Das Festival "Out of the Box" will das kulturelle Gedächtnis zum Klingen bringen. Eine Leitfrage der künstlerischen Leiterin Martina Taubenberger: Wie können Erinnerungen zu Musik werden? Darüber spricht sie im Interview mit BR-KLASSIK. Ab dem Wochenende bietet das Festival drei Wochen lang Konzerte und Veranstaltungen an vielen Orten in Bayern, zum Beispiel in Ebersberg, Regensburg, Kaufbeuren, Passau oder Berchtesgaden.
Bildquelle: Emile Holba
BR-KLASSIK: Das Motto heißt "The Resonance of Time". Welche starke Klangerinnerung fällt Ihnen aus Ihrer Kindheit ein?
Martina Taubenberger: Das ist bei mir eine sehr frühe Zauberflöte für Kinder.
BR-KLASSIK: Geht es denn bei dem Festival um Musik aus der Vergangenheit oder um alles Mögliche?
Martina Taubenberger: Es geht nicht nur um musikalische Klänge, sondern allgemein um die Frage, wie sich Erinnerungen und Klang, auch Naturgeräusche, die Wiegenlieder, die uns unsere Eltern vielleicht vorgesungen haben, verbinden. Und auch anders herum: Welche Sinneseindrücke rufen Erinnerungen in uns wach? Da gibt es schöne, sinnliche Verbindungen.
BR-KLASSIK: In welcher Form kommen Erinnerungen bei Ihrem Festival zum Klingen?
Martina Taubenberger: Wir haben im vergangenen Jahr Gespräche mit Personen aus ganz Bayern zu ihren Erinnerungen und Anklängen geführt und aufgezeichnet. Die Ausschnitte aus diesen Gesprächen tauchen in den Kompositionen, Installationen und Improvisationen auf. Wer mitgemacht hat, kann vielleicht seine eigene Stimme oder das Wiegenlied seiner Eltern hören. Wir haben Workshops gemacht und offen dazu eingeladen. Das war anonym, die Beteiligten wussten aber, dass wir etwas damit machen. Außerdem haben wir sechs Konzertprogramme, die sich immer wieder überlappen. Mehr als 60 Künstlerinnen und Künstler beteiligen sich. Und wir haben vier Kompositionsaufträge vergeben. Diese Komponistinnen und Komponisten haben sich mit Erinnerungen, Identität und kulturellem Erbe auseinandergesetzt.
Das kulturelle Erbe ist keine lineare Geschichte, sondern ein dreidimensionaler Raum.
BR-KLASSIK: Kann man da einen roten Faden entdecken? Gibt es etwas, was uns alle kollektiv miteinander verbindet in diesen Klangerinnerungen?
Martina Taubenberger: Mein roter Faden bei dem Konzept ist der Begriff des kulturellen Erbes und die These, dass das keine lineare Geschichte ist, sondern eigentlich ein dreidimensionaler Raum. Was mich in der Konzeption interessiert hat: Was bringt jeder einzelne mit, was beeinflusst einen Komponisten, eine Sängerin, eine Tänzerin? Was ist ihr kulturelles Erbe, wie gehen sie mit diesem individuellen Gepäck um, wie begegnen sie anderen Künstlerinnen und Künstlern. Es ist eine Begegnung, ein Austausch. Deshalb auch die Idee, das Publikum mit einzubeziehen und zu fragen: An was erinnert ihr euch denn und wie kann das zu Musik werden?
BR-KLASSIK: Welche konkreten Klangerinnerungen bringen die Musikerinnen und Musiker mit?
Martina Taubenberger: Wir haben die Trondheim Voices, die sehr schöne Klanginstallationen aus Improvisationen, aus Melodien, aber eben auch aus diesen Gesprächsaufnahmen kreieren und auch norwegische Folklore im Gepäck haben. Die Komponistin Golfam Khayam wird etwas zur Begegnung zwischen persischer Kultur und zeitgenössischer Musik machen. Gregor Hübner hat seine Eröffnungskomposition auf Basis von Sufi-Gesängen komponiert, mit senegalesischen Einflüssen. Ich habe eine wunderschöne Klangcollage aus Guten Abend, Gute Nacht geschnitten. Es ist nicht alles nur auf die Kindheit bezogen, sondern auf das, was einem biografisch dazu einfällt. Es geht ja um das kulturelle Gedächtnis, das Gemeinsame. Ich glaube, viele Leute werden erstaunt sein, wie viele Verbindungslinien es gibt.
Sendung: "Allegro" am 9. Januar 2025 ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK
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