Modern Dance zu Mozartklängen: Wie sich das verträgt, zeigte das Theater Regensburg am Wochenende bei der Premiere "Mozart Mozart". Um das Musikgenie tanzend zu porträtieren, halfen Perücken, Notenblätter – und ein Quader.
Bildquelle: Bettina Stöß
Bereits vor dem Einsetzen der Musik – nicht immer unbedingt brillant gespielt vom Philharmonischen Orchester Regensburg unter der Leitung von Arturo Bo – wird klar: Dies ist kein illustrativer Ballettabend mit steifen Rokokotütüs à la Mozart-Zeit. Der Abend dreht sich vielmehr um die vielschichtige Persönlichkeit von Wolfgang Amadeus Mozart.
Wie eine indische Gottheit mit vielen Armen: Szene aus "Mozart Mozart" am Theater Regensburg. | Bildquelle: Bettina Stöß
Zunächst treten Tänzer*innen hintereinander gestellt vor den Vorhang und bewegen in der Art einer indischen Gottheit zeitversetzt ihre vielen Arme. Ein eindringliches Bild! Genau diese vielen Arme hätte Mozart eigentlich gebraucht, um seine unglaublichen über 600 Werke in nur 35 Lebensjahren zu Papier zu bringen. Aber dann natürlich in Regensburg: Mozartmusik, und zwar Streichquartett Nr. 3 in D-Dur.
Die Bühne beherrscht ein riesengroßer Quader, der völlig im Gegensatz zur Schwerkraft nur auf einer seiner Spitzen am Boden ruht. Ein schönes Symbol ist das für das Mozartsche Genie. Der Komponist war ja – wiederum im Gegensatz zu dem, was der Film "Amadeus" von Miloš Forman in Ansätzen suggeriert – ein sehr systematischer Arbeiter und kein genialischer Wirrkopf. Nicht zu vergessen seine berühmte Bodenständigkeit und Liebe zu den Freuden des Alltags. Der sinnbildliche Quader schwebt drum auch nicht in der Luft.
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Wenn die Tanzenden mit Notenblättern in der Hand durch den Raum wirbeln, ergeben sich eindrucksvolle Bilder. | Bildquelle: Gerhard W.H. Schmidt Die TänzerInnen schlüpfen im Schatten des Quaders abwechselnd in die Rolle des Komponisten. Anfangs soll laut Luca Signoretti, dem Choreographen dieses ersten Teils des Ballettabends, Mozarts Reisetätigkeit dargestellt werden, was nur bedingt gelingt. Immerhin ergeben sich beeindruckende Bilder, wenn die Tanzenden mit Notenblättern in der Hand durch den Raum wirbeln, das Ganze mit Videoprojektionen von Klavierauszügen verstärkt. Es entsteht das Bild einer aus dem scheinbaren Chaos allmählich sich zusammenfügenden Orchesterpartitur. Als Nächstes geht es um Mozart und die Liebe. Da sehen wir trotz Modern Dance verschiedene Pas de Deux oder auch Pas de Trois, die von Leidenschaft über Sinnlichkeit, Humor und Eifersucht so ziemlich alle möglichen Liebesfacetten enthalten, bis hin zur Vulgarität.
Tanzabend von Luca Signoretti und Georg Reischl - Uraufführung
Mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart
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Der zweite Teil des Abends zeigt zunächst bei der "Kleinen Nachtmusik", später bei der berühmten Sinfonie Nr. 40 eine ländliche Idylle. Anfangs ist es Nacht. Wie irrlichternde Glühwürmchen bewegen sich die jetzt bunter kostümierten Tänzerinnen und Tänzer durch die friedliche Landschaft. Waren sie in Teil eins nur mit dunklen Bodys bekleidet, sehen wir sie jetzt in Jeans und T-Shirt, auf dem Kopf mozartgemäße Perücken, allerdings verfremdet: Silbergrau und wild zerzaust erinnern sie an die Sängerin Amy Winehouse kurz vor ihrem Absturz und Tod, eine Parallele zur Flüchtigkeit von Mozarts Leben. Regensburgs Ballettdirektor Georg Reischl hat den zweiten Teil von "Mozart, Mozart" choreographiert.
Laureen Olivia Drexler und Filippo Buonamassa tanzen zur Choreografie von Luca Signoretti. | Bildquelle: Gerhard W.H. Schmidt Natürlich fehlt bei dieser Mozart-Tanzproduktion auch nicht das Kapitel "Mozart und der Kommerz" beziehungsweise die zum Teil hysterische Rezeption des Phänomens Mozart, die beide choreographisch sinnfällig dargestellt werden. Dennoch ergibt sich unterm Strich ein positives Bild. Man wird nämlich das Gefühl nicht los, dass sich die Tänzer*innen der Mozartschen Musik und seinem Genius im Verlauf des Abends immer weniger entziehen können. Wie die zunächst wilden Tiere in der "Zauberflöte" durch die Musik wie magisch zu friedliebenden Geschöpfen mutieren, so geht es hier den Protagonisten der Choreographie: Sie verfallen ihr tänzerisch lustvoll.
Sendung: "Leporello" am 2. Mai 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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