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Stimmbruch bei Sängerknaben Einschneidende Metamorphose

Bei Knaben ändert sich die Stimmlage in der Pubertät. Durch den Stimmbruch wechseln sie von Sopran oder Alt zu Tenor oder Bass. Wie fühlt sich dieses einschneidende Erlebnis eigentlich an? Quirin Seilbeck ist dieser Frage nachgegangen. Dabei blickt er auch auf seine eigenen Erfahrungen als Sänger bei den Regensburger Domspatzen zurück.

Bildquelle: BR/Eckhart Querner

Stimmbruch bei Sängerknaben

Einschneidende Metamorphose

Als sogenannter "Spätzünder" bin ich erst mit 16 Jahren in den Stimmbruch gekommen. Doch dann ging es schnell. Nach einem kurzen Halt im Tenor, bin ich mit 18 Jahren im Bariton gelandet, meiner heutigen "Gesangsheimat".

Stimmlicher "Sinkflug" - eine Umstellung

Da bei mir dieser stimmliche Sinkflug schon eine Weile her ist und ich mich nur noch bruchstückhaft daran erinnere, habe ich Raphael nach seinen Erfahrungen gefragt. Er ist 15 Jahre alt und singt bei den Regensburger Domspatzen. Früher hat er Alt gesungen, mittlerweile hat er aber auf Bass gewechselt. Sein Stimmbruch hatte zum Beispiel Auswirkungen auf sein Ehrenamt: "Ich spiele Orgel in der Gemeinde und hätte dort immer singen müssen. Das konnte ich dann nicht. Das war ein bisschen blöd. Ich habe dann mit unserem Pfarrer geredet und der hat daraufhin die wichtigen Sachen gesungen."

Lockerer Umgang mit dem stimmlichen Wechsel

Für den 18-jährigen Jasper aus München sei der Stimmbruch gar nicht schlimm gewesen, wie er selbst sagt. Früher war er Sopran und singt inzwischen Bass in seinem Schulchor. Der Stimmbruch kam bei ihm mit 14 Jahren und dauerte zwei bis drei Jahre. "Natürlich hatte ich Voice-Cracks, aber die waren bei mir nicht ganz so häufig. Dafür bin ich dankbar.", sagt der Schüler. Er geht locker mit der stimmlichen Veränderung um: "Mittlerweile bin ich Bass und tiefer als die meisten meiner Freunde. Im Nachhinein ist mir das wurscht."

So entstehen die sogenannten Voice-Cracks

Wie kommt es eigentlich zu diesen "Voice-Cracks"? Vereinfacht gesagt wächst der Kehlkopf und die Stimmlippen werden um bis zu einem Zentimeter länger. Die Folge: Die Stimme sinkt um etwa eine Oktave nach unten. Und weil beide Stimmlippen oft ungleichmäßig wachsen, entsteht beim Sprechen oder Singen der verzerrte Klang. Auch Mädchen machen übrigens einen Stimmbruch durch – allerdings einen kleineren. Bei ihnen sinkt die Stimme ungefähr eine Terz bis Quarte tiefer.

Unterschiedliche Entwicklung der Stimmlage

Am Ende des Stimmbruchs entwickeln sich rund zwei Drittel der Knabenstimmen zu Bass- oder Bariton-Stimmen, und nur ein Drittel zu Tenören. Mein persönlicher Eindruck als Chorsänger war dabei oft, dass Soprane eher zu Bässen werden und Alte eher zu Tenören. Doch steckt wirklich etwas hinter dieser Vermutung, oder ist sie Unsinn? Christian Heiß, Chorleiter der Regensburger Domspatzen, meint: "Es ist vielleicht eine Tendenz da, aber ich würde es nicht für allgemeingültig erklären. Aus meiner Erfahrung erleben wir hier alles." Christian Heiß ist für die Domspatzen vor allem auf der Suche nach Tenören, doch er erlebt häufig, dass sich Altisten anders entwickeln.

Organischer Aufbau der Simmlippen entscheidend

Das will ich noch genauer wissen und frage bei einem Stimmarzt nach. Matthias Echternach ist Facharzt für Phoniatrie am LMU Klinikum München. Er sagt, dass es "wissenschaftlich keine guten Beweise" für meine Vermutung gibt. Es scheint vielmehr so, dass die Stimmtiefe eher eine Frage des Bauplanes ist, also wie die organischen Strukturen der Stimmlippe zum Beispiel gebaut sind. Die Tonhöhe hingegen sei häufig eine Frage der Technik, so Echternach. "Das bedeutet auch, dass Mezzo-Sopranisten bei guter Technik Sopran singen könnten und gleichsam Baritone Richtung Tenor tendieren könnten."

Es ist also auch eine Frage der Technik. Doch egal, ob Engels- oder Brummstimme: Die Hauptsache ist, dass es überhaupt genug Sänger in allen Stimmlagen gibt. Viele Knabenchöre suchen händeringend nach Nachwuchs. Und wenn der erst einmal gefunden ist, steht auch einem achtstimmigen Chorstück nichts mehr im Wege.

Sendung: "Allegro" am 31. Mai 2023 um 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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