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Nach Belästigungsvorwürfen SWR hält an Dirigent Roth fest

François-Xavier Roth soll wie geplant 2025 Chefdirigent des SWR Symphonieorchesters werden. Wegen #MeToo-Vorwürfen war Roth in die Kritik geraten. Der SWR hatte deshalb eine interne Prüfungskommission eingesetzt. Die Ergebnisse liegen nun vor.

François-Xavier Roth | Bildquelle: Marco Borggreve

Bildquelle: Marco Borggreve

Es bleibt dabei: François-Xavier Roth wird ab der Spielzeit 2025/26 Chefdirigent des SWR Symphonieorchesters. Das gab der SWR am Dienstag bekannt. Auch der Orchestervorstand steht hinter der Entscheidung, mit François-Xavier Roth zusammenzuarbeiten. Wegen #MeToo-Vorwürfen war der Dirigent im Mai in die Kritik geraten. Musikerinnen und Musiker beschuldigten ihn der sexuellen Belästigung. Infolge dessen wurde sein Vertrag als Generalmusikdirektor des Gürzenich-Orchesters vorzeitig aufgelöst.

Beim SWR: Kein Fehlverhalten Roths gegenüber Orchestermitgliedern bekannt

Unmittelbar nach Bekanntwerden der gegenüber François-Xavier Roth erhobenen Vorwürfe hat der SWR eine interne Prüfungskommission eingesetzt. Sie sollte untersuchen, ob es ein Fehlverhalten von François-Xavier Roth gegenüber Mitgliedern von SWR-Orchestern gegeben hat. Die Untersuchungskommission setzte sich aus Mitgliedern der Bereiche Justitiariat, Personalabteilung und Orchestermanagement zusammen.

Geprüft wurden die Jahre 2011 bis 2016, in denen Roth Chefdirigent des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg war. Untersucht wurden ebenso die Jahre 2020 und 2022, als Roth Gastdirigate beim SWR Symphonieorchester wahrnahm. Nun liegen die Ergebnisse der Untersuchung vor. Demnach wurden bis heute keinerlei Beschwerden nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz im SWR erhoben. Es gebe auch keine Meldung von Mitarbeitenden, die sich durch ein Verhalten von François-Xavier Roth belästigt oder benachteiligt gefühlt hätten, so der SWR.

Präventive Maßnahmen für zukünftige Zusammenarbeit

Dennoch empfiehlt die AGG-Beschwerdestelle präventive Maßnahmen im Hinblick auf eine künftige Zusammenarbeit mit François-Xavier Roth. Dazu gehören eine neue Verteilung der Funktionen in der Orchesterstruktur auf mehrere Köpfe, insbesondere im Zusammenspiel von Chefdirigent, Orchestermanagement und Direktorin. Außerdem sollen die Orchestermitglieder sensibilisiert und über das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufgeklärt werden. Das sei gerade auch für neu hinzukommende Orchestermitglieder, Praktikant:innen oder befristet Beschäftigte wichtig. Als weitere präventive Vorkehrung soll eine Vertrauensperson im Orchester etabliert werden.

Sexuelle Übergriffigkeit, jede Art von Diskriminierung oder Machtmissbrauch haben im SWR keinen Platz und werden nicht toleriert.
Anke Mai, Leiterin der Internen Prüfungskommission des SWR

Sicheres Arbeitsumfeld für Orchester wichtig

Ein sicheres Arbeitsumfeld, in dem die Musikerinnen und Musiker frei arbeiten und ihre Kunst entfalten können, habe beim SWR "oberste Priorität". "Sexuelle Übergriffigkeit, jede Art von Diskriminierung oder Machtmissbrauch haben im SWR keinen Platz und werden nicht toleriert", so Anke Mai, Leiterin der Prüfungskommission. Sie stehe dafür ein, "dass die Menschen im SWR angstfrei arbeiten können und Vertrauen zu ihren Vorgesetzten haben."

Regularien sollen Fehlverhalten ausschließen

Der Rundfunksender und der Dirigent haben sich deshalb auf Regularien verständigt, die ein Fehlverhalten von Roths Seite künftig ausschließen sollen und die Mitarbeitenden schützen. Sollten diese Regularien verletzt werden, behält sich der SWR jedes Recht vor, die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung zu beenden.

Anke Mai ist es aber auch wichtig, "dass Menschen eine zweite Chance erhalten, wenn sie ein Fehlverhalten eingestehen und Konsequenzen daraus ziehen." Sie habe großes Vertrauen in François-Xavier Roth, "dass er die Werte des SWR anerkennt und lebt und dass wir gemeinsam diesen Weg gehen können."

François-Xavier Roth entschuldigt sich

François-Xavier Roth | Bildquelle: Holger Talinski François-Xavier Roth | Bildquelle: Holger Talinski Auch Roth äußerte sich zu den Regularien: "Mir ist bewusst, dass ich in der Rolle des Chefdirigenten eine besondere Verantwortung gegenüber allen Mitgliedern des Orchesters trage. Ich sehe ein, dass ich in der Vergangenheit im Umgang mit Musikerinnen und Musikern Fehler gemacht habe. Dies war unangemessen." Es sei jedoch niemals seine Intention gewesen, jemanden in irgendeiner Form zu verletzen. "Ich verstehe, dass ich die in mich gesetzten Erwartungen nicht erfüllt habe, und möchte an dieser Stelle all jene um Entschuldigung bitten, die ich verletzt und enttäuscht habe."

Ich sehe ein, dass ich in der Vergangenheit im Umgang mit Musikerinnen und Musikern Fehler gemacht habe. Dies war unangemessen.
François-Xavier Roth

Bereits seit geraumer Zeit arbeite er mit externer Hilfe an sich selbst, so Roth. "Seitdem ich meine Dirigiertätigkeit ruhen lasse, widme ich mich noch intensiver dieser persönlichen Entwicklung und der Verbesserung meines Führungsstils, damit sich derartige Fehler nie wiederholen werden." François-Xavier Roth dankt dem SWR für den "offenen und vertrauensvollen Austausch der letzten Wochen". Er wolle allen Orchester- und Managementmitarbeiterinnen und -mitarbeitern ein sicheres Arbeitsumfeld gewährleisten, "das von einer positiven Atmosphäre für jede und jeden geprägt ist".

Sendung: "Leporello" am 16. Juli 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (2)

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Freitag, 19.Juli, 11:13 Uhr

Trappe

Richtig so!

Es wurden beidseitig enge Grenzen abgesteckt, an die sich Roth zu halten hat und die er zu akzeptieren scheint. Damit sollte man dies nun auch dabei bewenden lassen. Es kommt aber nicht zuletzt darauf an, ob die Medien dies akzeptieren werden. Sie treiben ja ganz gerne "eine Sau durchs Dorf". Aber die Lösung des SWR erscheint doch vernünftig.

Mittwoch, 17.Juli, 10:01 Uhr

Trappe

richtig so!

Roth hat eine mediale Verurteilung erhalten, ihm wurden die Fehler vorgeworfen, für die er sich entschuldigt hat. Wenn er nun daraus gelernt hat, dann ist es richtig so, dass der SWR an ihm fest hält. Mir wird hier immer alles zu sehr über einen Kamm geschoren: Es gab Dirigenten, die sich Angestellte sexuell gefügig gemacht haben, da ist die Lage anders zu beurteilen. Aber die Medien werden sicherlich alles daran setzen, den SWR unter Druck zu setzen...

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