern: "Wer meines Speeres Spitze fürchtet, durchschreite das Feuer nie!" Zu Recht gilt "Wotans Abschied und Feuerzauber" als einer der magischsten Momente in Wagners "Ring des Nibelungen".
Anja Kampe und Michael Volle waren schon in Rattles BRSO-"Ring" dabei, jetzt begeistern die Bayreuth-Stars erneut mit dem leidenschaftlichen Dialog zwischen Brünnhilde und Wotan. Zum Kontrast dirigiert Rattle dann nach der Pause die sommerliche Zweite Symphonie von Johannes Brahms. In typischer Selbstironie schrieb der kauzige Komponist 1877 an seinen Verleger: "Die neue Symphonie ist so melancholisch, daß Sie es nicht aushalten. Ich habe noch nie so was Trauriges, Molliges geschrieben: Die Partitur muß mit Trauerrand erscheinen." Genau das Gegenteil ist der Fall: Die idyllische D-Dur-Symphonie ist mit ihrer liedhaften Melodik die lieblichste und freundlichste der vier Symphonien von Brahms.
Lahav Shani ist designierter Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. | Bildquelle: BR/Benedict Mirow Den designierten Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, Lahav Shani, kann das Publikum am zweiten Abend mit seinem künftigen Orchester auf dem Odeonsplatz erleben. Der 1989 in Tel Aviv geborene Senkrechtstarter ist halb so alt wie Rattle – und leitet derzeit gleich zwei renommierte Orchester: als Nachfolger von Yannick Nézet-Séguin die Rotterdamer Philharmoniker und als Nachfolger von Zubin Mehta das Israel Philharmonic Orchestra. Bei den Münchner Philharmonikern tritt Shani im Herbst 2026 als neuer Chefdirigent an. Für sein Debüt bei "Klassik am Odeonsplatz" hat Shani ein maßgeschneidertes Programm zusammengestellt, das von TV-Moderatorin Siham El-Maimouni präsentiert wird, bekannt aus der Kultursendung ttt im Ersten.
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks am Freitag, 12. Juli
Radio-Liveübertragung ab 20.03 Uhr auf BR-KLASSIK zum Auftakt des ARD-Radiofestivals
Live-zeitversetzt im BR Fernsehen ab 22.05 Uhr
Fernsehaufzeichnung am Samstag, 13. Juli 2024, ab 20.15 Uhr in 3sat
Video on Demand auf www.br-klassik.de
Münchner Philharmoniker am Samstag, 13. Juli
Live zeitversetzt in der ARD / Das Erste ab 21.45 Uhr
Fernsehaufzeichnung am Samstag, 20. Juli 2024, ab 20.15 Uhr in 3sat
Konzertmitschnitt im Radio am Donnerstag, 18. Juli 2024, ab 18.05 Uhr auf BR-KLASSIK im Rahmen der Festspielzeit
Video on Demand auf www.br-klassik.de
Gleich zu Beginn ist der Solohornist des Orchesters mit dem berühmten Hornruf gefragt, wenn Shani mit Carl Maria von Webers romantischer "Oberon"-Ouvertüre den Odeonsplatz in "Sommernachtstraum"-Atmosphäre taucht. Dämonische Kräfte entfesselt dann die geniale Adaption von Goethes fataler Ballade "Der Zauberlehrling" durch den französischen Klangzauberer Paul Dukas – zum Filmscore wurde die nervenzerfetzende Tondichtung in der legendären Disney-Produktion "Fantasia" von 1940, in der Micky Maus als Zauberlehrling die wassertragenden Besen dirigiert.
Anne Sophie Mutter und John Williams im Januar 2020 mit den Wiener Philharmonikern. | Bildquelle: Deutsche Grammophon
Französisch geht‘s weiter, wenn Stargast Anne-Sophie Mutter mit Introduktion und Rondo capriccioso von Camille Saint-Saëns "Carmen"-Flair auf dem Odeonsplatz entfesselt und das für den spanischen Violinvirtuosen Pablo de Sarasate komponierte Bravourstück zum Tanzen bringt.
Ihr glamouröses Debüt auf dem Odeonsplatz krönt die Geigerin mit dem Genre, in dem sie zuletzt große Erfolge gefeiert hat: mit Melodien aus populären Soundtracks zu den "Harry Potter"-Filmen, zu Sydney Pollacks "Sabrina"-Remake oder zur John-Updike-Verfilmung "Die Hexen von Eastwick". Filmmusik-Ikone John Williams hat seine Scores extra für Anne-Sophie Mutter adaptiert. Zum Schluss lässt Shani die Münchner Philharmoniker mit der Orchestrierungskunst des jungen Igor Strawinsky in allen Farben leuchten – mit Auszügen aus dem märchenhaften "Feuervogel"-Ballett. Mit den hymnischen Tönen des siegreichen Prinzen gegen den bösen Zauberer Kaschtschei endet der Abend prachtvoll.
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