Klassik-Influencer, Internetsternchen, YouTube-Hype: Als "Cateen" ist der Pianist Hayato Sumino eine Internetberühmtheit. Doch bei seinem Debüt-Konzert in München überzeugt und begeistert er auch musikalisch.
Bildquelle: Ryuya Amao
Das Internet macht Sternchen zu Stars und umgekehrt. Schnell kann man zur Berühmtheit werden. Manche Internet-Stars sind sogar dafür berühmt, dass sie berühmt sind. Deshalb ist natürlich immer etwas Vorsicht geboten, bei Künstlern, die im Netz besonders gehypt werden. Da ist dann oft die Inszenierung wichtiger als der künstlerische Ertrag. Und Klicks und Follower sind ja auch leicht manipulierbar. Im Fall von Hayato Sumino, alias Cateen, kann man jedoch Entwarnung geben. Der japanische Pianist mit seinen 1,4 Millionen YouTube-Abonnenten ist kein leerer Medien-Hype. Er ist tatsächlich ein erstaunlicher Virtuose mit einer großen Musikalität.
Hayato Sumino vermag künstlerisch zu überzeugen, wenngleich vielleicht nicht in allen Bereichen gleichermaßen. Bei seinem Debüt in München begann er ganz traditionell mit Bach und zeigte in der c-Moll-Partita eine stupende Technik verbunden mit viel Sinn für Gestaltungskultur. Das Fließende seines Spiels, eine beeindruckende Leichtigkeit, lässt auf der anderen Seite aber auch Akzente und kompositorische Strukturen hörbar werden.
Jazz, Leichtigkeit und Virtuosität bringen die 8 Konzertetüden op. 40 von Nikolai Kapustin zusammen. Und diese Musik ist wie gemacht für Sumino, für den es tatsächlich keine technischen Schwierigkeiten zu geben scheint. Nichts klingt bei ihm angestrengt, alles ist von swingender Verspieltheit, selbst die vertracktesten rhythmischen Figuren und Läufe. Ein Phänomen – jenseits showmäßiger Vordergründigkeit. Man merkt bei Sumito sofort, dass ihm die technische Versiertheit nur Vehikel ist, keinesfalls nur Selbstzweck – er wirkt auch viel zu bescheiden, um eine eitle Selbstdarstellungsnummer daraus zu machen, auch wenn der Japaner durchaus Spaß an der virtuosen Geste hat.
Das demonstriert er auch in seinen eigenen Kompositionen, die zwischen Rachmaninow und Filmmusik changieren, etwa in "New Birth". Da darf es dann auch schon mal ein wenig kitschig werden. Sein Stück "Human Universe" dagegen verbindet sehr geschickt verblüffende Jazzharmonien und tief empfundene Emotionalität.
Verblüffend war denn auch Suminos eigene Version von Ravels "Boléro" – an zwei Klavieren dargeboten, weil er eines so präpariert hat, dass es das Schlagzeug wiedergibt, das den Beginn markiert. Auch hier demonstrierte Sumino höchsten virtuosen Anspruch mit struktureller Klarheit. Das Publikum war aus dem Häuschen. Dass Skrjabins 5. Sonate davor mehr nach Kupustin klang, war an dem wirklich außergewöhnlichen Abend ein kleiner, leicht zu verschmerzender Schönheitsfehler.
Sendung: "Allegro" am 19. Januar 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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