Ein junger Müllerbursche wandert an einem Bach entlang, gelangt zu einer Mühle und hofft dort die große Liebe zu finden. Franz Schuberts Liederzyklus "Die schöne Müllerin" erzählt von Hoffnung, Enttäuschung und Todessehnsucht. Typisch Romantik! Was kann uns das heute noch sagen? BR-KLASSIK hat mit dem Tenor Mauro Peter über die Aktualität des Männerbildes gesprochen.
Bildquelle: Christian Felber
BR-KLASSIK: Mauro Peter, Sie singen ja Oper, Oratorium und Lied. Oper, das ist Kostüm, Rolle. Oratorium vermutlich eher Anzug mit Fliege oder Krawatte. Bei beidem ist das große Orchester dabei. Beim Liederabend fällt das ja weg. Da sind nur Sie und das Klavier. Ich frage jetzt mal metaphorisch: Wie nackt fühlen Sie sich denn da als Sänger in so einem Liederzyklus?
Mauro Peter: Man fühlt sich schon recht nackt, das stimmt. Aber das macht mir nichts aus, obwohl ich ansonsten nicht so veranlagt bin. Hier kann ich diese Seite sehr gut ausleben – in Form des Liedsingens. Und ja, man ist da wirklich nur zu zweit und hat natürlich alle Freiheiten. Meine Pianistin Akemi Murakami ist total auf mich eingestellt an diesem Abend. Das ist auch etwas sehr Intimes: Zwei Menschen machen etwas, erzählen was, das direkt mit dem Publikum geteilt wird. Das finde ich schon sehr schön.
BR-KLASSIK: "Die schöne Müllerin" von Schubert – was steckt denn da für ein Männerbild drin in diesem einsamen Wanderer auf der Suche nach der Liebe? Und können Sie da als Mann heute auch noch was rausziehen, also sich mit dem Wanderer identifizieren?
Mauro Peter: Ja, unbedingt! Er geht ja sehr positiv in die Welt raus und hat das Gefühl, dass er diese Müllerin sehr schnell herumkriegt. Dann aber merkt er, es ist doch nicht so einfach. Ich finde es spannend, wie er als Mann damit umgeht. Diese hochromantische Art, sich dann ins Elend zu stürzen und das Leben zu nehmen, das war damals sehr aktuell. Er muss da durch. Er muss durch seine Eifersucht durch, da wütet er. Das wirft ihn auf die eigene Verletzlichkeit zurück. Das lässt ihn Zartheit zeigen. Da soll man auch keine Scheu haben, es ist überhaupt nichts Unmännliches.
Ich finde es schön, dass es einen auf die eigene Verletzlichkeit zurückwirft.
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Mauro Peter; "DIE SCHÖNE MÜLLERIN"; Franz Schubert
BR-KLASSIK: Sie sind ja gleichzeitig noch mit Hugo Wolfs Italienischem Liederbuch unterwegs. Das sind 46 Lieder, wobei Sie sich die mit einer Sopranistin teilen. Aber dennoch: Wie merken Sie sich all die Texte? Wie viele Lieder haben sie aktuell im Kopf?
Mauro Peter: Das sind genau 24 pro Sänger beziehungsweise Sängerin. Und da haben wir jetzt gemerkt, dass das eigentlich wahnsinnig schnell reingeht, weil die Lieder relativ kurz sind. Es sind wenige Strophenlieder dabei. Das hilft natürlich auch. Irgendwann hat man auch die Emotion dazu im Kopf und dann geht's.
Irgendwann hat man die Emotionen dazu im Kopf – dann geht's.
BR-KLASSIK: Haben Sie denn trotzdem eine Strategie, wenn mal ein Texthänger daherkommt? Wie gehen Sie damit um?
Mauro Peter: Es ist mir Gottseidank sehr, sehr selten passiert. Lustigerweise fühlen sich diese Momente immer an wie Ewigkeiten. Es ist aber nur eine halbe Sekunde. Und zum Teil sagen mir dann Leute im Publikum: 'Ach, ich habe da gemerkt, dass du kurz nicht sicher warst, aber ich habe gar nicht genau gewusst ...' Man stammelt dann irgendwas Sinnhaftes. Oder auch mal Kauderwelsch.
BR-KLASSIK: Aber die Kunst ist dann auch, das mit voller Überzeugung zu brabbeln, oder?
Mauro Peter: Genau. (lacht)
Samstag, 15. Februar 2025 um 19:30 Uhr
Johannissaal im Schloss Nymphenburg, München
Franz Schubert: "Die schöne Müllerin"
Mauro Peter, Tenor
Akemi Murakami, Klavier
Eröffnungskonzert von LIEDERLEBEN 2025
Sendung: "Allegro" am 13. Februar 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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