BR-KLASSIK

Inhalt

Bilanz der Salzburger Festspiele 2021 Ein Festspielsommer der Extreme

Große Kunst, heftige Debatten und Schwitzen unter Masken – nicht nur die Feuilletons stritten bei den Salzburger Festspielen in diesem Sommer über dieses und jenes, auch in den Cafés und Restaurants wurde verbal gekämpft. Eine Bilanz zu den am 31. August zu Ende gehenden Festspielen.

Bildquelle: © picture alliance/APA/picturedesk.com

Salzburger Festspiele 2021

Eine Bilanz

Ist Dirigent Teodor Currentzis ein Hochstapler, der Begründer eines neuen, fast schon religiösen Kults? Der in der Tat gern etwas merkwürdig gekleidete und auftretende Künstler polarisierte, zunächst beim "Don Giovanni", den Romeo Castellucci in assoziative, superteure Bilder bettete. Teure Bilder? Nun ja, es kostet halt, wenn man ein Auto und manch anderes vom Bühnenhimmel fallen lässt oder den normalerweise nicht im Stück vorkommenden Protagonistinnen auf der Bühne (150 Damen aus Salzburg!) superschicke Kostüme auf die Leiber schneidert. Entgegen früherer Mozart-Deutungen blieb vieles diesmal bei Currentzis und seinem Ensemble musicAeterna merkwürdig blass, vor allem bei den Rezitativen. Mehr Fortune hatte er in einem reinen Mozartprogramm, hier überzeugte vor allem die Jupiter-Symphonie. Ein weitgehend auf CD vorliegender Rameau-Abend hingegen enttäuschte durch viel Schnickschnack (etwa das Musizieren im Fast-Dunklen).

Starke Konzerte

Im übrigen Konzertprogramm gab es viele sehr starke Abende, in der Reihe "Zeit mit Bach" interpretierte etwa Daniil Trifonov sensationell einfühlsam, nachspürend, meditierend die "Kunst der Fuge". Dem sehr feinfühligen Klangtüftler Morton Feldman waren vier Konzerte gewidmet, einmal trat Festspielintendant Markus Hinterhäuser auf und man spürte, wie sehr ihm diese Musik liegt und wie es ihm guttut, mal nicht nur als Organisator in Erscheinung zu treten.

Premieren und Wiederaufnahmen

Neben Wiederaufnahmen ("Elektra", "Così fan tutte") und Übernahmen von den Pfingst- und Osterfestspielen (Händels "Il trionfo", "Tosca") war die zweite genuine Premiere in diesem Sommer Luigi Nonos "Intolleranza 1960". Jan Lauwers zeigte das sehr politische Stück als flirrendes, radikales Tanztheater – der zentrale Emigrant wurde von Sean Panikkar fantastisch gesungen und dargestellt, Ingo Metzmacher animierte die Wiener Philharmoniker zu Höchstleistungen. Ein Statement in politisch und gesellschaftlich so unsicheren Zeiten, wie es treffender nicht hätte sein können!

Salzburg, Corona und 3G

Zu den Debatten des Sommers gehörte natürlich auch die Diskussion um Corona. Die Häuser durften voll bespielt werden, dafür waren Masken Pflicht. Ob es wirklich nötig ist, sich überall und konsequent zu maskieren – trotz 3G-Regel – mag man bezweifeln, es erhöht indes das Sicherheitsgefühl all jener, die dem Virus und seiner Verbreitung schlicht nicht trauen.

Was kommt?

Auch wenn die Festspiele am 31. August enden, wird es fürs Leitungsteam nochmal richtig heiß. Denn die langjährige Präsidentin Helga Rabl-Stadler tritt ab und sie war es, die Markus Hinterhäuser den Rücken freihielt, mit Sponsoren verhandelte, medial überaus präsent war. Es bleibt also spannend an der Salzach, der kommende Sommer soll – wie man hört – neben Mozart auch Neues von Puccini und Verdi bringen.

Sendung: "Allegro" am 25. August 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Montag, 30.August, 09:36 Uhr

Wilfried Schneider

EIN FESTSPIELSOMMER DER EXTREME

Dass es durchaus möglich ist, trotz Corona mit einer konsequent kontrollierten 3G-Auflage und (es erschien nach dem ersten und einzigen Corona-Fall offenbar nötig) FFP2-Maskenpflicht Kulturveranstaltungen bei vollen Häusern ohne Probleme durchzuführen, hat Salzburg bewiesen. Einer der wenigen, die sich darüber geärgert haben, dürfte der Herr Söder gewesen sein, der sicher alles tun wird, die Übernahme des Salzburg-Modells nach Deutschland (oder zumindest nach Bayern) zu verhindern. Ich habe die Aufführungen in Salzburg, trotz Maske, genossen! Endlich wieder Kultur ohne Einschränkungen des Platzangebotes! Darauf wird man in Deutschland sicher noch lange warten müssen. Besonders ärgerlich ist hier, dass ein Teil der verfügbaren Karten, wie in Bayreuth zu sehen war, an die kulturverhindernden Politiker und ihren Anhang vergeben wird. Der normale Kulturfreund wird oft ausgesperrt. Danke Salzburg!

Mittwoch, 25.August, 15:54 Uhr

josef wagner

schwitzen unter der giftigen maske

ganz einfach, ich habe die cosi karte verfallen lassen und bin hier im 14. Bezirk zu Hause geblieben. Die Tosca aus den Casematten in Graz war auch was Schoenes. Schwierig ohne Bühnenbild, und mit Ersatz aus Salzburg, aber ein super abend

    AV-Player