Junge Leute ins Konzert bringen, klassische Musik vom staubigen Image befreien – das hat sich das Mozartfest Augsburg mit seiner Programmplanung vorgenommen. Herauskommt: Schubert trifft Punk und Techno auf Streichquartett.
Bildquelle: Julien Mignot
"Ich finde, die Musik hat so viel Lebendiges, und es ist nicht schwer, und es ist nicht alt", sagt die Cellistin Julia Hagen. Sie will dem verstaubten Image der klassischen Musik entgegentreten. Eine Freundin, erzählt sie, hatte sie mal gefragt, warum es bei klassischen Konzerten oft so steif zugehe. Und sie war nicht die einzige, die der jungen Musikerin zu denken gab: "Neulich hatte ich mich mit einem Taxifahrer unterhalten, der hat gesagt, er lebt seit 25 Jahren in Wien und möchte unbedingt in die Staatsoper, aber er weiß zum Beispiel einfach nicht, was er anziehen soll", berichtet sie. Daran sehe man erst einmal, worüber sich die Leute so Gedanken machen, überlegt sie weiter. Mit dem Taxifahrer habe sie dann gequatscht und erklärt, dass er da in die Oper sehr gerne einfach hingehen könne.
"Ich glaube schon, dass man da einfach vielleicht auch mehr zeigen muss. Das ist alles nicht so versteift, wie man sich das vielleicht vorstellt. Und ich glaube, wenn diese Furcht oder der Respekt erstmal abgelegt wird, dann merkt man, wie viel Lebendigkeit eben doch in einem klassischen Konzert steckt. Hoffentlich."
Mozart ist tatsächlich mit das Leichteste, das Fluffigste, was es in diesem Bereich gibt.
Das ist eines der zentralen Anliegen beim diesjährigen Mozartfest in Augsburg. Festivalleiter Simon Pickel will diesen Stempel "Klassische Musik ist steif und schwer" loswerden. "Mozart und schwer, das glaube ich überhaupt nicht. Mozart ist tatsächlich mit das Leichteste, das Fluffigste, was es in diesem Bereich gibt", erklärt er. Und er will über das Mozartfest mit Hilfe von jungen und hervorragenden Talenten wie Julia Hagen ein jüngeres Publikum erreichen.
Hagen spielt am kommenden Sonntag gemeinsam mit dem Mozarteum Orchester Salzburg und steuert die Rokoko-Variationen von Peter Tschaikowsky bei. "Tschaikowsky war ein großer Mozart-Fan, und die Rokoko-Variationen sind nicht nur sehr elegant und spielerisch, sondern auch schlicht. Man hört schon den Einfluss von Mozart“, sagt Julia Hagen.
Simon Pickel | Bildquelle: Marko Petz "Gemeinsam feiern" lautet das Motto des diesjährigen Mozartfests. Aus Sicht des Augsburger Kulturreferats lebt eine kraftvolle Demokratie von einem engagierten Miteinander. Festivalchef Simon Pickel will damit aber eher auf die gemeinsamen und einzigartigen Momente hinaus, die während eines Live-Konzerts entstehen. Er betont die Gemeinsamkeit, die in einem Konzerterlebnis steckt. Das Ganze entstehe erst durch die Anwesenheit von Publikum und Musizierenden. "Und im besten Fall reagieren die aufeinander, und dadurch entsteht wieder etwas Neues", erklärt er.
Dieses Miteinanderagieren und das gemeinsame Konzerterlebnis will er durch ein Programm erreichen, das auch mal Leute anspricht, die bisher eher weniger mit Mozart am Hut haben. So wird Pianist Fazıl Say seine ganz eigenen Interpretationen von Beethoven und Mozart auf die Bühne bringen. Empfehlenswert findet Simon Pickel in dieser Hinsicht auch das Konzert vom Quatuor Ébène, das in Augsburg neue musikalische Türen öffnen soll. Als "Experimentallabor, als Klanglabor vom Feinsten", bezeichnet Pickel das französische Streichquartett, das weit über die Grenzen des klassischen Repertoires hinausgeht. In diesem Jahr gibt es vom Quatuor Ébène das Programm "Waves", mit Xavier Tribolet, einem belgischen Elektronik-Künstler.
Zu Gast ist auch der Schauspieler Charly Hübner unter dem Titel "Mercy Seat – Winterreise" treffen an diesem Abend die einzigartige Stimme Hübners, Franz Schuberts "Winterreise" und die Musik des australischen Punk Lyrikers Nick Cave aufeinander. Begleitet wird Hübner vom Ensemble Resonanz.
Doch auch Mozarts Klarinettenkonzert und ein Abend mit der Bayerischen Kammerphilharmonie werden nicht fehlen an den zehn Festivaltagen. Pickel wagt den Spagat beim Mozartfest und hofft auf Erfolg: "Wir machen keine verstaubte, elitäre Klassik. Wir werfen aber natürlich auch nicht alles über Bord. Aber wenn die jungen Leute, die in dieses Konzert gehen, sagen, yo cool, da ist ein Streichquartett. Es spielt eigentlich ziemlich geil.‘, vielleicht hören sie sich dann auch mal ein Konzert an, wo nur ein Streichquartett spielt", hofft Pickel. Dass jetzt alle jungen Leute in sämtliche klassische Konzerte rasen, das erwarte er natürlich nicht. "Das ist ein dickes Brett, man muss einfach Offenheit dafür schaffen", sagt er.
Sendung: "Leporello" am 7. Juni 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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