Verschwörungstheorien, die absurd und zugleich faszinierend sind: In seiner Oper "Die letzte Verschwörung" wirft Moritz Eggert einen Blick auf die Welt von Flat-Earth-Anhängern und zeigt, was passiert, wenn diese Theorien wahr werden. Am Samstag feiert die Oper ihre Deutsche Erstaufführung am Staatstheater Augsburg.
Bildquelle: Jan Pieter Fuhr
BR-KLASSIK: In Ihrer neuen Oper geht es um zeitgenössische Verschwörungstheorien. Was war die absurdeste Verschwörungstheorie, die Ihnen bisher begegnet ist?
Moritz Eggert: Oh, da gibt es viele. Natürlich ist die Flat-Earth-Theorie grundsätzlich sehr absurd, und es gibt erstaunlich viele Menschen, die immer noch daran glauben, dass die Erde eine Scheibe ist. Dann gibt es die Hollow-Earth-Anhänger, die glauben, dass die Erde hohl ist und wie bei Jules Verne Tiere und Dinosaurier noch leben. Und dann gibt es Theorien, dass hinter der Eiswand der Antarktis unendliche Länder voller Ressourcen existieren, die von einer globalen Elite heimlich genutzt werden, während wir hier ganz arm auf der mittleren Scheibe verhungern.
BR-KLASSIK: Eigentlich sind Sie ja angefragt worden, eine Oper über Flat-Earth-Anhänger zu machen. Bekommen Sie immer so thematisch konkrete Anfragen?
Wolfgang Schwaninger und Jihyun Cecilia Lee in der Oper "Die letzte Verschwörung" am Staatstheater Augsburg | Bildquelle: Jan Pieter Fuhr Moritz Eggert: Na ja, so konkret war die Anfrage nicht. Lotte de Beer von der Volksoper Wien, die Auftraggeberin, meinte, sie interessiere sich für dieses Thema. Damals gab es auch eine Netflix-Dokumentation über Flat-Earther, die viele gesehen haben, ich auch. Aber mir war schnell klar, dass das als einziges Thema nicht ausreicht. Wir leben in einer Zeit, in der Verschwörungserzählungen und glatte Lügen so einen großen Teil der öffentlichen Aufmerksamkeit einnehmen. Ich wollte ein Stück machen, das zeigt, was passiert, wenn alle Verschwörungserzählungen gleichzeitig wahr sind und wie absurd das eigentlich ist.
Premiere: Samstag, 19. Oktober 2024, 19:30 Uhr, Martini-Park
Regie: André Bücker
Musikalische Leitung: Domonkos Héja
Alle Termine finden Sie auf der Seite des Staatstheaters Augsburg
BR-KLASSIK: Können Sie sagen, welche Verschwörungstheorien Sie konkret in Ihrer Oper aufgegriffen haben?
Moritz Eggert: Es kommt vieles vor: von Flat Earth über Reptilien bis hin zu Pizzagate, Matrix und Außerirdischen.
BR-KLASSIK: Sie haben die Struktur Ihrer Oper mit einer Zwiebel verglichen. Gibt es so viele Handlungsstränge wie Zwiebelschichten oder wie ist dieser Vergleich zu verstehen?
Moritz Eggerts Oper "Die letzte Verschwörung" hatte am 25. März 2023 an der Volksoper Wien Uraufführung. | Bildquelle: Felix Pöhland Moritz Eggert: Ja, so ist das zu verstehen. Die Hauptfigur ist zunächst jemand, der überhaupt nicht an Verschwörungstheorien glaubt, ein Talkmaster, der in einer heilen Welt lebt und erfolgreich ist. Er interviewt jemanden, der behauptet, die Erde sei flach, und macht sich anfangs darüber lustig. Doch diese Person lässt ihn nicht los, verfolgt ihn ein wenig, stalkt ihn sogar. Die beiden haben dann geheime Treffen im Stadtpark, und der Flacherdler zeigt ihm "Beweise", dass die Erde flach ist. So gerät er immer tiefer in den sogenannten Kaninchenbau und verliert sich in dieser Welt. Schließlich wird er selbst ein Protagonist der Verschwörungsszene und betreibt einen eigenen YouTube-Kanal, auf dem er gegen die Einführung der neuen Mobilfunktechnik 6H aufruft – natürlich eine weitere Verschwörung. Hier spielt auch ein russischer Oligarch mit, der in Wirklichkeit ein Reptiloid ist. Sie sehen, wie das funktioniert.
Ich habe versucht, eine Oper zu schreiben, die ganz anders ist als das, was man normalerweise von der Oper erwartet.
BR-KLASSIK: Hat Verschwörung einen bestimmten Klang in Ihrer Musik?
Wolfgang Schwaninger und Wiard Witholt in der Oper "Die letzte Verschwörung" am Staatstheater Augsburg | Bildquelle: Jan Pieter Fuhr Moritz Eggert: Ja, ich würde sagen, das Ganze ist sehr filmisch angelegt. Ich habe versucht, eine Oper zu schreiben, die ganz anders ist als das, was man normalerweise von der Oper erwartet – dass die Leute nach vorne an die Rampe treten und Arien singen. In meiner Oper passiert sehr viel, es ist actionreich und dynamisch. In der tollen Inszenierung in Augsburg kommt das gut zur Geltung. Es gibt ständig Bewegung, die Szenen sind sehr schnell, es passiert viel und die Musik ist sehr filmisch. Sie treibt immer voran. Es gibt schnelle Stil- und Stimmungswechsel. Ich hoffe, dass das für das Publikum spannend wird.
BR-KLASSIK: Wie endet Ihre Oper?
Moritz Eggert: Das erzähle ich ungern, denn das Ende ist eine Kombination dessen, was vorher passiert. Es geht aber um die Grenzen der Realität, und wenn wir darüber sprechen, sind wir auf der Theaterbühne nicht weit davon entfernt.
Sendung: "Allegro" am 16. Oktober 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (0)