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Sängerin Waltraud Meier So hält sie ihre Stimme fit

Die Opernsängerin Waltraud Meier blickt auf eine lange Bühnenkarriere zurück. Wie sie es geschafft hat, über viele Jahre ihre Stimme gesund zu halten, verrät sie im Interview.

Waltraud Meier | Bildquelle: Nomi Baumgartl

Bildquelle: Nomi Baumgartl

BR-KLASSIK: Waltraud Meier, jede Stimme ist einzigartig, aber viele Leute hören die eigene Stimme gar nicht so gerne. Ging es Ihnen im Laufe ihres Lebens auch schon mal so?

Waltraud Meier: Nein, denn ich habe schon in der Schulzeit Sachen von mir selber aufgenommen und dann angehört. Ich habe mich also sehr früh daran gewöhnt. Ich sage immer: Die Stimme ist ein Spiegel der Seele. Man hört ja alles in einer Sprechstimme: wie jemand drauf ist, ob jemand gerade deprimiert ist, ob er sich gerade bei etwas freut. Allein an der Sprachmelodie weiß man sehr viel über den Menschen, da braucht man noch gar nicht den Text zu verstehen.

Die Stimme ist ein Spiegel der Seele.
Waltraud Meier, Opernsängerin

BR-KLASSIK: Sie haben sich an Ihre Stimme gewöhnt, weil sie sie oft genug gehört haben. Würden Sie das auch Leuten empfehlen, die genau dieses Problem haben, dass sie ihre eigene Stimme nicht mögen?

Waltraud Meier: Da würde ich sogar fast sagen: Diese Menschen haben ein Problem mit sich selbst, sich zu akzeptieren. Denn die Stimme gehört ja zu einem, sie macht einen aus.

Die Stimme: Instrument des Jahres 2025

BR-KLASSIK: Die Stimme ist das Instrument des Jahres 2025. Die Landesmusikräte begründen ihre Entscheidung damit, dass die Stimme eigentlich das Instrument sei, das uns erst zum Menschen macht. Würden Sie das auch so sagen? Oder haben Sie eine andere Begründung, die Sie passend finden für diese Wahl?

Waltraud Meier: Es ist natürlich sehr hoch gegriffen, "die Stimme, die uns zu Menschen macht". Denn auch Tiere können sich vielfältig äußern. Ich habe einen Kater. Wenn ich höre, welche Laute er hervorbringen kann, zu welchem Zweck auch, dann muss ich einfach sagen: Der spricht mit mir. Ich glaube, dass erst die Worte den Menschen zum Menschen machen. Worte, die eben von den Gedanken produziert und geäußert werden. Die Stimme als solches ist auch in der Tierwelt stark vorhanden. Denken Sie allein an Vögel! Ich habe mal Amseln zugehört, die kurz vor Sonnenuntergang 25 Minuten von einer Antenne herunterpfiffen, in tausend Variationen. Es ist unglaublich, was für ein Repertoire die draufhaben! Ich glaube, Stimme allein zeichnet uns noch nicht als einzigartig aus.

Wie Waltraud Meier ihre Stimme fit gehalten hat

BR-KLASSIK: Manchmal können einem die Worte aber auch im Halse steckenbleiben. Nicht nur aus Schock, sondern weil die Stimme einfach weg ist. Wie haben Sie sich denn über all die Jahre stimmlich fit gehalten?

Waltraud Meier als Klytämnestra in Salzburg 2010. | Bildquelle: picture-alliance / Schaadfoto/ Andreas Schaad | Andreas Schaad Waltraud Meier als Klytämnestra in der Oper "Elektra" von Richard Strauss, 2010. | Bildquelle: picture-alliance / Schaadfoto/ Andreas Schaad | Andreas Schaad Waltraud Meier: Über die Möglichkeiten, die man in der Stimme hat, sollte man nicht singen! Auch wichtig: Die Stimme muss ruhen. Man sollte zwischendurch wirklich mal, ganz blöd gesagt, "die Schnauze halten". Nichts sagen und nichts singen, vor allem nicht in lauten Umgebungen. Am schlimmsten war es immer nach Vorstellungen, wenn man sowieso schon müde vom Singen war und dann noch mit Freunden in irgendein Lokal ausgehen musste, wo es laut war. Das sollte man eigentlich vermeiden. Dann habe ich immer darauf Wert gelegt, dass ich zwischendurch Lieder singe. Die sind sehr heilsam für die Stimme, weil man da wirklich ganz kontrolliert singen muss. Aber das A und O ist eine gute Technik. Und einfach immer wieder ausruhen.

Die Stimme muss ruhen.
Waltraud Meier

BR-KLASSIK: Ihr großes Steckenpferd war Richard Wagner. Es geistert ja die Meinung umher, Wagner sei so wahnsinnig schwer zu singen. Würden Sie da mitgehen?

Waltraud Meier: Nein! Heutzutage wird es gebrüllt, was sich ganz schrecklich finde. Viele Sänger meinen, dass Lautstärke ein Ausdrucksmittel ist. Das ist es nun aber ganz und gar nicht. Es ist nur leider so, dass Lautstärke vom Publikum honoriert wird. Bei Wagner sollte man sich lieber auf den wirklich wahren Ausdruck konzentrieren. Sprich, dass man den Text sinngemäß interpretiert, dass man da auch zurückgeht, wo Piano steht, dass man stimmlich reduzieren kann, wenn wenig Orchesterbegleitung darunterliegt. Dann ist der Effekt, wenn man mal seine kräftige Stimme zeigt, umso größer. Wagner kann man singen und muss man singen.

Waltraud Meier über ihren Abschied von der Bühne

Eine Würzburgerin, die Weltkarriere machte: Waltraud Meier war eine der größten Sängerinnen der letzten Jahrzehnte. 2023 feierte sie mit 67 Jahren ihren Bühnenabschied.

BR-KLASSIK: Gab es eine Partitur, bei der Sie dachten: Oh, das ist jetzt aber schon herausfordernd für meine Stimme?

Waltraud Meier: Das war auf jeden Fall die Oper "Wozzeck" von Alban Berg. Da habe ich mich ein bisschen schwergetan. Die ganze Tonalität ging in mein Ohr nicht so ganz flutschig rein. So manche Klänge stoßen einen ab. Da habe ich lange dran gelernt.

Erkältete Stimme: Summen hilft

BR-KLASSIK: Sie meinten vorhin, dass man nicht über die stimmliche Leistung hinaussingen soll. Aber was, wenn abends eine lange Wagner-Oper ansteht und man an dem Tag stimmlich nicht gut drauf ist? Wie packt man das?

Waltraud Meier: Da hilft einem wirklich die Technik. Ich hatte Tage, wo ich morgens aufgewacht bin und so erkältet war, dass ich wirklich keinen Pieps rausgebracht habe. Dann habe ich den ganzen Tag versucht, vor mich hin zu summen. Am Anfang ging nicht mal das, und dann löste sich allmählich doch der Schleim. Das Summen massiert die Stimmbänder und das Gewebe drumherum wird allmählich warm. Und am Abend habe ich dann gesungen.

Sendung: "Allegro" am 23. Januar 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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