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Omer Klein Trio in Augsburg Wenn drei Musiker zu einer Einheit verschmelzen

Wenn sie zusammen spielen, verschmelzen ihre Köpfe und Herzen zu einer Einheit, sagt Omer Klein. Am Dienstagabend gastiert der israelische Pianist mit seinem Trio in Augsburg. Was sie dann genau spielen werden, entscheiden sie erst auf der Bühne.

Omer Klein Trio | Bildquelle: Alexander Heil

Bildquelle: Alexander Heil

BR-KLASSIK: Wer ist der Boss in Ihrem Klaviertrio?

Omer Klein: Das hängt davon ab, wie man es meint. Rein technisch gesehen, im Tour-Alltag, bin ich vermutlich der Typ, bei dem die Fäden zusammenlaufen, der schaut, dass alles auf der Bühne passt, dass es keine sonstigen Probleme gibt und so weiter – obwohl ich mich nie als Boss von jemanden sehen oder bezeichnen würde. Aber musikalisch haben wir eigentlich keinen Boss. Darunter würde auch die Musik leiden, finde ich. Denn gerade der Jazz lebt doch von dem spontanen Moment, von der Offenheit, zu reagieren, was die anderen anbieten. Wir bringen beim Spielen wirklich unsere Herzen und Köpfe zusammen, verschmelzen zu einer Einheit.

Gerade der Jazz lebt doch von dem spontanen Moment, von der Offenheit, zu reagieren, was die anderen anbieten.
Omer Klein

BR-KLASSIK: Wenn Sie auf Tour gehen, ist das Programm dann fix?

Omer Klein: Wenn wir gerade touren, während wir ein neues Album haben, liegt es natürlich auf der Hand, diese Stücke zu spielen. Aber wir überraschen uns auch gerne. Also eine konkrete Setliste haben sowieso nicht. Nur das erste Stück ist meistens klar. Und wenn das dann aus ist, dann habe ich oder jemand anders im Trio ein Gefühl, was vielleicht passen könnte. Und der fängt dann einfach an. Und je länger eine Tour ist, desto mehr bringe ich Neues von mir ein. Oder wir covern was. Einfach beim Soundcheck kurz angespielt und dann zack – beim Konzert raus damit. Das sind dann die wahren Momente der Kreativität und Freiheit.

Das Omer Klein Trio beim Jazzsommer Augsburg

Am 6. August tritt das Omer Klein Trio im Botanischen Garten beim 32. Jazzsommer Augsburg auf. Beginn: 20:00 Uhr. Alle Infos finden Sie auf der Webseite des Jazzsommers.

BR-KLASSIK: Wie variabel sind dann die eigenen Stücke – klingen die dann auch immer anders?

Omer Klein: Ja, absolut, das ist auch eine Form, um unsere Arbeit immer zu hinterfragen. Wenn ich spät in der Nacht im Bett liege und feststelle, dass ich irgendeine Stelle fast genauso auch den Abend vorher gespielt habe, dann ist klar: Lass dir gefälligst was einfallen für den nächsten Auftritt. Es muss nichts Radikales sein, manchmal genügt nur ein kleines Detail, das Wirkung zeigt. Es ist ein bisschen wie in einem Interview. Sie kennen das sicher auch: Man will nicht, dass es sich anfühlt wie tausend andere auch. Selbst wenn es um ein Thema geht, mit dem man sich schon zigmal beschäftigt hat. Also: Ich habe die Stücke zwar oft gespielt, aber eben noch nie an diesem Ort und an diesem Abend. Ich versuche, mir diese Einzigartigkeit des Moments immer bewusst zu halten.

BR-KLASSIK: Das Omer Klein Trio ist ein israelisches Trio. Wie bewegt Sie die aktuellen Situation?

Omer Klein: Israelischer Staatsbürger zu sein, ist sozusagen ein Vollzeitjob. Wir sind mit den Problemen aufgewachsen, seit unserer Kindheit gab es nie wirklich eine stabile Phase. Es gab immer etwas, über das man sich Sorgen machen musste. Das finde ich sehr traurig, tragisch. Natürlich leben wir drei aktuell nicht in Israel, aber wir haben natürlich viele Verwandte und Bekannte, um die wir uns sorgen. Aber das ist alles unglaublich tragisch. Und mir fällt jetzt auch nichts Originelles ein, außer dass ich mir wirklich von ganzem Herzen eine Zukunft wünsche, die besser ist als das, was wir hatten und aktuell haben.

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Omer Klein Trio | Live at Leverkusener Jazztage 2023 | Bildquelle: Omer Klein (via YouTube)

Omer Klein Trio | Live at Leverkusener Jazztage 2023

BR-KLASSIK: Was kann Musik bewirken?

Omer Klein: Ich finde, das ist eine Frage, die sich alle Menschen stellen sollten, die Musik anhören: Was gibt sie mir? Das ist sehr subjektiv, und ich persönlich kann auch trennen zwischen Musik selbst machen und nur hören. Und ich kann, abhängig von der jeweiligen Stimmung, verschiedene Glücksgefühle durchwandern. Aber es hängt auch von der Art der Musik ab. Wenn ich zum Beispiel große Meisterwerke der Klassik anhöre, nehmen wir eine Symphonie, dann ist da auch eine starke intellektuelle Ebene. Ich versuche, mich wirklich die ganze Zeit darauf einzulassen, so als würde ich ein Buch lesen und Satz für Satz mehr vom der Handlung verstehen. Aber klar, es gibt auch die Momente, da höre ich Rock'n'Roll oder was ganz Rhythmisches, wenn ich Sport mache oder so. Musik kann tatsächlich berauschende Wirkung haben, wie Drogen in einer gesunden Dosis. Und andererseits kann sich auch die Wahrnehmung ändern. Während wir sprechen, schaue ich zum Beispiel auf Bäume vor meinem Zimmer. Und je nach Art der Musik, die ich anhöre, würden auch die Bäume anders ausschauen. Für mich ist Musik eine Erweiterung des Lebens. Eine wundervolle Bereicherung.  

Sendung: "Leporello" am 6. August 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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