Schon als Kind war Valentin Schwarz Wagner-Fan, jetzt inszeniert der 33-jährige Regisseur den kompletten Ring in Bayreuth. Er meint: Der Ring spielt im Hier und Heute.
Bildquelle: Bayreuther Festspiele GmbH / Foto: Jörg Schulze
Valentin Schwarz ist ein Wagner-Fan. Daraus macht er keinen Hehl und das spürt man auch sofort. Der große, schlanke Mann mit der markanten Lockenpracht hat Ahnung von der Materie. Mehr noch: Sie liegt ihm am Herzen! Schon als Bub hörte er den Ring, dirigiert von Georg Solti, rauf und runter. Dieser Same, der über die Emotion gesät wurde, ging dann über das Hinterfragen und Reflektieren auf. Er kennt die Rezeptionsgeschichte des Rings genau und weiß um musikalische Details. Dementsprechend ist es schon etwas Besonderes für ihn, mit 33 Jahren auf dem Grünen Hügel Wagners Opus summum zu inszenieren: „Das Gefühl hier auf den Holzbohlen zu gehen im Zuschauerraum, wo er selber seine Schritte hingesetzt hat, das nötigt erstmal auch eine gewisse Demut von einem ab, und ein Gefühl auch, sich in einer Geschichte zu bewegen. In einer Rezeptionsgeschichte, tatsächlich Teil dieser Geschichte zu sein.“
Der Ring spielt im Hier und Heute
Bildquelle: picture alliance/dpa | Daniel Karmann Beeindruckend reflektiert erlebt man Valentin Schwarz. Ernsthaft und hochprofessionell – er spricht nahezu druckreif – aber auch verschmitzt und locker tritt er auf. Den immensen Druck, der auf ihm lastet, kann man bestenfalls erahnen. Er konzentriert sich auf das Familiendrama im Ring und möchte die Entwicklung der einzelnen Figuren zeigen. Im Alter, in der Geisteshaltung, in den Sehnsüchten und Lernprozessen. Denn so berühren sie das Publikum unmittelbar: "Der Ring spielt im Hier und Heute. Das sind Figuren, die uns interessieren. Diese innerfamiliären Konflikte und Schicksale finden jetzt statt und haben eine unglaubliche psychologische Spannung. Und in dieser Kombination aus dieser sehr, sehr berührenden Psychologie gemeinsam mit dem wirklich mythologischen Fundament, was Wagner uns da bietet, glaube ich, dass dieser Ring sehr, sehr universell sein darf."
Der Stuttgarter GMD Cornelius Meister hat nicht lange gezögert, als die Festspiele dringend einen Ring-Dirigenten suchten. Eigentlich war Pietari Inkinen dafür vorgesehen, wegen einer schweren Coronaerkrankung musste er aber kurzfristig absagen. Wenn die in der Klemme steckten, dann helfe man natürlich, so Meister zur Begründung, der urpsünglich den Tristan dirigieren sollte .Meister kennt sowohl das Werk, das er schon mehrfach dirigiert hat, als auch den Graben. Denn er war schon als Assistent hier, zum Beispiel von Pierre Boulez im Parsifal. Seitdem hat ihn dieser besondere Ort nicht mehr losgelassen.
Man wird aufgenommen in diese Festspielfamilie.
Ob er sich dennoch Tipps für die heikle Akustik des Festspielhauses besorgt, zum Beispiel von Christian Thielemann? Für Cornelius Meister ist das eine Selbstverständlichkeit: "Die Weitergabe der Erfahrung ist für mich das A und O. Überall, aber hier in Bayreuth nochmal besonders. Das sind ja mündliche Weitergaben. Also da gibt es ja keine Bücher, die man lesen könnte. Sondern man wird aufgenommen in diese Festspielfamilie und alle diejenigen, die es hören wollen – und ich bin begierig danach – saugen das auf, was Generationen vor ihnen an Erfahrungen gemacht haben."
