Martha Argerich ist einer der größten Stars am Klavier. Der Spot ist auf sie gerichtet - aber sie liebt es, zu zweit an den Tasten zu sitzen. Immer wieder tritt sie im Duo auf, unter anderen zusammen mit Lilya Zilberstein. Im Münchner Herkulessaal spielten die beiden am Sonntag Werke für zwei Klaviere von Mozart, Schumann und Rachmaninow. Und sogar Klavier achthändig gab es: Für zwei Stücke von Bedřich Smetana hatte Zilberstein ihre beiden Söhne mitgebracht, die ebenfalls Pianisten sind. Ein Abend, der in Erinnerung bleibt.
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Diese Frau ist ein Wunder. Mit 82 Jahren hat Martha Argerich nichts von ihrer Gestaltungsfreude, ihrem Spielwitz und ihrer emotionalen Ausstrahlung verloren. Sicher, Pianistinnen und Pianisten können im hohen Alter deutlich länger als Geigerinnen oder Bläser ein herausragendes technisches Niveau halten. Aber es gibt traurige Gegenbeispiele von berühmten Kollegen gleichen Alters, die den rechten Zeitpunkt für den Abschied verpasst haben. Bei Martha Argerich sind die Finger so flink wie eh und je. Und wenn auch die Pranke der Löwin vielleicht nicht mehr ganz so kraftvoll hinlangt wie früher, so ist das für den musikalischen Ausdruck und das innere Erlebnis der Musik doch keinerlei Einschränkung.
Mit der mehr als 20 Jahre jüngeren russischen Pianistin Lilya Zilberstein ist sie seit Jahren als Klavierduo eingespielt. Argerich, die große Kommunikatorin, vermeidet Solo Recitals - sie mag die "Einzelhaft" am Klavier nicht. Natürlich ist der Saal trotz zusätzlicher Plätze auf dem Podium wegen ihr restlos ausverkauft. Gerade deswegen setzt sie sich bei den meisten Stücken bescheiden ans zweite Klavier.
Die russische Pianistin Lilya Zilberstein spielte gemeinsam mit Martha Argerich im Münchner Herkulessaal. | Bildquelle: Andrej Grilc Beim Klavierduo müssen die Drähte extrem gespannt sein, vor allem beim Spiel an zwei Flügeln. Schließlich liegen gut drei Meter Abstand zwischen den Klavierhockern. Auch die Balance ist eine Herausforderung. Denn einer der beiden Flügel hat einen aufgeklappten Deckel, der den Schall in den Saal projiziert. Beim gegenüberstehenden zweiten Flügel muss der Deckel abmontiert werden, sonst würde er den Schall vom Publikum weglenken. Deshalb klingt der zweite Flügel etwas weniger präsent. Argerich und Zilberstein sind mit diesen Problemen natürlich bestens vertraut und meistern sie fast immer souverän. Nur gelegentlich wünscht man sich etwas mehr Präsenz von Martha Argerich. Dafür ist sie die Spontanere. Gerade bei der vierhändigen Mozart-Sonate KV 381 phrasiert Argerich phantasievoller als Zilberstein. Die lässt die schnellen Sätze charmant, aber etwas zu motorisch abschnurren.
Pure Freude vermitteln die beiden bei Darius Milhauds "Scaramouche": Latin Jazz fusioniert mit französischer Eleganz. Ebenso gut gelaunt machen zwei wenig bekannte Werke von Bedřich Smetana, dessen 200. Geburtstag am Tag vor dem Konzert gefeiert wurde. Dafür holen sich die beiden Grandes Dames Verstärkung: Lilya Zilberstein hat ihre beiden Söhne mitgebracht, Anton und Daniel Gerzenberg, die ebenfalls erfolgreiche Pianisten sind. Acht Hände, vier Menschen, zwei Flügel: eine fast schon orchestrale Besetzung. Ein besonderer Reiz liegt darin, trotz des kompakten Klangs aus den vielen Tönen mit dem Ohr dennoch die feinen Temperamentsunterschiede der Spielenden herauszufiltern.
Einen starken Kontrast zu dieser inspirierten Gute-Laune-Musik setzen die "Symphonischen Tänze" von Sergej Rachmaninow. Es ist Rachmaninows letztes und zugleich sein großartigstes Orchesterwerk, entstanden kurz vor seinem Tod während des Zweiten Weltkriegs im amerikanischen Exil. Die Fassung für zwei Klaviere stammt vom Komponisten selbst. Und da der auch einer der großen Pianisten seiner Zeit war, hat diese Fassung nichts von den Verlegenheiten eines Klavierauszugs – im Gegenteil: Die subtilen Klangschattierungen und die dialogischen Möglichkeiten der Besetzung Klavierduo kommen voll zur Geltung.
Höhepunkt des Abends aber ist ein relativ wenig bekanntes Werk von Robert Schumann: "Andante und Variationen" op. 46, ebenfalls für zwei Klaviere. Hier finden Zilberstein und Argerich zu einer poetischen Freiheit, die absolut magisch wirkt: Der Dichter spricht. Ganz aus dem Augenblick dem inneren, individuellen Impuls folgend und dabei in jedem Takt getragen von einem gemeinsamen Atem – eine Sternstunde.
Drei Zugaben (Rachmaninow, Grieg und Beethoven), teils achthändig, Jubel, stehende Ovationen und viele, viele Handyfotos: Argerichs Fans verproviantieren sich mit Erinnerungen. Doch für den Abschied von der Bühne wäre es noch viel zu früh - definitiv!
Kommentare (4)
Donnerstag, 07.März, 16:09 Uhr
juergenblunck@gmail.com
Das Konzert würde ich mir nicht entgehen lassen .
Klavierkonzert erster Klasse
Donnerstag, 07.März, 12:15 Uhr
Margita Malik
Kann man das Konzert irgendwo nachhören?
Dienstag, 05.März, 19:04 Uhr
REDING Georges. redgon@pt.lu
Konzert Martha ARGERICH. / Lilya ZILBERSTEIN
Wo kann ich dieses Konzert nachhoeren?
Danke im voraus
Montag, 04.März, 18:28 Uhr
Fred Keller
Argerich und die restlichen Teilnehmer
Die zwei Burschen hätten sich aber schon ein Foto verdient?