BR-KLASSIK

Inhalt

Musizieren mit links Der Konvention den Spiegel vorhalten

Mindestens jeder zehnte Mensch ist linkshändig. Die Initiative LINKSGESPIELT stellt Wissen und Informationen rund ums linkshändige Musizieren mit klassischen Instrumenten zur Verfügung. Außerdem wird regelmäßig gemeinsam musiziert.

Linke Hand auf Klaviertastatur | Bildquelle: picture alliance / Frank Duenzl

Bildquelle: picture alliance / Frank Duenzl

Schaftlach, südlich von München. Im gemütlich eingerichteten Wohnzimmer von Heidi Schneider trifft sich ein bunt zusammengewürfeltes Ensemble: Cello, Klavier, Bratsche und Querflöte sind dabei, ein großer Teil des Zimmers ist vollgestellt mit Instrumenten und Tragetaschen. Ein gewohntes Bild für alle, die sich privat zum Musizieren treffen. Etwas aber ist grundlegend anders: Vieles ist spiegelverkehrt. Heidi Schneider und die anderen Musikerinnen spielen alle mit links, viele ihrer Instrumente sind entsprechend angepasst. Beim Klavier zum Beispiel sind die Töne andersherum angeordnet: Die hohen Tasten links, die tiefen rechts.  

Mit Links ist immer noch untypisch 

In der Vergangenheit mussten viele Linkshänder alles mit der rechten Hand machen, wurden regelrecht auf diese Hand trainiert. Das ist inzwischen zwar nicht mehr so, Heidi Schneider und ihre Ensemblekolleginnen aber haben es noch genauso erlebt. Als sie ihre Linkshändigkeit schließlich entdeckten, mussten sie ihr Instrument regelrecht neu lernen. Verbunden war das mit einem freudigem "Aha"-Effekt.

Der mystische Moment  

Dieser Moment kam für die Cellistin Renata Soraya erst mit 52 Jahren. "Ich habe, als ich den Verdacht hatte, dass ich eventuell Linkshänderin sein könnte, den Cellobogen in die linke Hand genommen und mal ein paar Töne gemacht", erzählt die Cellistin. Für sie war es ein Versuch mit weitreichenden Folgen – und einem klaren Empfinden. "Bei mir war es so ein richtiger Energiestoß durch den linken Arm. Wir nennen das hier immer das mystische Erlebnis, weil es offensichtlich kein Einzelfall ist. Das war ein derartig starkes Erlebnis, dass ich dann nichts mehr in Frage gestellt habe. Egal, wie ungeschickt die Bewegungen mit Links dann halt waren. Das muss man sich eben alles noch antrainieren. Und das ist nicht so einfach". 

Alle Anfänge sind schwer – gleich richtig beginnen 

Eine Erfahrung, die viele teilen und die zeigt, wie schwerfällig das Spielen mit der falschen Hand für die Betroffenen tatsächlich ist. Das Bewusstsein dafür, dass Linkshändigkeit auch beim Instrumentalspiel berücksichtigt wern sollte, kommt immer mehr in der Allgemeinheit an. Gerade beim Unterricht seien sich viele Pädagoginnen und Pädagogen aber noch nicht sicher, ob sie das überhaupt unterrichten können. so Instrumentalpädagogin Erika Uggowitzer. Sie betont, wie relevant ein richtiger Anfang ist: "Es ist uns ganz wichtig, dass Kinder, wenn sie Linkshänder sind, gleich mit dem Linkshänderklavier anfangen. Der Anfang bringt viel in der Verschaltung, im Nervensystem, im Gehirn." Wer falsch startet, für den könne es sehr schwierig werden, wieder auf die richtige Spur zu finden, so Erika Uggowitzer.

Hürden des linksseitigen Spiels abbauen 

Für einen guten Start sind also Lehrerinnen und Lehrer nötig, die wissen, wie sie Linkshänder unterrichten können. Dazu erreicht die Initiative LINKSGESPIELT Fragen aus aller Welt. Auf der Webseite der Initiative gibt es Empfehlungen für Lehrerinnen und Instrumentenbauerinnen, außerdem internationale Erfahrungsberichte von linkshändig musizierenden Profis und Laien, auch aus Orchestern. Dort gibt es auch Tipps, wie man als Rechtshänder auch Linkshänder mühelos unterrichten kann. 

Initiative "LINKSGESPIELT"

Alle Informationen zur Initiative finden Sie hier.

Instrumente fürs linkshändige Spiel

Ebenso wichtig wie der passenden Unterricht ist aber auch das richtige Instrument. Oftmals ist es schwierig, überhaupt ein Instrument zu finden, das aufs linkhändiges Spiel optimiert ist, fast immer ist das mit zusätzlichen Kosten verbunden: Beim billigsten E-Piano zum Beispiel fängt die Spiegelung bei 1.500 € an. Positive Ausnahme ist hier die Gitarre, dort werden die Saiten einfach anders herum aufgezogen.

Sendung: "Leporello" am 16. Januar 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (0)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.
Zu diesem Inhalt gibt es noch keine Kommentare.

Neu bei BR-KLASSIK

    AV-Player