Wie übt man richtig? Der Frage gehen wir in unserer Reihe "Üben wie die Profis" nach. Diesmal mit der Kunst des Unvorhergesehen: Improvisation. Für manche ist es ganz leicht, für andere völlig unmöglich - scheinbar. Am Improvisieren scheiden sich die musikalischen Geister. Was ist Improvisation überhaupt und wie kann man das üben? Wir haben bei Nicole Johänntgen nachgefragt. Und auch Helge Schneider hat Tipps parat.
Bildquelle: Daniel Bernet
Üben wie die Profis
Teil 8: Improvisation im Jazz
"Improvisieren ist die Freiheit, im Moment Musik zu machen mit irgendeinem Musikmaterial, was man hat", sagt die Saxophonistin Nicole Johänntgen. Klingt eigentlich nicht so schwer. Trotzdem ist Improvisieren für viele Menschen ein großes Mysterium. Für Jazzmusiker:innen gehört es zur täglichen Arbeit, aber wie kann man Improvisieren lernen?
Man muss es einfach machen, das ist ganz wichtig!
Die Jazz-Saxophonistin Nicole Johänntgen, die zuletzt beim Ystad-Festival überzeugte, hat aber auch konkrete Tipps für den Anfang, nämlich: "Melodien spielen, Solos nachspielen, kopieren und interpretieren." Johänntgen kommt aus dem Saarland, sie lebt in der Schweiz und gibt jährlich zahlreiche Jazz-Workshops für Anfänger und Profis. Als Musikerin ist sie international erfolgreich, sie ist Gründerin von "Support Of Female Improvising Artists" (SOFIA), einem Netzwerk, das Improvisationskünstlerinnen unterstützt. Ein Punkt ist neben dem Üben und Spielen sehr wichtig für sie beim Erlernen von Improvisation, nämlich das Hören. Instrumentspielen und Musikhören muss beim Improvisierenlernen immer parallel passieren.
Die Rhythmik ist im Jazz entscheidend, hier wird anders phrasiert als in der Klassik. Es soll swingend gespielt werden, das heißt, nicht alle Noten, etwa einer Achtelkette, sind gleich lang. Diese etwas andere Betonung lernt man am schnellsten, wenn man viel Jazz hört und genau darauf achtet, wie etwa Trompeter Louis Armstrong seine Figuren spielt.
Nicole Jöhanntgen empfiehlt auch, ein leichtes Stück zu spielen, etwa Duke Ellingtons "C-Jam Blues" – dessen Melodie nur aus zwei verschiedenen Tönen besteht –, und diese Melodie dann leicht zu verfremden, am Anfang auch nur den Rhythmus bei gleichbleibenden Tonwerten. Ein üblicher und viel verwendeter Tonvorrat für Improvisationen ist die Moll-Pentatonik: Das sind fünf Töne einer Moll-Tonleiter, in A-Moll sind das die Töne a, c, d, e und g.
Moll-Pentatonik bitte durch alle Tonarten üben, das ist wie so eine Art Gebet jeden Tag.
Bildquelle: dpa-Bildfunk/Rolf Vennenbernd Wie geht die Saxophonistin vor, wenn Menschen, die von der Klassischen Musik kommen, sich ganz sicher sind, dass sie nicht improvisieren können? "Ich nehme zum Beispiel ein Stück, dass diese Person gerne spielt, dann nehme ich diese Noten weg und sag: Jetzt spiel das ganz gefühlvoll, spiel es freier. Und da beginnt schon Improvisation." Grundsätzlich geht Nicole Johänntgen entspannt ans Erlernen von Improvisation. "Macht Euch keinen Stress", sagt sie. "Improvisieren beginnt dort, wo der Kopf aufhört zu denken, wo das Herz spricht."
Natürlich hilft Improvisationsfähigkeit darüber hinaus auch in außermusikalischen Situationen, und da kennt sich Helge Schneider besonders gut aus: "Man hat morgens keine Brötchen, man improvisiert etwas, man isst dann eben nur ein Stück Wurst."
Sendung: "Allegro" am 21. Februar 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (0)