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Erst Bachs Goldberg-Variationen, jetzt Disney-Musik. Für den Pianisten Lang Lang kein Widerspruch. In einer Zeit voller Krisen präsentiert er Musik aus der heilen Welt der Disney-Filme mit ganz neuen Arrangements. Und erklärt, was Disney-Songs mit Liszt zu tun haben.

BR-KLASSIK: Lang Lang, haben Sie als Kind viele Disney-Filme geschaut?

Lang Lang: Ja, ich war ein großer Fan von Zeichentrickfilmen und habe viele Disney-Filme gesehen. Da gibt es so viele großartige Filme: "Schneewittchen", "Aladdin", "Die Schöne und das Biest". Also ja, ich war schon immer ein großer Fan: von der Musik, aber auch von den Geschichten.

BR-KLASSIK: War Ihr Lieblingsfilm bei der Aufzählung schon dabei?

Lang Lang: Von all den Disneyfilmen würde ich sagen: "König der Löwen". Es ist so eine wunderschöne Geschichte – und die Musik! Immer wenn ich die großartigen Afrika-Motive höre – die sind einfach wunderbar.

Lang Lang nahm Disney-Song für seinen Sohn auf

BR-KLASSIK: Welcher Disney-Song gefällt Ihnen am besten?

Lang Lang: "Can You Feel The Love Tonight" ist auf jeden Fall einer der schönsten Songs. "Let It Go" aus "Frozen" ist unglaublich und auch "When You Wish Upon The Star", dieser Song ist einfach so wunderschön. Den hab ich übrigens mit meiner Frau zusammen aufgenommen, vor allem für meinen Sohn – und für alle neugeborenen Babys auf der ganzen Welt.

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Lang Lang - Feed The Birds from "Mary Poppins"

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BR-KLASSIK: Wie kam es zu diesem Album "The Disney Book"? Erst haben Sie die Goldbergvariationen von Bach aufgenommen und jetzt Disney.

Lang Lang: Das ist natürlich ein ganz spannender Kontrast zwischen den Goldbergvariationen und dem "Disney Book". Ich wollte alle meine Lieblingsanimationsfilme in neuen Arrangements aufnehmen, irgendetwas machen, was sich stark am Klavier orientiert: beispielsweise an einem Klavierkonzert von Liszt oder Rachmaninoff.

BR-KLASSIK: Haben Sie bei den Arrangements mitgewirkt?

Lang Lang hat für sein neues Album "The Disney Book" mit zehn Komponisten zusammengearbeitet. | Bildquelle: Simon Webb Wir hatten mehr als zehn Komponisten, die sehr eng mit mir und meinem Produzenten zusammengearbeitet haben, um wirklich jede Note genau so zu machen, wie wir sie uns gedacht haben. Die "Mary Poppins Fantasy" zum Beispiel haben wir versucht im Stil von Liszts Rhapsodie Nr. 2 zu arrangieren, und davon dann noch die Horowitz-Version. Das war am Anfang gar nicht so leicht, weil ich in Shanghai war und keiner kommen konnte wegen Corona. Das heißt, wir mussten viel online arbeiten, mit verschiedenen Leuten in verschiedenen Zeitzonen. Wir haben ganze zwei Jahre daran gearbeitet und an sechs verschiedenen Orten auf der Welt aufgenommen – nur den Ton. Beim Video waren es neun.

Brauchen wir die heile Disney-Welt?

BR-KLASSIK: Im Disney-Universum geht es um die heile Welt. Brauchen wir das gerade heute?

Lang Lang: Das ist eine schwierige Frage, weil in Disney-Filmen am Anfang immer der stirbt, den man am meisten liebt. So fängt es doch normalerweise an – bei "Cinderella", bei "Frozen". Es kommt immer zuerst die Tragödie und dann die glückliche Wendung. Wir alle wissen: Die Welt heutzutage ist keiner einfacher Ort. Die Musik soll der nächsten Generation ein gutes Gefühl geben und Hoffnung und ihr zeigen, dass die Welt immer noch ein wunderschöner Ort ist. Aber genau daran müssen wir auch arbeiten.  

BR-KLASSIK: Würden Sie sagen, dass diese Musik für Kinder ist?

Ist im Juni 2022 40 geworden: Der Pianist Lang Lang | Bildquelle: Simon Webb Lang Lang: Ich würde nicht sagen, dass es nur Musik für Kinder ist, sondern für alle, die im Herzen Kind geblieben sind. Jeder Mensch besitzt irgendwo noch etwas Kindliches. Im Kopf bin ich zwar 40 – gerade wenn ich Werke großer Komponisten spiele – aber ich glaube mit den Disney-Themen reist jeder dann wieder zurück in seine Vergangenheit. Deshalb haben wir auf unserem Album nicht nur Musik von heute, sondern auch von vor 70 Jahren: "Die drei kleinen Schweinchen" oder "Das Dschungelbuch". Die Idee ist, das Kind in einem zu wecken, egal wie alt man ist.

Lang Lang: Krisen mit Liebe begegnen

BR-KLASSIK: Wenn wir noch einmal zu unserer Krisenwelt kommen – wo sehen Sie da Ihre Rolle als Künstler?

Lang Lang: Wir müssen mithilfe der Musik Brücken zwischen Menschen bauen. Das hat auch etwas mit den Disney-Filmen zu tun: Die Protagonisten stammen aus den unterschiedlichsten Kulturen. Mulan ist aus China, Aladdin aus dem Mittleren Osten, "Der König der Löwen" könnte überall spielen, Encanto ist aus Kolumbien, Coco aus Mexiko. Merken Sie, was ich meine? Ich will die Liebe aus den verschiedenen Ecken der Welt mithilfe von Musik in unsere Herzen bringen.

Sendung: "Allegro" am 19. Oktober 2022, um 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK