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Teodor Currentzis gründet Ensemble "Utopia" Entfernt sich Currentzis von Russland?

Seit Monaten steht Teodor Currentzis in der Kritik. Denn bislang hat sich der griechisch-russische Dirigent nicht deutlich von Putin und dessen Krieg in der Ukraine distanziert. Zugleich wird Currentzis' Ensemble musicAeterna von russischen Geldern finanziert. Jetzt hat Currentzis ein neues Projekt ins Leben gerufen, das seine Basis in Westeuropa hat: "Utopia". Der Versuch einer Kehrtwende?

Der Dirigent Teodor Currentzis | Bildquelle: BR/Alexander Hellbrügge

Bildquelle: BR/Alexander Hellbrügge

Teodor Currentzis gilt in der Klassik-Szene noch immer als "junger Wilder". Dabei ist der Dirigent inzwischen 50 Jahre alt. Auf jeden Fall polarisiert Currentzis – als Musiker, aber auch als Mensch. Das zeigen die jüngsten Ereignisse um seine Rolle als Leiter des Ensembles musicAeterna.

Vermisst: klare Distanzierung von Putin

Nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs wurde viel darüber diskutiert, ob Currentzis mit seinem Ensemble musicAeterna bei den Salzburger Festspielen auftreten dürfe. Denn das Orchester wird von einer russischen Bank, die auf der Sanktionsliste der EU steht, finanziert. Während musicAeterna-Auftritte in München und Paris abgesagt wurden, hielten die Salzburger Festspiele an Currentzis fest. Auch ist er weiterhin Chefdirigent beim SWR Symphonieorchester. Currentzis hat Vladimir Putin nie öffentlich unterstützt. Öffentlich distanziert hat er sich von ihm allerdings auch nicht.

Currentzis' Utopia – unabhängig von russischen Geldern

Jetzt hat Teodor Currentzis ein internationales Projekt namens "Utopia" gestartet, das teilte PR-Agentur For Artists am Montag mit. "Utopia" soll durch Einnahmen aus Veranstaltungen finanziert werden, zudem werde das neue Orchester von der Kunst und Kultur DM Privatstiftung und europäischen Mäzenen unterstützt. Vielleicht ist Teodor Currentzis inzwischen klargeworden, dass es besser ist, sich nicht zu stark von Russland abhängig zu machen – wie das bei musicAeterna der Fall ist. Allerdings gibt es keine Anzeichen dafür, dass Currentzis die Leitung dieses Ensemble aufgeben möchte. Zu seinem neuen Projekt "Utopia" sagt Currentzis: "Wir betreten ein eher experimentell geprägtes Feld, auf dem wir alle gemeinsam nach dem perfekten Klang suchen. (...) Wir verzichten auf das Bekannte und wagen einen Sprung ins Neue."

Die ersten Konzerte des neuen Klangkörpers finden im Oktober in Luxemburg, Hamburg, Wien und Berlin statt. Die Idee dazu sei schon vor einigen Jahren entstanden – die Idee, "Solisten und Konzertmeister aus verschiedenen Orchestern in einem Ensemble zusammenzubringen", hieß es. Das Projekt sei lange in der Verhandlungsphase gewesen, jetzt sei es startklar.

Utopia – kein herkömmliches Orchester

Was ist neu an diesem Klangkörper? Laut Pressemeldung gehe es um "eine einzigartige kreative Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die sich der Suche nach dem besten Klang und dem wahren Geist des Musikwerkes verschrieben haben". Currentzis erklärte, er wolle nicht länger in einem "international standardisierten Klang gefangen" sein. Es gehe darum, Kammeratmosphäre und Vertrautheit zu verkörpern – allerdings auf der Ebene eines großen Symphonieorchesters.

Wir suchen nach dem perfekten Klang.
Teodor Currentzis

Musiker aus Russland und Ukraine dabei

Der neue Klangkörper "Utopia" basiere auf einem projektbezogenen "Zusammenkommen von Musikern aus aller Welt" und hat keinen festen Sitz. Am ersten Projekt sollen 112 Musiker und Musikerinnen aus 28 Ländern teilnehmen, darunter auch aus Russland und der Ukraine. Der niederländische Kontrabassist Rick Stotijn, der Mitglied des neugegründeten Ensembles ist, sagte dazu: "In einer Welt, die gerade auseinanderfällt, wollen wir einen Raum schaffen, in dem Ideen sich vereinen und der einen Dialog ermöglicht, anstatt zu trennen. Es ist uns jetzt wichtig zu zeigen, dass Hoffnung und Licht stärker sind als alle negativen Umstände."

Sendung: "Leporello" am 1. August 2022 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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