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Kritik – Wagner an der Staatsoper Berlin Ein Ring ohne Chef

Es sollte ein Geschenk für Daniel Barenboim zum 80. Geburtstag werden. Der Ring des Nibelungen an seinem Haus mit seiner Staatskapelle. Jetzt steht Christian Thielemann am Pult, Barenboim musste aus gesundheitlichen Gründen das Dirigat abgeben. Das Rheingold wird bei der Premiere zu einem Thielemann-Triumph.

Solistenszene in einem Foschungsinstitut. | Bildquelle: Monika Rittershaus/Staatsoper Berlin

Bildquelle: Monika Rittershaus/Staatsoper Berlin

Ein Ring ohne den Chef. Undenkbar vor einem Jahr. Daniel Barenboim hatte noch die Generalprobe des Rheingolds vor wenigen Tagen besucht, gestützt auf helfende Hände, es geht ihm gesundheitlich schlecht. Zur Premiere kam er nicht. Sie geriet zu einem Triumph für seinen Wunsch-Ersatz, für Christian Thielemann. Das Publikum jubelte dem in Berlin aufgewachsenen und auf der ganzen Welt für seine Wagnerdirigate gefeierten Künstler zu. Thielemann ist spät eingesprungen, um in zwei Zyklen dieses aufwändigste und anstrengendste Werk des Musiktheaters zu dirigieren. Wagners Ring, ein Mythos mit einer Nettospielzeit von 15 Stunden. Für jedes Opernhaus die größte Herausforderung, zumal mit vier Premieren in einer Woche. Berlin hat innerhalb eines Jahres zwei Ringinszenierungen gestemmt, die unterschiedlicher kaum sein können.

Es inszeniert der Russe Dimitri Tscherniakow

Der russische Regisseur Dimitri Tscherniakow verlegt den Ring an der Staatsoper in ein Forschungsinstitut. Null Mythologie: Göttervater Wotan gibt den Chef, Riesen und Menschen sind Versuchsobjekte. Eine starke Idee, getragen zudem von grandiosen Bühnenbildern mit acht Räumen aus den 60er Jahren bis heute. Ob Rheingoldklau oder Göttervergreisung, die Bühne dreht und hebt und senkt sich mit einem Stresslabor, einer Wartehalle, einem Hörsaal, einem Korridor, einem Zwischenstock mit echten Kaninchen in Käfigen. Wotan und Loge fahren in einem Fahrstuhl runter in eine Kellerwerkstatt für die armen Nibelungensklaven und die Riesen verhandeln ihren Lohn im Konferenzraum.

Die Inszenierung dehnt sich

Stefan Herheim hat vor einem Jahr an der Deutschen Oper eine sinnlich-bunte, oft bis an die Schmerzgrenze prall überfüllte Tetralogie inszeniert. Tscherniakows Ring an der Staatsoper ist stringenter, strenger, intellektueller. Große Momente faszinieren. Alberich ist ein armes Versuchskaninchen unter einer Elektrodenhaube, seine Geilheit steuern die Laborchefs. Das überrascht, aber es fehlen oft die Bilder zu Wagners Erzählung. Wenn die Riesen ihren Lohn fordern und die Götter das Gold auftürmen müssen, geschieht auf der Bühne nichts dergleichen. Das zerdehnt die zweieinhalb Stunden, viele Blicke im Zuschauerraum gehen diskret auf die Uhren.  

Strahlende Staatskapelle unter Christian Thielemann

Hin und wieder und zum Glück selten nimmt Thielemann die Tempi etwas sehr langsam. Michael Volle als Wotan, Vida Mikneviciute als Freia oder Stephan Rügamer als Mime singen wie fast alle Solisten textverständlich und fein und großartig und wagnergemäß. Mit einer Ausnahme: Rolando Villazon spielt einen hinreißenden Feuergott Loge, hintertrieben und mit viel Witz. Stimmlich jedoch hat er weder dem Publikum noch sich selbst mit dieser Rolle einen Gefallen getan. Buhs für Sängerinnen und Sänger sind immer ein No Go. Nichtklatschen wäre die feinere Variante gewesen. Allein, der Buhsturm war nicht zu überhören.

Sendung: "Allegro" am 04. Oktober ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Dienstag, 04.Oktober, 21:10 Uhr

Arnd

Wagners ,Ring' in Berlin

Sehr zu wünschen wäre ein Mitschnitt und ein möglichst baldige Veröffentlichung dieses neuen ,Rings' als CD-Box, damit der absolut hervorragende Klang des Staatsopernorchesters und die gut verständlichen Sänger*innen zuhause (ohne die Regieeinfälle..) zu genießen sind !

Montag, 03.Oktober, 17:00 Uhr

Wolgang

Vermutungen

Angesichts der fragmentarischen Äußerungen der Autorin zur Inszenierung, können nur Vermutungen angestellt werden, wie dieselbe einzuordnen ist.

Natürlich werden Richards Wagners Ideen zu einem Gesamtkunstwerk wieder komplett ignoriert. Die Autorin deutet das an, wenn sie selbst sagt, dass die Bilder der Bühne nicht die durch die Dichtung festgelegte Handlung unterstützen, so dass diese ein verbal-sängerische Leerlauf ist. Natürlich ist diese Ursünde der Inszenierung mittlerweile so allgemein, dass sich ein Protestierer wie ein Geisterfahrer auf der Autobahn vorkommen muss, dabei erfüllt er nur die Rolle des Kindes in Andersens Märchen "Des Kaisers neue Kleider".

Die von der Autorin vage genannten Regie-"Ideen" (recte: pseudo-intellektuelle Aufpfropfungen im Dienste einer falschverstandenen "Aktualisierung) erscheinen auch keineswegs orginell, sondern sind auch schon in diversen Verhunzungen des Stoffes aufgetaucht (Labore, Gehirnwäsche, Versuchskaninchen etc.)

Fazi: Das Übliche.

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