In der Sängerriege des "Rings" dominieren erfahrene Bayreuth-Recken, wie Klaus Florian Vogt, Georg Zeppenfeld, Albert Dohmen oder Lise Davidsen. Nach Günther Groissböck, der die Partie letztes Jahr zurückgegeben hat, und John Lundgren, der sich wegen "schwerer persönlicher Probleme" zurückziehen musste, singen den Göttervater jetzt zwei Heldenbaritone: Egils Silins im Rheingold und Tomasz Konieczny in der Walküre bzw. Siegfried. Und seine Tochter Brünnhilde? Die übernimmt Iréne Theorin. Im Siegfried singt Daniela Köhler das "kühne, herrliche Kind".
Das Bayreuther Festspielhaus | Bildquelle: Bayerischer Rundfunk 2022 Für Iréne Theorin ist Wagner ständiger Lebensbegleiter geworden. Durch die intesive Beschäftigung lerne sie nicht nur immer wieder Neues in seiner reichhaltigen Musik kennen, sondern durch die immer neue Auseinandersetzung mit den Charakteren in Neuproduktionen entwickele sie sich auch persönlich weiter. Wagner sei jeden Tag mit ihr und es sei sehr erfüllend, mit seiner Musik zu arbeiten. Immer noch lerne sie dazu, und: "I develop as a person as well."
Das Rheingold
31. Juli, 20.04 Uhr auf BR-KLASSIK
Die Walküre
1. August, 20.04 Uhr auf BR-KLASSIK
Siegfried
3. August, 20.04 Uhr auf BR-KLASSIK
Götterdämmerung
5. August, 16.00 Uhr Video-Livestream auf BR-KLASSIK Concert
5. August, 20.04 Uhr auf BR-KLASSIK
6. August, 20.15 Uhr 3sat
Lohengrin
24. September, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK
Tannhäuser
22. Oktober, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK
Der Fliegende Holländer
19. November, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK
Sendung: "Allegro" am 29. Juli 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (3)
Donnerstag, 04.August, 18:28 Uhr
ABR
Der Ring... zu soooo später Stunde!
Einmal "vorschlafen" für die Götterdämmerung auf 3sat kann man ja am Wochenende einrichten - aber oh Wunder, es gibt einen Livestream am Freitag - ausgerechnet! Alle anderen langen Opern wäre schon sehr schön gewesen, wie immer - andere Kommentare erwähnen es bereits - live zumindest am Radio mitverfolgen zu können. Geht das denn nicht noch nachträglich?? Es gibt sie halt auch in diesen Zeiten noch, die verzweifel(nde)te Fangemeinde, für die es musikalisch eben wirklich Bayreuth sein muss und nicht irgendein Provinzorchester, wo sich der Intendant auf Kosten der Steuerzahler seinen Lebenstraum erfüllt.
Montag, 01.August, 18:09 Uhr
Susan
Ring auf BR Klassik
In der Tat, sehr schade, dass der Ring nicht Live im Radio kommt. Das Live-Erlebnis ist durch Nichts zu ersetzen! Und was - bitte schön -soll uns die Primetime, wenn man bis nachts um 2 Uhr am Radio sitzen muss. Nicht alle Neuerungen sind auch Verbesserungen. Schön, dass es die Götterdämmerung als Live-Stream online gibt und später auf 3SAT in der Mediathek, aber warum dann nicht gleich den ganzen Zyklus in die Mediathek stellen, vielleicht auch erst im Herbst, wenn man nicht mehr nach Bayreuth fahren kann. Jedenfalls ganz klar die Bitte: im Radio Bayreuth wieder live übertragen und das gilt auch für die anderen Vorstellungen zur Festspielzeit.
Sonntag, 31.Juli, 14:15 Uhr
Thomas
Ausgesprochen schade, dass man in diesem Jahr den neuen RING auf BR Klassik (von der Götterdämmerung abgesehen) nicht live miterleben kann. Das gab es, soweit ich mich erinnere, noch nie. Seit dem Solti/Hall-Ring 1983 habe ich keinen Neuinszenierungs-Zyklus am Radio verpasst. Durch die Berichterstattung im Vorfeld fiebert man auf die Premierentermine hin und muss sich dann mit der zeitversetzten Übertragung ab 20 Uhr teils bis spät in die Nacht begnügen. Sehr bedauerlich.